Innerer Teufel

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„Caroline?“, ertönte Stefans Stimme und ich zuckte zusammen.
„Entschuldige, was hast du gesagt?“, fragte ich nach und schluckte schwer. Zwischen meinen Fingern rollte ich den Brief von Elijah hin und her und telefonierte mit Stefan – eigentlich. Aber ich war so in Gedanken versunken gewesen, dass ich ihm gar nicht zugehört hatte.
„Ich habe gefragt, ob wir ins Grill wollen. Care, ist alles in Ordnung?“ Stefan klang besorgt und ich kämpfte mit meinen Schuldgefühlen, weil ich ihm nach wie vor nichts erzählte hatte. Vor vier Monaten hatte ich den Brief von Elijah bekommen, doch ich hatte kein einziges Wort darüber verloren. Die Albträume und Zusammenbrüche hatten mich weiterhin geplagt, doch der Grund war weiterhin mein Geheimnis geblieben.
„Ja, ich mache mich gleich auf den Weg“, würgte ich ihn ab und legte auf. Ich hievte mich vom Sofa hoch und trottete in mein Zimmer, wo ich mich rasch fertigmachte. Als ich einen letzten Blick in den Spiegel warf und mein Outfit checkte, fiel mein Blick auf das Bild von mir, das Elijah dem Brief beigelegt hatte. Ein schwacher Stich machte sich in meiner Brust bemerkbar, doch ich ignorierte ihn geflissentlich und drehte mich weg. Eilig verließ ich das Haus und machte mich auf den Weg ins Grill, wo Stefan bereits auf mich wartete. Ich begrüßte ihn lächelnd, bis mir auffiel, dass auch die anderen da waren. Ich verbarg die Tatsache, dass ich darauf nicht gehofft hatte, gekonnt hinter der Maske, an der ich im vergangenen Jahr hart gearbeitet hatte, damit mir niemand auf die Schliche kam. Es war nicht leicht gewesen, weil Lügen nie meine Stärke gewesen war, doch irgendwie hatte ich es bisher durchgehalten.
„Wisst ihr, ich bin wirklich froh, dass Klaus in New Orleans rumhängt“, bemerkte Elena irgendwann und bei seinem Namen wurde ich hellhörig.
„Ja, seit er weg ist, herrscht hier wenigstens einigermaßen Ruhe“, stimmte Damon zu und nahm einen Schluck von seinem Bourbon. Jeremy, Bonnie, Matt und Stefan stimmten den beiden zu und alle Blicke richteten sich auf mich. Ich war vollkommen abgedriftet und kämpfte gegen den Schmerz an. Von Klaus hatte ich kein einziges Wort mehr gehört, ebenso wie von dem Rest seiner Familie. Aber ich wurde ständig an ihn erinnert, sodass ich keine Chance hatte, ihn zu vergessen.
Damon räusperte sich plötzlich. „Blondie?“
„W-was?“, stammelte ich und sah die verwirrten Blicke der anderen, lediglich Stefan musterte mich besorgt.
Damon schüttelte grinsend den Kopf und nahm wieder einen Schluck von seinem Getränk, der Rest der Gruppe wandte sich wieder von mir ab und sie versanken alle in ihre Gespräche.
„Caroline, was ist los mit dir?“, fragte Stefan mich drängend, doch ich schüttelte nur den Kopf.
„Es ist nicht wichtig, Stefan“, erwiderte ich und nahm einen großen Schluck von meinem Getränk.
„Ist es sehr wohl, seit Monaten bist du so – genau genommen seit...“ Stefan brach ab, sein Blick wurde nachdenklich.
Verdammt, er darf das nicht merken. Was denn jetzt? Moment, Jeremy hat doch vor kurzem einen guten Job bekommen...haben wir das schon gefeiert? Glaube nicht... „Matt, wie wäre es mit einer Flasche Champagner? Ich kann mich nicht erinnern, dass wir Jeremys neuen Job schon gefeiert haben“, wandte ich mich an den Blonden und dieser nickte, dann stand er auf und lief zur Bar. Die anderen nickten zustimmend, ich hatte also recht gehabt. Gott sei Dank.
Als Matt wiederkam, schenkte er uns die Gläser ein. „Hier Care, dein Glas Champagner.“
Champagner.
Das Wort rief ungewollt einen meiner Tagträume hervor – naja, es war wohl eher ein Tagalbtraum.
„Kann ich dir etwas Champagner anbieten?“, fragte Klaus mit seinem typischen Lächeln und ich drehte mich ein wenig von ihm weg.
„Kann nicht. Zu viele erwachsene, verurteilende Augen.“ Meine nächsten Worten waren anscheinend in meinen Gedächtnis nicht hängengeblieben, doch kaum sprach der Urhybrid wieder, war jedes Wort für mich klar zu verstehen.
„Dann ist es ja gut, dass der Highschool-Part beinahe vorbei ist“, erwiderte er leichthin und ein ganz leichtes Lächeln stahl sich auf meine Lippen, als wir uns einen kurzen Moment schweigend ansahen.
„Vergeben Sie mir netterweise, dass ich dieses Glas Champagner brauchen werde“, gab ich nach und er begann zu lächeln, wobei seine Grübchen zum Vorschein kamen. Gott, er war einfach so verdammt... Stopp Care, wo denkst du hin?
Klaus machte einen Schritt auf mich zu und lächelte immer noch ein wenig. „Ist das unser Ding?“
Ich schnaubte lächelnd. „Wir haben kein Ding“, gab ich zurück und sein Lächeln erstarb einen Herzschlag lang.
„Folge mir“, forderte der Urhybrid und einen kurzen Moment lächelte er wieder, bevor er an mir vorbeilief. Ich verfolgte ihn mit meinem Blick und kam nicht umhin, dass meine Mundwinkel sich minimal nach oben zogen, dann rief ich mich wieder zur Ordnung und schrieb Stefan.

Ich schüttelte kaum merklich den Kopf und griff nach meinem Glas. Irgendeinen Weg musste es doch geben, um den Urhybriden aus meinem Leben zu verbannen.
Einen Weg gibt es...
Caroline, wag es nicht, auch nur daran zu denken!
Teufelchen und Engelchen – wie immer. Teufelchen lockte mich ins Dunkel, auf die Seite des Bösen. Hatte mich dazu gebracht, letztes Jahr mit Klaus zu schlafen und meine Abwehr wenigstens für einen Tag zu vergessen. Engelchen hatte mich lange davor bewahrt und wollte mich auch jetzt im Licht behalten, auf der Seite, wo es mich im Blick hatte, mich nicht verlor.
Aber die helle Seite versprach mir keine Lösung meines Problems.
Teufelchen bot mir wenigstens eine Alternative. Wäre zwar wahrscheinlich keine endgültige Lösung, aber es wäre eine Abhilfe.
Komm schon, Care, du würdest den Schmerz nicht mehr spüren. Worauf wartest du noch?
Tu es bloß nicht, Caroline. Du weißt, wie schwierig es bei Elena war, die Menschlichkeit wieder einzuschalten.
Hör nicht auf den Mist, den dir deine gute Seite verklickern will, Liebes.
Augenblicklich brach eine neue Flut von Erinnerungen bei diesem Wort über mich herein.
Liebes.
Das war sein Wort. Ewig hatte ich es nicht mehr gehört und nun brachte ausgerechnet mein innerer Teufel es wieder ans Licht.
Ich kam mir hilfloser vor, als jemals zuvor. Menschlichkeit behalten oder aufgeben?
Das Aufgeben schien näher zu liegen, als das Behalten, doch ich schob den Gedanken weit von mir und ertränkte die Sorgen lieber im Alkohol.
Zumindest für den Moment. Aber das kann nicht ewig so weitergehen.

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