Zum richtigen zeitpunkt

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Klaus Pov:

Ein lautes Klopfen an meiner Tür und dann flüchtende Schritte. Danach ein lautes Poltern und Elijahs empörte Stimme.
„Kol, lass ihn doch schlafen, verdammt nochmal!“
Das klang überhaupt nicht nach dem gebildeten Elijah, den ich gewohnt war, aber egal. Er hatte Recht, ich brauchte den Schlaf. Doch kaum zwei Minuten später klopfte es wieder und ich hörte meinen jüngeren Bruder erneut wegrennen. Ein dumpfes Knurren entwich meiner Kehle und ich hievte mich vom Bett hoch. Ich schlich zur Tür und riss sie auf, als ich wieder leise Schritte hörte. Ein leicht erschrockener Kol stand mir gegenüber. „Ähm...hehe...guten Morgen?“, scherzte er, ich packte ihn kurzerhand an der Kehle und schleuderte ihn ans andere Ende des Ganges. Mein Bruder wurde krachend von einem kleinen Schrank gebremst und fiel hustend zu Boden. Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen machte ich mich auf den Weg in die Küche, wo ich Elijah begegnete, der gerade einen Vampir dazu verpflichtete, ein paar Sachen nach draußen zu tragen.
„Guten Morgen, Niklaus“, begrüßte er mich und reichte mir eine Tasse mit Kaffee und einen Blutbeutel.
„Morgen“, knurrte ich. „Was ist hier eigentlich los?“
„Wir gehen nach Mystic Falls“, schrie Kol von oben.
„Alles klar“, erwiderte ich, bis mir auffiel, was er eben gesagt hatte. „Moment – Mystic Falls?!“
„Ja“, brüllte der jüngere Urvampir zurück und ich fuhr zu Elijah herum.
„Was soll das? Ich hatte doch gesagt, wir gehen nicht“, brauste ich auf und merkte bereits, dass meine Reißzähne durchbrachen.
„Wir gehen nicht deswegen“, wehrte mein älterer Bruder ab. „Wir gehen, weil wir alle etwas Abwechslung brauchen könnten. Ich für meinen Teil brauche mal wieder etwas Kleineres vor mir und keine Großstadt.“
„Und eventuell die Gesellschaft einer Doppelgängerin“, bemerkte Kol, als er an dem Raum vorbeilief. Elijah sagte dazu jedoch nichts.
„Wie kannst du nur daran denken, gehen zu wollen?“, fragte ich ihn ernst.
„Du willst doch selbst auch, Bruder.“
Verdammt, jetzt hatte er mich erwischt.
„Niemals“, verteidigte ich mich. Vielleicht einen Ticken zu verzweifelt.
„Erzähl, was du willst, aber wir werden allesamt nach Mystic Falls gehen. Ob es dir passt oder nicht.“ Elijah wandte sich ab und verließ die Küche ohne meine Antwort abzuwarten. Aber ich hatte sowieso keine parat.
Wäre vielleicht keine schlechte Möglichkeit, um mit Caroline zu reden – der Vorfall vor ein paar Monaten beschäftigte mich nach wie vor. Das wäre die Möglichkeit, das alles zu klären. Aber wie würde ich erklären, warum ich da war? „Elijah!“, rief ich ihm verärgert hinterher. Wir konnten nicht gehen.
„Wir gehen, Niklaus. Lass dir für Caroline eine Erklärung einfallen oder verlass dann einfach nicht das Haus, aber uns wirst du den Aufenthalt nicht vermiesen“, gab er drohend zurück und ich blieb lieber einfach still. Sobald er drohte, konnte es ungemütlich werden.
„Ich sag's dir, Nik – er will nur zu Elena“, meinte Kol, der gerade mal wieder an der Küche vorbeilief.
„Ich dachte, Hayley-“, hob ich verwundert an.
Kol schnaubte und unterbrach mich damit. „Hayley. Er hat sich um sie gesorgt, mag sein, aber er hat nach wie vor eine Schwäche für die Doppelgängerinnen. Natürlich ist die Gilbert der Grund für seine Idee.“ Mein jüngerer Bruder ließ mich allein zurück, ich kippte meinen Rest Kaffee in einem Zug runter und verließ kopfschüttelnd den Raum. Ein schlechter Scherz war das hier alles. Der Gedanke, dass wir nach Mystic Falls gehen würden – ein Scherz. Dass Elijah es auf Elena abgesehen hatte – Witz des Jahrhunderts. Und vor allem, dass es Caroline nicht gut ging – lächerlich. Na gut, vielleicht auch nicht. Ihr Verhalten vor ein paar Monaten war doch ziemlich seltsam gewesen.
Plötzlich klingelte mein Handy irgendwo im Haus. Ich lauschte einen Moment und machte es dann in meinem Schlafzimmer aus, sofort blitzte ich dorthin und nahm ab.
„Ja?“, fragte ich gelangweilt.
„Nik, ich bin heute Caroline begegnet“, hörte ich die zögernde Stimme meiner Schwester. Sofort wurde ich hellhörig.
„Rebekah, was machst du in Mystic Falls?“
„Ähm...ich lebe hier? Schon vergessen?“, antwortete sie verwirrt.
„Stimmt...also, was wolltest du mir erzählen?“
„Wie gesagt, ich bin Caroline begegnet. Du weißt, wir waren nie befreundet, wir haben uns ja noch nicht einmal verstanden...Aber sie war irgendwie anders als bei unserem letzten Treffen. Sie war extrem freundlich zu mir, aufgeschlossen, hat sich nach meiner momentanen Beziehung zu Matt erkundigt, nach unserer Familie – stell dir vor, sie weiß sogar, dass Hayley schwanger von dir war und sie war trotzdem freundlich und wirkte nicht mal annähernd verärgert. Als ich sie gefragt habe, warum sie das einfach hinnimmt, sah sie erst so aus, als würde sie gleich davonrennen, dann erklärte sie mir aber einfach, dass sie zu dem Zeitpunkt mit Tyler zusammen war und deswegen es einfach hinnehmen würde. Ja, sie meinte sogar, sie freue sich für dich.“
„Sie ist nicht wütend gewesen? Nicht ein kleines bisschen?“, harkte ich überrascht nach.
„Nein.“
„Und ich hab mir innerlich ewig Vorwürfe gemacht“, grummelte ich. „Sonst noch etwas?“
„Ja...also nein...ich...“
„Bekah, was noch?“, drängte ich.
„Sie hat am Ende gefragt, ob ich noch viel Kontakt zu dir hätte und wie es dir gehe...und noch weitere Sachen, die eigentlich nur dich betreffen“, erwiderte die Urvampirin. „Und ob du...ob du irgendwen an deiner Seite hättest – ich denke nicht, dass sie von unseren Brüder geredet hat, Nik. Ich hab sie auch gefragt, ob sie eine Frau meint, aber sie hat mich ohne eine Antwort abgewürgt und ist gegangen. Und ich könnte schwören, dass sie während des ganzen Gesprächs nicht besonders glücklich war – sie war freundlich, keine Frage, aber sie sah total fertig aus. Übermüdet, geschafft und irgendwie traurig – trotz ihrer Vampireigenschaften.“
„Danke, Sweetheart“, murmelte ich und legte auf.
Das Gespräch mit meiner Schwester kam zum richtigen Zeitpunkt – sie hatte mir meine Entscheidung praktisch abgenommen. Ich musste nach Mystic Falls.
Versprechen hin oder her.

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