Kapitel 2

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Obwohl Gaia zusammen mit Gino und Annalisa nach Rom fliegt, ist nur sie zu dem Treffen mit Oberhauser geladen.

Wieder alleine...

Die Ewige Stadt schläft bereits, als sie aus dem schwarzen Coupe steigt und alleine über den Vorhof des Palazzo Cardenza läuft. Bis auf ihre Schritte, die sie auf dem Kopfsteinpflaster als besonders laut und störend empfindet, ist es fast völlig still.

Sie ist nervös.
Genauso wie bei ihrem ersten Treffen mit Oberhauser, das mittlerweile schon über zehn Jahre her ist.

Der Türsteher, der den Seiteneingang bewacht, nickt ihr knapp zu, als sie ihm den Siegelring mit dem eingravierten Zeichen der Organisation zeigt und lässt sie wortlos passieren.

Sie weiß nicht, ob man sich noch an sie oder ihren Vater erinnert.

Der Gebäudekomplex ist vertraut und obwohl sie ihren Vater nur zu wenigen Meetings begleitet hat, findet sie sich problemlos zurecht.

Als stünde die Zeit still.
Als würde dieser Ort das Fenster zu einem anderen Leben offen halten.

Ihr früheres Leben, als Tochter im Schatten eines einflussreichen Mafioso, das ihr mittlerweile so fremd vorkommt.
Ein Buch, das sie ließt...nicht mehr.

Sie hat nichts mehr mit dem Mädchen von damals gemeinsam.

Als sie vor der Tür zu dem großen Sitzungssaal steht, streicht sie sich eine lose Haarsträhne hinters Ohr und befeuchtet nervös ihre Lippen.

Ein letzter, tiefer Atemzug, dann drückt Gaia die Türklinke nach unten und betritt den Raum.

Fahler Mondschein fällt durch die hohen Fenster und winzige Staubpartikel tanzen im Licht durch die Luft.

Im Schatten der Holzbögen, unter denen bei geheimen Treffen unwichtige Gäste stehen, zögert sie, nimmt sich einen Moment Zeit, um ihre Umgebung zu beobachten.

Noch ist sie alleine.

Eine Tür fällt leise ins Schloss und der leichte Durchzug streift ihre nackten Arme, lässt sie frösteln.

Sie kann Oberhauser nicht sehen.
Natürlich nicht.

Aber sie spürt, dass er da ist.
Im Schatten versteckt, höchstens zu erahnen.

Seine Präsenz ist erdrückend, scheint den gesamten Sitzungssaal zu füllen.

"Nur nicht so schüchtern, mein Kind", seine Stimme gewohnt kalt, kaum mehr als ein gefährliches Flüstern.

Ihr überraschtes Zucken ist verschwindend klein und sie muss sich beherrschen, um sich nicht sofort nach ihm umzudrehen.

Sicher weiß er, dass sie nur noch auf dem rechten Auge sehen kann.
Nicht gerade vorteilhaft.

Aber sie hat gelernt, ihren kleinen Defekt zu kompensieren.
Nach neun Jahren...

Sie wartet einige Augenblicke lang, macht einen Schritt nach vorne.

Aus dem Schatten.
Und hinein ins Licht.

"Sie wollten mich sprechen."

"Ganz richtig...", seine Schritte sind gut auf dem Holzboden zu hören und so kann Gaia sich ungefähr vorstellen, wo der Mann sich befindet, "Ich brauche Ihre Hilfe, Signorina Sciarra."

"Wobei sollte ich Ihnen helfen können?", sie geht betont langsam an der langen Seite des Tisches entlang, lässt ihre Finger über die Lehnen der aneinandergereihten Stühle aus dunklem Holz streifen.

"Der Secret Service bereitet sich auf einen Schlag gegen uns vor. Dabei ist der Quartiermeister die treibende Kraft...vermutlich, weil er Sie rächen will."

Queen Of Spades - g1nsterkatze - 007 - James Bond Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt