Mein Leben besteht aus Nachdenken und Ablenken

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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, glaubte ich zuerst ich hatte das mit Felix nur geträumt. Doch meine Augen brannten und mein Gesicht war verklebt von all den Tränen.

Ich Dummkopf hatte gestern in meiner Verzweiflung allen Bekannten geschrieben, denen ich von ihm erzählt hatte, die aber schon geschlafen hatten. Na gut, nun waren sie wach, denn ich wurde mit lauter besorgten Nachrichten bombardiert.

Ich hatte wohl etwas überreagiert.

Als ich merkte, dass sich alle um mich sorgten, war mir aber nur noch elender zumute und ich schaltete mein Handy ab, ohne eine einzige Nachricht beantwortet zu haben.

Kann denen doch egal sein, was mit mir passiert.

Warum musste ich nur immer wieder jemanden einen Teil meines ohnehin schon mehrfach gebrochenen Herzens schenken? Ich konnte es nicht verstehen. Anscheinend lernte ich nicht aus meinen Fehlern.

Du sehnst dich doch auch nur nach Liebe. flüstere mir meine innere Stimme zu.

Wenigstens wurde ich nicht auch noch von der fertig gemacht. Es wunderte mich, denn dies war so ein richtiger Ich-hab's-dir-doch-gesagt Moment, doch ich war wirklich froh darüber, mehr konnte ich nicht verkraften.

Ich war schon wieder mal am Ende.

Doch wollte ich mich wirklich wegen eines einfachen Mannes so fertig machen?

'Na noch ein bisschen in Selbstmitleid zu versinken konnte ja nicht schaden!', dachte ich mir und zog mir die Bettdecke über den Kopf.

Warum konnte ich nicht einen schönen Zufluchtsort haben, zu dem ich mich in solchen Situationen flüchten konnte? Den nur ich alleine kannte und wo ich meine Seele wieder regenerieren konnte.

So blieb ich halt den halben Vormittag unter meiner Decke versteckt.

Nur hin und wieder hob ich sie an, um etwas Sauerstoff herein zu lassen, jedoch erst als mir der Kopf schon zu brummen anfing und ich kaum mehr Luft zum atmen hatte.

Ich möchte wieder klein sein.

Oha, woher kam denn dieser Gedanke auf einmal? Aber es stimmte, ich wollte sehnlichst wieder jünger sein. Wenigstens die Zeit um zwei oder drei Jahre zurückdrehen, bevor all das Schlechte geschah.

Doch ich war gefangen. Gefangen in dem Körper, der immer weiter alterte, obwohl ich mich doch nicht mal ansatzweise wie fast 20 fühlte.

Schon mal daran gedacht das dich Felix deswegen nicht wollte? Ist jetzt nicht böse gemeint ..

Wow, diese neue freundliche innere Stimme machte mir richtig Angst. Jedoch hatte sie irgendwie Recht. Felix war doch schon fast 24 und wahrscheinlich auch geistig auf diesem Level. Wo ich geistig war, wusste ich nicht, jedoch keinesfalls bei 20 oder älter. Irgendwo hinten, bevor das alles begann, bevor meine Entwicklung beschloss einfach so mal eine Pause einzulegen. Dort irgendwo war ich stehen geblieben.

Ob mich so überhaupt jemals irgendwer lieben würde?

War ich überhaupt gut genug für irgendjemanden?

Um mich von diesen sinnlosen Horror-Gedanken abzulenken, hörte ich mir wieder Sweet Symphony an und begann leise mitzusummen.

Oh, wie ich Sunrise Avenue liebte. Die Texte waren so unglaublich gefühlvoll, aber auch nicht zu kitschig und sie ergaben immer Sinn.

Ich konnte mich da oft so gut hineinversetzen.

So ging es mir noch bei keiner Band. Wenn ich ihre Lieder hörte, besserte sich meine Stimmung automatisch.

Zum Glück.

Als mir nicht mehr so sehr nach Heulen zumute war, wagte ich es, aus meiner kuscheligen Bettdecken-Höhle hervorzukriechen und hinüber ins Wohnzimmer zu schleichen.

Vielleicht sollte ich etwas frische Luft schnappen, doch mit einem Blick aus dem Fenster verwarf ich diesen Gedanken sofort wieder.

Es nieselte und der Nebel hing drückend herab. Ich konnte kaum das gegenüberliegende Gebiet sehen.

Das trübe Wetter spiegelte genau meine Stimmung wieder.

Ich schüttelte den Kopf und begann mir Frühstück zu machen, obwohl ich nicht sonderlich Appetit hatte. Doch ich musste morgens etwas zu mir nehmen, sonst ging es mir den ganzen Tag schlecht, körperlich.

Meine Mutter und Lilly waren mal wieder nicht zuhause, also konnte ich mich gemütlich auf der Couch im Wohnzimmer ausbreiten und in Ruhe fernsehen.

Vielleicht konnte ich so meine unruhigen Gedanken ein wenig ausblenden.

Nach ein paar Minuten fing ich an immer wieder langsam wegzudösen.

Schlussendlich fiel ich in einen angenehm traumlosen Schlaf.

Werd' erwachsen, kleines MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt