Schwäche

1.7K 71 4
                                    

Klaus Pov:

Ich kniff mir selbst in den Nasenrücken und versuchte meine Gedanken zu sortieren. Der Anruf hatte mich einen Moment aus meinen familiären Problemen gerissen, aber jetzt war es wie zuvor. Rebekah rief beinahe täglich an und diskutierte mit mir über meine Entscheidung hinsichtlich Hope, Elijah litt stumm über Hayleys Aufbruch ins Bayou und ging mir damit gehörig auf die Nerven und Kol, den wir vor ein paar Wochen wieder unter die Lebenden geholt hatten – Dank Davina –, nervte  mich so, dass ich ihn am liebsten wieder auf die andere Seite verbannen wollte.
„Nik“, ertönte seine Stimme vom Flur und ich seufzte leise auf.
„Was ist?“, verlangte ich zu wissen, meinen Blick gedankenverloren auf mein Handy gerichtet. Was war mit Caroline los, dass sie mich anrief, aber dann nicht einmal mit mir redete?
„Wer hat angerufen?“
„Musst du eigentlich alles wissen, Bruder?“, brauste ich auf und begriff zu spät, dass ich mich damit wahrscheinlich verraten hatte. Der jüngere Urvampir kannte mich gut genug.
Im nächsten Moment sprang meine Zimmertür auf und der braunhaarige Urvampir lehnte mit einem anzüglichen Grinsen im Türrahmen. „Macht das kleine Ding dir zu schaffen?“
„Wer hat dich gefragt?“, murrte ich und griff nach meinem Glas Bourbon, das vor mir stand.
„Ach Bruder, wie wäre es, wenn wir ihr einen Besuch abstatten?“, grinste er und ich musste mich zusammenreißen, damit ich ihm nicht mein Glas an den Kopf warf.
„Warum sollten wir?“
„Vielleicht, weil du dir offenkundig Sorgen um sie machst“, drang Elijahs Stimme von unten an mein Ohr und ich biss mir auf die Zunge, damit ich nichts Falsches sagte.
„Lüge“, knurrte ich und sah in mein Glas.
„Das glaube ich nicht“, meinte Elijah und ich blickte auf. Jetzt stand er neben Kol und musterte mich, sein Blick verharrte auf meinen Händen. In der einen Hand zerquetschte ich beinahe mein Glas – es knackte schon leise – und die andere Hand hatte ich so fest zur Faust geballt, dass sie schon taub wurde. Und ich hatte es bis eben nicht einmal gemerkt.
„Klaus, sei doch einmal vernünftig und gib nach“, forderte Elijah und ich sprang von meinem Platz auf. Mit großen Schritten lief ich auf die Tür zu, Kol wich sofort zurück als er meinen Blick bemerkt hatte, Elijah jedoch blieb stehen.
„Nein. Es geht ihr gut und genau deshalb werde ich nicht gehen“, fuhr ich ihn an und drängte mich an ihm vorbei aus dem Zimmer.
„Niklaus“, rief er mir hinterher, doch ich ignorierte ihn einfach. Eilig verließ ich die Villa und ließ mich von meinen Instinkten lenken. Nach einer Weile schlenderte ich nur noch durch die belebten Straßen New Orleans' und beobachtete einige der Straßenkünstler. Sie faszinierten mich nach wie vor. Kurz darauf fiel mein Blick auf eine Blondine, die sie ebenfalls betrachtete. Im ersten Moment dachte ich, dass es Caroline war, doch es war Camille, die dort stand. Ich näherte mich ihr langsam und stellte mich dann neben sie.
„Die mutige Barkeeperin“, bemerkte ich und sie sah kurz zu mir.
„Klaus. Was verschlägt dich hierher?“
„Nichts besonderes. Was ist mit dir? Analysierst du wieder Straßenkünstler und ihre Geschichten?“
„Eigentlich nicht. Wie geht es deinen Brüdern?“
Ich schnaubte als Antwort nur abfällig.
„Warum bist du wirklich hier?“, fragte Camille plötzlich und ich seufzte tief.
„Meine ach so geliebten Brüder wollen, dass wir nach Mystic Falls reisen“, erklärte ich ihr.
„Willst du das denn?“
„Sehe ich so aus?“, lachte ich kopfschüttelnd, doch die Blondine verzog nicht eine Miene.
„Ehrlich gesagt schon. Also?“
„Natürlich würde ich gerne, aber ich kann nicht. Ich breche keine Versprechen“, murmelte ich und starrte auf das Bild des Künstlers vor uns.
„Meinst du nicht, dieses eine Versprechen sollte gebrochen werden?“
Ich versank in meinen Gedanken. Natürlich war es das wert, es ging um Caroline. Aber wie würde ich das ihr erklären? Ich hätte mir Sorgen gemacht? Ja, natürlich, das glaubt sie dir sofort – Witz des Jahrhunderts. Ich war nur zufällig in der Gegend? Total zufällig. Ich musste sie sehen? Das wäre wenigstens die Wahrheit, aber trotzdem kein handfester Grund. Moment – wer sagt, dass sie mich sehen muss?
Ja, das wäre eine Idee. Ich würde gar nicht erst zulassen, dass sie mich sah. Aber dennoch konnte ich nicht einfach nach Mystic Falls. Das Risiko war einfach zu groß. Oder nicht? Du Bastard, warum machst du dir Gedanken? Sie sagte, es geht ihr gut. Du musst nicht erst das Versprechen brechen.
Aber warum hatte ich dann das Gefühl, dass sie gelogen hatte?
„Camille“, hob ich an und drehte mich um, doch die Blondine tauchte gerade in der Menge unter. Ich blickte ihr einen Moment hinterher, bevor ich mich auch wieder auf den Weg machte. Die ganze Zeit schwirrte mir eine Frage im Kopf herum – ja oder nein? Sollte ich oder sollte ich nicht?

Activate My HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt