Keine Bedeutung

1K 46 0
                                    

Kol Pov:
Was hatte ich mir eigentlich dabei gedacht? Was war überhaupt mit mir los? Kol Mikaelson und Gefühle? Das war absolut nicht meine Art. Ganz allgemein standen mir solche Regungen gegenüber Frauen nicht mehr wirklich zu – und trotzdem hatte ich bei meinem Kuss mit Bonnie so viel gleichzeitig gespürt  - Freude und Furcht, Stolz und Hass auf mich selbst, Blutdurst und ein viel tieferes Verlangen, welches mit Blut rein gar nichts zu tun hatte.
„Das passt doch alles nichts zusammen“, murmelte ich schlecht gelaunt und unterbrach mein Auf- und Ablaufen, womit ich mir während meiner Überlegungen die Zeit vertrieben hatte. Ich verließ mein Zimmer und stieß beinahe mit Rebekah zusammen, die mich verärgert anfunkelte.
„Pass doch mal auf!“, fuhr sie mich an.
„Entschuldige“, knurrte ich und merkte, wie ihr Zorn in den Hintergrund rückte und Verwirrung wich.
„Wie bitte?“, fragte sie nach.
Ich zwang mir mein typisches Grinsen auf, weil es mir heute irgendwie nicht so recht gehorchen wollte. „Ich sagte entschuldige oder schlägt dir deine Blondheit jetzt auch noch auf die Ohren?“ Ich blitzte rasch zur Haustür, zog sie hinter mir zu und lauschte.
„KOL!“, schrie die Blondine von oben zornig und ich musste mir nun ein ehrliches Lachen verkneifen.  Ein wenig besser gelaunt machte ich mich auf den Weg zum Mystic Grill. Dort angekommen bestellte ich mir einen Scotch, den ich komplett herunterkippte. Als ich das Glas wieder abstellte, schüttete Matt, der gerade Schicht hatte, mir nach. Mein Blick wanderte durch die Bar, bis ich eine etwas zu knapp bekleidete Blondine entdeckte. Vielleicht brauchte ich einfach mal wieder Ablenkung. Ja, das war es bestimmt.
Mit vor Selbstbewusstsein triefender Haltung schlenderte ich zu dem Mädchen.
„Bist du vom Himmel gefallen?“, fragte ich mit einem anzüglichen Blick und musterte sie. Die Blondine war eindeutig schon ziemlich betrunken, sonst wäre sie auf so einen armseligen Spruch nicht eingegangen – zugegeben, er war schon ziemlich unter meinem normalen Niveau. Das Mädchen legte den Kopf fragend schief, nachdem sie ihn geschüttelt hatte. „Schade, ich hätte schwören können, dass es so ist – du siehst aus wie Engel“, säuselte ich und sie kicherte. „Darf ich dir etwas zu trinken spendieren?“
Nach gefühlten Jahren kam dieser Mensch endlich mal zur Sache und schmiegte sich beim Tanzen so dicht an mich, dass ich gar nicht anders konnte, als es zu genießen. Der Geruch ihres Blutes stieg mir in die Nase und benebelte mich, doch als ich die Stimme meiner Schwester hörte, wurde ich hellhörig.
„Wo ist Kol?“, fragte sie gerade Matt und mir wurde klar, dass es wohl Zeit war zu verschwinden. Musste meine Schwester mir meinen Snack denn unbedingt versauen? Ich seufzte und stieß das Mädchen von mir, bis ich mich so unauffällig wie möglich aus der Bar schlich.
„Also eben habe ich ihn noch gesehen...“, hörte ich Matt noch antworten, dann schloss sich die Tür hinter mir.
„Geschwister“, schnaubte ich und lief vor mich hin grummelnd weiter. Urplötzlich jedoch stieß jemand gegen mich und einfach aus Reflex knurrte ich verärgert. „Keine Augen im Kopf oder was?“
„Sie haben doch nicht-“, begann die helle Frauenstimme, die mir ein wenig zu bekannt vorkam, bis sie plötzlich abbrach und einen eiligen Schritt zurück machte, sodass die Frau nicht mehr direkt an meiner Brust stand.
Genervt blickte ich mein Gegenüber an und schlagartig war mein Kopf wie leergefegt. „Bonnie“, brachte ich nur heraus und betrachtete sie regungslos. Vollkommen ungeniert ließ ich meinen Blick über sie schweifen und sie begann sich ganz offensichtlich in ihrer Haut unwohl zu fühlen.
„Lass mich in Ruhe“, murmelte Bonnie, doch sie bewegte sich nicht von der Stelle. Langsam fand ich mein altes Grinsen wieder.
„Wenn du mich vermisst hast, hätte es auch schon gereicht, vorbeizukommen – du hättest nicht ganz aus Versehen direkt in meine Arme stolpern müssen“, spottete ich grinsend. „Mein Körper ist unfassbar, ich weiß, aber du kannst mich auch ganz offen fragen, ob du mal näher dran darfst.“ Mein Grinsen wurde immer breiter.
Bonnie jedoch wurde mit jedem Wort nervöser. „Halt die Klappe“, zischte sie verärgert und starrte demonstrativ zu Boden.
„Darling, du brauchst dich nicht zu schämen“, munterte ich sie auf, doch das Grinsen blieb wo es war, als wäre es eingemeißelt.
„Tu ich gar nicht!“, fauchte sie und ich warf ihr einen überraschten Blick zu. „Ich m-meine“, stammelte sie und schüttelte kurz den Kopf. „Es war nur ein Kuss, Kol, der mich zurückgeholt hat, nichts weiter. Keine Bedeutung.“
Ich zuckte kaum merklich bei ihren Worten zusammen und mein Grinsen verblasste langsam – und ich konnte mir selbst nicht einmal erklären, warum.
„Keine Bedeutung“, wiederholte Bonnie leiser, als müsste sie sich selbst überzeugen und schob sich dann an mir vorbei. Ich blieb wie angewurzelt stehen, mein Blick war in die Ferne gerichtet.
Keine Bedeutung.
Warum hatte es sich dann so verdammt gut und richtig angefühlt? Oder war das Einbildung gewesen und ich irrte mich einfach?

Meine Hände lagen an ihrem Hals, Schmerzen pulsierten durch meinen Kopf und zwangen mich beinahe wieder in die Knie. Aber ich musste das irgendwie beenden. Mein Blick hing an ihren geschwungenen Lippen. Ich wusste, ich würde es bereuen – sie zählte eigentlich zu den Feinden. Aber es war vielleicht die einzige Möglichkeit.
Nach kurzem Zögern presste ich einfach meine Lippen auf ihre und nur wenige Augenblicke später verebbte der Schmerz in meinem Kopf. Bonnie erwiderte den Kuss und mein totes Herz machte einen kleinen Satz – vor Freude? Ihr lauter Herzschlag dröhnte in meinen Ohren, rasend schnell, als würde er jeden Augenblick stolpern und aussetzen. Unter meinen Fingern konnte ich spüren, wie sie Gänsehaut bekam, doch alles woran ich gerade wirklich denken konnte war, wie ungewohnt sich das Ganze anfühlte. Ich hatte schon so viele Frauen, doch bei ihr schien alles anders zu sein. Mein eigener Herzschlag schien einen ganz neuen Rhythmus zu finden und in meinen Ohren rauschte das Blut. Ob es wirklich meins oder doch Bonnies war, konnte ich nicht sagen.
Das Gefühl war so ungewohnt und doch hätte ich mich daran gewöhnen können.
Nach einer Weile löste ich mich von Bonnie und ich machte direkt einen Schritt rückwärts und senkte den Blick zu Boden. Ich hätte jede Ohrfeige, jeden Fluch, jeden weiteren Zauber verdient.
Doch es geschah nichts. Die kleine Hexe drehte sich einfach um.
„I-ich muss gehen“, gab sie von sich und ein leichter Stich machte sich in meiner Herzgegend bemerkbar. Doch ich ignorierte ihn gekonnt – Einbildung. Pure Einbildung.

Die Erinnerung an die Gefühle war für mich so präsent, dass ich das Gefühl hatte, ihre Lippen wieder auf meinen spüren zu können. Doch das einzige, was mich momentan auch nur berührte, war eine kühle Brise des späten Abends, die meine Haut strich.
Ich schüttelte verwirrt den Kopf und setzte mich in Bewegung. Kol Mikaelson kannte keine Gefühle. All das war irgendwie meiner manchmal zu lebhaften Fantasie entsprungen. Da war nichts gewesen. Die kleine Hexe hatte und würde niemals etwas in mir erwecken.
Niemals. Sie bedeutet mir nichts.

Activate My HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt