Todesengel

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Klaus Pov:
„Nik, jetzt tu doch verdammt nochmal irgendetwas!" Rebekah rüttelte wie verrückt an meiner Schulter, doch ich konnte mich nicht einen Millimeter rühren. Caroline stand nach wie vor mit dem Mikrofon in der Hand auf der Bühne und sang ihre letzten Zeilen, ihre Stimme war unglaublich und ging mir durch und durch - doch sie weinte. Ein Anblick, den ich nie haben wollte, Engel sollten nicht weinen. Und es war meine Schuld. Und schon, als ihr letztes Wort erklang, wusste ich, dass es zu spät war. Genau als sich unsere Blicke trafen, konnte ich sehen, wie der strahlende Glanz in ihren blauen Augen erstarb und von Gleichmut ersetzt wurde.
„Nik, worauf wartest du noch?!", fuhr Bekah mich an, doch ich nahm es nur nebenbei wahr. Der Schock saß zu tief und ich konnte meinen Blick nicht von ihr abwenden.
Im nächsten Moment traf die Hand meiner Schwester auf meine Wange und warf damit meinen Kopf zur Seite. „Hörst du mir eigentlich zu? Unternimm etwas", fauchte die Blondine, doch ich schüttelte stumpf den Kopf.
„Alles was ich tun würde, macht es nur schlimmer - und ich werde sie garantiert nicht manipulieren. Wenn einer von euch das tut, könnt ihr euch auf ein paar weitere Jahrhunderte einstellen." Meine Brüder nickten und meine Schwester seufzte kurz auf. Dann umarmte sie mich kurz und drückte mir einen Kuss auf die Wange.
„Schön, dass ihr wieder da seid." Sie begrüßte auch noch Kol und Elijah, die beiden jedoch wandten sich in Richtung der Mystic Falls-Clique, wo sie inzwischen von Bonnie und Elena entdeckt wurden. So schnell, wie die beiden die Gruppe genötigt hatten, aufzustehen und zu verschwinden, war es schon beinahe rekordverdächtig. Lediglich Stefan blieb stehen und drehte sich in unsere Richtung, als Caroline an ihm vorbeilief. Als er mich sah, schien er auch endlich zu verstehen und er folgte seiner besten Freundin langsamer.
Caroline lief direkt an mir vorbei ohne mich auch nur wahrzunehmen, Stefan blieb jedoch neben mir stehen. „Klaus, hab ein Auge auf sie - es gibt zu viele Möglichkeiten, wie sie gefühllos sein könnte. Entweder wie ich oder wie Elena oder ganz anders - du weißt, wovon ich rede. Ich habe keine Ahnung, was dich plötzlich hierher verschlägt, aber ich denke, du wirst genau wissen, warum sie den Schalter umgelegt hat. Sorg einfach dafür, dass sie wie früher wird." Der Vampir klopfte mir auf die Schulter, warf noch einen besorgten Blick zu der Blondine hinüber und verließ dann den Grill.
Meine Geschwister hatten sich etwas zu trinken geholt und waren dann an einen der Billard-Tische gegangen. Sie würden jedes meiner Worte hören, aber was sollte ich schon tun. Ich atmete tief durch und machte mich dann auf den Weg zum Tresen, wo ich per Handzeichen nach einem Bourbon verlangte, den Matt mir sofort brachte. Dann stellte ich mich neben Caroline. Sie wandte kurz ihren Kopf in meine Richtung, dann sah sie auf ihr Glas.
„Was willst du hier?", fragte sie desinteressiert.
„Mit dir reden", erwiderte ich und trank einen Schluck.
„Du willst deine Zeit mit reden verschwenden?", fragte sie und drehte sich zu mir. Sie sah mich mit gleichgültiger Miene an, bis ein beinahe bösartiges Lächeln ihre Lippen umspielte. „Ich wüsste ganz andere Sachen", fügte sie zuckersüß hinzu und ich verschluckte mich beinahe an meinem Trinken.
„Was?", fragte ich unwillkürlich geschockt nach.
„Ich rede hier von töten, terrorisieren und anderen Dingen, die dir sehr wahrscheinlich gerade durch den Kopf gehen, die wir jetzt aber nicht weiter ausführen wollen." Sie blickte mich mit einem gespielten Lächeln an und ich schluckte schwer. Man sollte meinen, wann immer jemand den Schalter umlegte, wurde er zum kompletten Gegenteil seiner eigentlichen Persönlichkeit - der Tierblut trinkende Stefan wurde zum Ripper-Stefan; die mitfühlende, meist ruhige und schwache Elena wurde zur gefühlskalten Elena, die einfach alle Wahrheiten aussprach und die Caroline, die es hasste, Menschen zu töten und laut meinen Informationen immer nur Frieden und die Eine für jemanden sein wollte, bot mir das Töten von Menschen, das Chaos stiften und vor allem das an, was mich überhaupt erst in Versuchung führte.
„Liebes, nein", protestierte ich und die Vampirin stand von ihrem Platz auf. Sie schlich auf meine andere Seite und ich spürte ihren heißen Atem in meinem Nacken.
„Du bist dir absolut nicht sicher, das ist dir ja wohl klar", wisperte sie in mein Ohr und kaum einen Herzschlag später spürte ich ihre Lippen auf meinem Hals. Ich biss die Zähne zusammen und weigerte mich, meinem Verlangen nachzugeben - ich wusste, dass ich nicht ewig durchhielt, aber nachgeben durfte ich auf keinen Fall. Ich versuchte mich abzulenken und suchte mit den Augen nach meinen Geschwistern, doch wie ich kurz darauf feststellte, beschlossen diese sich einen Mitternachtssnack aufzugabeln. Rebekah verabschiedete sich noch von Matt, Kol und Elijah gingen sofort. Die Drei waren wahrscheinlich erst weit nach Sonnenaufgang wieder Zuhause. Elijah sah man nicht oft Blut trinken, aber er gönnte sich doch hin und wieder Blut direkt vom Menschen, Kol brauchte nur irgendein Mädchen finden, dass er leicht rumbekam und Rebekah hatte hier im Ort ihre Blutquellen, das wusste ich. Dass sie mich nun jedoch mit einer menschlichkeitslosen Caroline zurückließen, war doch mehr als ärgerlich. Jetzt hatte ich keinen Grund mehr, nicht aufzugeben - unser Haus war leer.
Caroline schabte mit ihren Zähnen inzwischen an meiner Haut und meine Kontrolle brach langsam in sich zusammen. „Dein Haus steht also für den Rest der Nacht leer, ja?", säuselte sie direkt in mein Ohr und ich nickte langsam. „Worauf warten wir dann noch?"
Reiß dich zusammen, Klaus! Ich atmete tief durch und gewann wieder etwas mehr Kontrolle, doch als die Lippen der Blondine schließlich meine Halsschlagader erreichten und sie ihre Zähne ohne Vorwarnung dort vergrub, wusste ich, dass ich einpacken konnte. Das finstere Verlangen nach ihr brach durch und raubte mir die Kontrolle, ein leises Stöhnen entwich mir und Caroline biss einen Moment noch fester zu, was mich beinahe um den Verstand brachte. Jahrelang hatte ich es nicht zugelassen, dass jemand direkt von meinem Hals trank und sie tat es einfach.
„Caroline", presste ich mit einem letzten Funken Selbstbeherrschung hervor und sie zog ihre Zähne aus meinem Fleisch, mein Blut tropfte von ihren Lippen und Zähnen direkt auf meinen Hals und ließ mich erschaudern.
„Was gibt's?", fragte sie beiläufig.
Wenn du es wagst, das zu tun, mein Lieber, gebe ich die Hoffnung in dich auf!
Wer braucht Hoffnung, wenn er heißen Hot-Hybrid-Vampire-Sex mit seiner großen Lieben haben kann?
Wer hat dich um deine Meinung gebeten? Verzieh dich wieder zu Caroline mit deiner doppelten Betitelung.
Doppelt hält besser.
Konnten meine halbwegs gute Seite und meine finstere Seite sich nicht einmal in Frieden lassen? Wahrscheinlich nicht.

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