Als ich aufwachte und ins Wohnzimmer ging, bemerkte ich den Lichtstrahl, der aus Katsutoshi's Zimmer drang. Von Neugier getrieben erhaschte ich einen Blick in den abgedunkelten Raum. Katsutoshi war an seinem Schreibtisch eingeschlafen und verbarg sein Gesicht in seinen verschränkten Armen. Leise lugte ich ihm über die Schulter und entdeckte blätterweise Noten. Er hatte wohl die ganze Nacht komponiert. Vorsichtig zupfte ich eins heraus und blickte darauf. Es war ein Solostück für Klavier und trug den Titel: „Herbstovertüre." Glücklicherweise hatte meine Mutter mir es ermöglicht für sechs Jahre Klavierunterricht zu nehmen. So viel Glück wie ich hatte, entdeckte ich einen schwarzen Flügel. Ich ließ mich nieder und klappte den Tastenschutz hoch. Meine Finger flogen über die weißen glänzenden Tasten und es erklang ein unglaubliches Zusammenspiel von Emotionen und Gefühlen. Ich schloss meine Augen und gab mich voll der Musik hin.--Takumi---
Ich träumte von meiner eigenen Musik. Nein. Jemand spielte sie auf dem Klavier. Langsam schlug ich meine Augen auf und richtete mich auf. Wer spielte meine Ouvertüre? Wer war der sensationelle Pianist, der so viel Gefühl in das Gespielte steckte. Ich fuhr herum und entdeckte Souta, der an meinem Flügel saß. Fasziniert stelle ich mich hinter ihn und lauschte dem Spiel. Wie oft hatte ich dieses Lied gehört und enttäuscht festgestellt, dass man es total herzlos spielte. Er war der Erste, der es so spielte, wie ich es geschrieben hatte. Voller Leidenschaft. Seine Schulterblätter zeichneten sich im Hemd ab und seine Haare waren noch total zerzaust. „Beeindruckend", sagte ich, er schrak auf und die Musik verstummte schlagartig. „Wie lange spielst du schon?" „Sechs Jahre", erwiderte er verlegen, „Entschuldigung, wenn ich mich einfach so an Ihren Sachen vergreife, aber ich habe so lange nicht mehr gespielt." „Nur zu, spiel weiter", forderte ich und ließ mich neben ihn nieder. Während er schluckend fort fuhr, improvisierte ich und begann eine kleine passende Melodie hinein zu spielen. Sein Gesichtsausdruck zeigte eine unglaubliche Freude an meiner Musik, dass gleich mein Herzschlag um einiges schneller wurde. Seine blauen Augen trugen ein Funkeln in sich, wenn er spielte. Nachdem wir aufgehört hatten, begaben wir uns in die Küche und schenkten uns Kaffee ein. Wir lehnten gegen die Arbeitsfläche. „Stört es dich wenn wir uns duzen?", fragte ich leicht verlegen und ließ meinen Blick über seinen Körper schweifen. Er schüttelte den Kopf. „Warum haben Sie sich schieden lassen?", fragte er plötzlich, „Du musst mir darauf nicht antworten." „Schon okay", erwiderte ich sofort, „Die Liebe, die zwischen uns mal existiert hat, war einfach nicht mehr da. Es hat einfach nicht mehr gereicht." Er senkte den Kopf. „Das tut mir leid." „Fumino war eine abgrundtief böse Frau. Sie hat mich quasi mit Kyota erpresst für sie zu sorgen. Trotzdem liebe ich meinen Sohn über alles." „Er ist wirklich ein kleiner Schatz", meinte er, „Ich mag ihn wirklich sehr." „Er liebt sie sehr und ihn glücklich zu sehen ist das einzige wichtige für mich." Er lächelte.
--Souta—
Wie konnte es nur dazu kommen, dass ich neben einem leicht bekleideten, attraktiven Mann stand und bei einer Tasse Kaffee über seine Scheidung redete. Kyo hatte es nun wirklich nicht einfach. Plötzlich klingelte das Telefon. Takumi eilte zum kleinen Tisch und nahm ab. Ich konnte die Stimme meiner Tante bis hierher hören. Erschrocken rannte er in sein Schlafzimmer. „Ich hab ja völlig vergessen, dass ich um acht bei der Arbeit sein musste", rief er. Ich blickte auf die Uhr an der Wand und stellte fest, dass es halb neun war. Im Anzug sah er noch besser aus. Er jagte ins Bad und kam nach kurzer Zeit wieder in die Küche gelaufen. „Könntest du auf die Kleinen aufpassen?", bat er mit zerknirschtem Blick. Ich nickte lächelnd und winkte ihm ein letztes Mal, bevor er die Tür hinter sich zuschlug und zur Arbeit fuhr. Nach einigen Minuten kam der kleine Kyo in die Küche getapst und rieb sich gähnend sein linkes Auge. Das Zuknallen der Tür hatte ihn wohl aus dem Schlaf gerissen. „Guten Morgen", säuselte ich, „Hast du Hunger?" Er nickte und streckte mir die Arme entgegen, damit ich ihn aufhob. Während die Eier in der aufgesetzten Pfanne brutzelten, trug ich Kyo ins Bad um mit ihm Zähne zu putzen. Überall lag noch der Duft seines Parfüms in der Luft, die eine Gänsehaut bei mir auslöste und meine Knie weich werden ließ. Schnell liefen wir aus dem Bad und ich kümmerte mich wieder ums Frühstück. Nach einiger Zeit kam auf Ren zu uns. Ich setzte beide auf die Couch und schaltete den Flachbildfernseher ein. Während die Jungs sich berieseln ließen, schob ich die Brötchen in den Backofen und versuchte diesen irgendwie einzustellen.
---Takumi---
Ich wusste nicht was mit mir los war. Im Büro war wie immer die Hölle los. Die ganze Zeit schweifte ich mit den Gedanken ab und hatte ich einmal nicht aufgepasst, schon hatte ich einen Auftrag verwechselt. Dieser Junge spukte mir die ganze Zeit im Kopf herum. Wenn ich schon an seine vollen Lippen, sein dichtes Haar und an seinen prächtigen Körper dachte, wurde ich rot. Schnell stürmte ich aus meinem Büro um mir am Kaffeeautomat einen Cappuccino zu holen. Dabei lief ich Mine über den Weg, die sich gerade mit einigen Kollegen unterhielt. „Ach, Katsutoshi-san!", rief sie und ihre Augen begannen zu funkeln, „Wie geht es Souta und Ren? Ich habe inzwischen etwas organisiert. Die beiden werden heute noch aus ihrer Wohnung verschwinden." Ich hielt inne. Wollte ich das denn? Würde Kyota mir vergeben, wenn ich das zuließe? Was sollte ich antworten? „Ich möchte, dass sie noch bleiben", erwiderte ich worauf ein verwunderter Blick folgte, „Ihre Neffen tun meinem Sohn unglaublich gut." Sie schwieg. „Ich rede auch mit Souta." Sie seufzte. „Wie Sie meinen", seufzte sie, „Ich rufe Sie heute noch an." Ich nickte und kehrte zurück in mein Büro. Nach einigen Minuten betrat eine junge, zierliche Frau mein Büro und setzte sich. „Guten Tag", sagte ich, reichte ihr die Hand und setzte mich wieder, „Wie kann ich Ihnen helfen?" „Ich möchte mich scheiden lassen." „Verraten Sie mir erst mal Ihren Namen." „Kyoko Miyashima." Ich glaubte mich verhört zu haben. Saß da gerade wirklich Souta's Mutter vor mir? Auf dem zweiten Blick erkannte ich das Augenpaar wieder.
(Bitte um Kritik! Was soll eingebaut werden irgendwelche Ideen? Wünsche?Lob? Anregungen? Was gefällt euch nicht? Geht es zu schnell?)
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Unsere neue Familie
RomansaDer junge Souta Miyashima und sein kleiner Bruder Ren haben es nicht einfach. Sie werden von ihrem Vater geschlagen und suchen Schutz bei ihrer Tante Mine. Als der gewalttätige Alkoholiker sie jedoch da auch findet, beschließt Mine sie bei einem Arb...