Schwarz, Rot & Gold

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„Das hat uns kein Stück weitergebracht“, hörte ich Rebekah unten seufzen und grinste vor mich hin. Genau das wollte ich hören. Das bewies nur, dass ich mit meinen Plänen vorgelegt hatte – Elena und Bonnie würde ich wahrscheinlich nicht so schnell wieder zu Gesicht bekommen. Aber es würde mich auch nicht wundern, wenn Klaus mir aus dem Weg ginge. Er suchte die Schuld sonst eigentlich nur bei anderen, aber da ich ihm aus einem Anflug von Menschlichkeit und Wut heraus einen Vorwurf gemacht hatte, rechnete ich nicht mehr mit seiner Anwesenheit in diesem Zimmer. Ich hatte klar und deutlich ihm die Schuld gegeben und das wusste er.

„Elijah“, schrie Elena vom Boden aus,während Bonnie vor mir an die Wand gedrückt stand und verzweifelt lateinische Wörter murmelte. Von einer Sekunde auf die nächste sprang die Tür auf und Klaus packte mich plötzlich an den Armen, während der Raum zuerst stockdunkel war und dann die Kerzen ihn plötzlich mit Stichflammen wieder erhellten – Bonnie hatte wieder Zugang zu ihrer Magie. Dummerweise bekam das jetzt nicht ich, sondern Kol mit aller Macht zu spüren, der auf die Knie sank und sich die Hände gegen die Schläfen drückte. Wenige Augenblicke später stand er jedoch wieder auf und brachte sie aus dem Raum.
„Caroline, komm wieder zu dir, verdammt! Du hättest beinahe deine besten Freundinnen umgebracht – oder zumindest eine davon“, knurrte Klaus, doch ich zuckte nicht mal mit der Wimper.
„Wenn sie meine Freundinnen wären, hätten sie früher bemerkt, dass etwas nicht stimmt – und nicht erst, als es schon so gut wie zu spät war“, erwiderte ich unbeeindruckt. Sein Griff lockerte sich einen Moment und ich sah meine Chance, also drückte ich ihn gegen die nächste Wand. „Außerdem hab ich seit Tagen kein Blut mehr gehabt“, flüsterte ich lächelnd und Klaus kniff die Augen zusammen.
„Das letzte Mal, als du Blut hattest, war gestern im Wald“, murmelte er misstrauisch.
„Schon viel zu lange her“, gab ich zurück und grub ohne Vorwarnung meine Zähne in seinen Hals, was er einen Moment lang nicht realisierte. Doch als er begriff, stieß er mich von sich und drehte mich in der gleichen Bewegung um, sodass ich an meinem Rücken seine Brust spüren konnte, die sich unregelmäßig hob und senkte. Ich wehrte mich gegen seinen Griff, aber ich wusste, das es zwecklos war – er war um einiges stärker. „Wie oft soll ich dir eigentlich noch sagen, dass du nicht tun und lassen kannst, was du willst?“, raunte er in mein Ohr und ich konnte seine Verärgerung heraushören.
„Solange, bis ich es nicht mehr hören kann und will – oh, Moment, an dem Punkt sind wir schon längst“, konterte ich.
Schwungvoll drehte der Urhbyrid mich zu sich herum und ließ mich dann los.
„Was ist eigentlich los mit dir? Warum hast du abgeschaltet?“, verlangte er zu wissen.
„Du willst wissen warum?“, fauchte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Sonst würde ich ja wohl nicht fragen“, gab er zurück.
Einen Moment später fiel die Zimmertür zu und wir waren allein.
„Ich gebe dir mal einen Tipp – sieh in den Spiegel“, fuhr ich ihn an, dann drehte ich mich mit hämmerndem Herzen um und stapfte ins Bad, wo ich die Tür hinter mir zuschlug und mich dann dagegensinken ließ. Er hatte es schon wieder geschafft, dass meine natürliche Wut durchkam.
Ich lauschte auf seinen Herzschlag und merkte, dass er sich nicht von der Stelle gerührt hatte. Klaus verharrte noch einen Moment dort, bevor seine langsamen Schritten mir zeigten, dass er gegangen war.
Ich atmete erleichtert auf und stieß mich von der Tür ab. Meine Schritte brachten mich zum Waschbecken, ich drehte den Wasserhahn auf und spritzte mir etwas kaltes Wasser ins Gesicht. So konnte das nicht weitergehen.

Das würde meinen Plan wahrscheinlich nur erschweren, aber es war zu spät, also musste ich das Problem anders lösen. Grübelnd warf ich mich aufs Bett, bis plötzlich die Tür aufflog.
Ich saß augenblicklich aufrecht. „Klaus.“
„Wir müssen reden“, meinte Klaus direkt.
„Von müssen kann gar nicht die Rede sein“, erwiderte ich ungerührt und stand dann auf, sodass wir wieder auf Augenhöhe waren.
„Ist es aber.“
„Dann rede. Was willst du schon wieder?“, fragte ich und sah ihn abwartend an.
„Warum war ich Schuld?“
Das konnte ich ihm unmöglich sagen. Schon gar nicht, wenn ich offiziell keine Menschlichkeit hatte. „Du erwartest jetzt nicht ernsthaft eine Antwort?“, meinte ich, doch er nickte ernst.
„Oh doch, das tue ich.“
„Ich will dir aber keine geben.“
„Dann kannst du auch nicht mir die Schuld geben.“
„Doch, kann ich! Immerhin bist du wirklich Schuld“, fauchte ich.
„Nenn mir einen Grund, Liebes.“
„Weil...“ Ich brach ab und suchte nach passenden Worten. Dabei fiel mir die offene Tür auf. Ich musste nur Zeit schinden und ihn irgendwie ablenken, dann konnte ich abhauen.
„Ja?“ Der Urhybrid betrachtete mich erwartungsvoll, doch ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich wollte ihm auf keinen Fall die Antwort geben und hierbleiben wollte ich auch nicht mehr. Das hier würde nicht das einzige Gespräch in diese Richtung bleiben, wenn es so weiterging. Irgendwie musste ich ihn kurzzeitig außer Gefecht setzen, damit ich genug Zeit zum Abhauen hatte. Mein Blick wanderte suchend durch den Raum, bis mir die Tür zum Badezimmer wieder einfiel. Die konnte ich verriegeln und dann verschwinden. Die würde ihn lang genug aufhalten. Ich musste mir das Lächeln verkneifen und zwang mich zur Gleichgültigkeit.
„Ich werde dir den Grund nicht nennen, Ende der Geschichte“, beharrte ich und drehte mich um, mit wenigen Schritten lief ich zum Bad und verschwand dort – wie erwartet folgte Klaus mir. Als ich mich schließlich wieder umdrehte, trennten uns nur wenige Zentimeter. „Dürfte ich mal eben vorbei?“ Klaus machte keine Anstalten, Platz zu machen, doch ich drängte mich vorbei. „Danke“, fügte ich sarkastisch hinzu.
„Grund“, forderte er knapp und inzwischen hörte ich seine Verärgerung klar und deutlich.
„Weißt du... nein.“ Ich nutzte den Überraschungsmoment und stieß ihn so kraftvoll wie nur irgend möglich zurück, sodass er hart gegen die nächste Wand knallte. In Vampirgeschwindigkeit blitzte ich raus, knallte die Tür zu und klemmte einen Stuhl unter die Türklinke. Würde ihn nicht lange aufhalten, aber vielleicht lang genug.
Ich blitzte so schnell wie möglich aus dem Haus und bemerkte, dass die Nacht gerade hereingebrochen war. Also verschwand ich im nächsten Wald, wo dichter Nebel aufgekommen war und mich umgab. Erleichtert drosselte ich mein Tempo und schlich weiter durch den Wald, bis Schritte eines Joggers zwischen den Bäumen widerhallten. Seit wann geht jemand zu so später Stunde joggen? Ein wenig verwundert folgte ich ihm leise, bis ich hinter mir auch Schritte hörte. Klaus.
Ich blitzte schnell vor den Jogger und blieb vor ihm stehen, sodass er in mich hineinlief. Er war damals mal mit mir in einem Mathekurs, wenn ich mich recht erinnerte, hieß er Tom. „Oh entschuldige, ich hab dich wegen dem Nebel gar nicht gesehen“, lachte er. „Alles in Ordnung?“
„Alles bestens“, lächelte ich zuckersüß. Dann beugte ich mich ein Stück vor und sah ihm in die Augen. „Du wirst keinen Laut mehr von dir geben, bis du wieder Zuhause bist und du wirst gleich nicht weglaufen. Und sobald du den Wald verlassen hast, vergisst du das hier. Beim Joggen ist dir nichts ungewöhnliches passiert“, befahl ich und er öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch kein Ton kam heraus. „Sehr gut.“ Ich packte ihn und drehte ihn um, dann biss ich ihm den Hals und sein Blut sickerte in meinen Mund. Ich nahm ein paar kräftige Züge, bis mir das Blut von den Lippen tropfte. Ich seufzte leise, bis mein Blick auf die Person gegenüber von mir und meinem Opfer fiel – Klaus.
„Auch schon wieder da, Honey?“, fragte ich mit einem zuckersüßen Lächeln, und legte Tom einen Arm um die Schulter.
Klaus wirkte einen Moment weggetreten, als er das Blutrinnsal an meinem Kinn betrachtete und ich sah, wie er vor Anstrengung zitterte und mit seinem Blutdurst kämpfte. „Lass ihn los“, knurrte Klaus schließlich angestrengt.
„Hm, einfach aus Spaß sag ich mal nein“, grinste ich sadistisch und konnte sehen, wie mein Opfer schluckte. „Keine Sorge, Tom, momentan ist nicht er der Böse, sondern ich.“ Ich klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter und wandte mich dann wieder an Klaus. „Weißt du, ich sehe dein Verlangen nach Blut klar und deutlich – und das hier ist frisch“, meinte ich und strich über die offene Wunde an Toms Hals. Dieser zuckte kurz zusammen. „Frisch vom Menschen, wie du es schon immer am liebsten hattest“, fuhr ich fort und ich konnte sehen, wie Klaus' Fassade aus Selbstbeherrschung bröckelte. Lange hielt er das Spiel nicht mehr durch. „Komm schon, gönn' es dir doch mal.“
„Wo ist der Haken?“, knurrte er beherrscht und ich sah langsam schon die schwarzen Adern um seine Augen hervortreten.
„Kein Haken“, versprach ich.
„Das glaube ich dir nicht, Liebes“, murmelte er und doch war er mit so wenigen Schritten bei uns, dass ich mir das Grinsen nicht verkneifen konnte. Teil eins meines Plans lief hervorragend. Der Urhybrid klebte mit seinem Blick an der blutenden Halswunde, dann riss er sich los und sah zu mir auf. Toms Blut klebte immer noch auf meinen Lippen und lief an meinem Kinn hinab. Klaus musste bei dem Anblick schlucken, doch ich wusste, dass seine nach Blut dürstende Hälfte den Kampf schon lange gewonnen hatte.
„Es gab Zeiten, da hättest du nicht so lang gezögert“, spottete ich und blickte ihn herausfordernd an.
„Irgendwo gibt es einen Haken“, bekräftigte er misstrauisch.
„Du meinst, dass der liebe Tom hier ohnehin den Heimweg nicht überleben würde, weil er zu wenig Blut hat? Ja, der Kerl stirbt so oder so, wenn er nicht geheilt wird. Also schlag zu“, meinte ich gleichgültig. Toms Kopf fuhr zu mir herum und er starrte mich mit blanker Panik in den Augen an. „Tut mir leid“, meinte ich kalt, doch jeder konnte hören, dass ich es nicht bedauerte.
Klaus starrte wie fixiert auf das Blut, dass aus der Wunde hervorsickerte und ich wusste genau, dass ihm der Puls meines ehemaligen Klassenkameraden in den Ohren dröhnte. Ich hörte es auch. Ich ließ Tom los und trat direkt an Klaus' Seite, beugte mich zu seinem Ohr.
„Worauf wartest du noch?“, flüsterte ich ihm zu und ich wusste, dass ich gewonnen hatte. Der Urhybrid gab seine Beherrschung auf und stürzte sich praktisch auf unser Opfer. Ohne Erbarmen und Zurückhaltung. Zufrieden beobachtete ich das Schauspiel, das teuflische Grinsen schien allgegenwärtig auf meinem Gesicht.
Als Klaus Tom wieder losließ, fiel letzterer leblos zu Boden und Klaus drehte sich zu mir um, seine Augen glühten golden, die schwarzen Adern um seine Augen waren so eindeutig zu sehen, wie ich es selten erlebt hatte; von jedem seiner oberen vier Reißzähne tropfte Blut, welches in einem dünnen Rinnsal über sein Kinn und seinen Hals floss und er knurrte leise und tief, was an irgendeinem Punkt wirklich beängstigend war. Doch ich spürte nichts als Genugtuung.
„Genau von dieser Person habe ich Geschichten gehört“, murmelte ich und musterte ihn. Der Urhybrid atmete schwer und verharrte nach wie vor direkt vor mir. Das einzige, was ich seinen glühenden Augen entnehmen konnte, war das Verlangen nach mehr – er schien schon länger nicht mehr direkt vom Menschen getrunken zu haben, wenn er schon nach einem einzigen Mal nach mehr dürstete. Und mir persönlich kam das nur entgegen.

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