Kapitel 9

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Drei Stunden Autofahrt entlang der Küste nach Messina, von wo aus sie zum Festland übersetzen würden.
Sie würden in den nächsten Zug nach Rom steigen und am frühen Morgen, nach einem längeren Zwischenstopp in Neapel, in der italienischen Hauptstadt ankommen.

Soweit der Plan.

Bond tritt das Gaspedal bis zum Anschlag durch.
Über dem schwarzen Asphalt flimmert die Hitze und es sieht so aus, als würde sich die Straße auf den nächsten Metern in Wasser verwandeln.

Neben ihm hängt Gaia mit Tanner und einem Vertreter des italienischen Geheimdienstes in einer Telefonkonferenz.
Sie spricht Englisch und so kann er zumindest ihre Gesprächsanteile verstehen.

Trotzdem kommt es ihm so vor, als hätte sie wieder einen leichten, italienischen Akzent in ihrem Englisch. Lange nicht so stark hörbar, wie bei Lucia, aber...
Vielleicht bildet er sich das auch nur ein.

"Willst du das Neuste aus Whitehall wissen?"
Das Smartphone verschwindet in ihrer Handtasche und sie dreht sich mit einem kleinen, verschwörerischen Lächeln auf den dunkelroten Lippen zu ihm.
Sie wartet nicht auf seine Antwort.
"Die Q-Branch hat es geschafft. Sie haben das Handy von Oberhausers Beratern gehackt. Die Daten werden gerade ausgewertet und sobald sie mehr wissen werden wir ins Bilde gesetzt."

"Dann wird es leichter für uns."

"Am Anfang, ja", sie streicht sich eine lose Haarsträhne aus der Stirn, "Bis Spectre davon erfährt und sie uns gezielt Falschinformationen stecken. Wir werden keine Ahnung haben, worauf wir uns verlassen können. Weil wir nicht wissen, wann es ihm auffällt. Und dann wird es brandgefährlich für uns."

"Natürlich. Aber vielleicht sind wir schnell genug und er hat gar keine Chance mehr, uns auszuspielen."

"Bestimmt wird es so einfach", Gaia lässt den Kopf in den Nacken fallen, "Ich kann mir wirklich gut vorstellen, warum du diesen Auftrag unbedingt perfekt zu Ende bringen willst. Aber mit Oberhauser als Gegner ist das so gut wie unmöglich. Wir wissen beide, dass er seine Leute überall hat."

-

"Los, James! Beeil dich", Gaia greift wie selbstverständlich nach Bonds Hand, zieht ihn durch die menschenleere Eingangshalle des Bahnhofs.
Im Gehen dreht sie sich um, strahlt ihn an.
"Ich kann es nicht erwarten, wieder in Rom zu sein."

Das ist eine Lüge.
Viel wichtiger als Rom ist der Aufenthalt in Neapel, in dem sie Gino treffen wird.
Schon der Gedanke an ihn beschleunigt ihren Puls, lässt sie beinahe alles andere vergessen.

Sie darf nur nicht zu unvorsichtig werden.

"Das merkt man", er zieht die Augenbrauen nach oben und legt einen Arm um ihre Taille, wirbelt sie gekonnt herum, um ihr die Tür zum Bahnsteig aufhalten zu können.
Wann ist es so leicht geworden, mit ihm zu spielen?
Sicher nicht in der Zeit, in der sie in London war.

Im Zug verstaut er noch ihr Gepäck, während Gaia schon auf der Suche nach einem freien Abteil ist.

Das Abteil ist eigentlich für acht Personen gedacht; der abgetragene rot-weiß gestreifte Bezug auf den Sitzpolstern beißt sich mit den grün und orange gemusterten Vorhängen und auf dem klebrigen Fußboden liegen eine ganze Menge Krümel.
Immerhin sind sie alleine und ungestört.
Jedenfalls bis zum Halt in Neapel.

Gaia verabschiedet sich von Bond und verschwindet zwischen den anderen Fahrgästen, die zum Ausgang drängen.
Sie macht einen großen Satz auf den Bahnsteig und bleibt einen Moment stehen.

Ihre Augen wandern durch die große Bahnhofshalle, auf der Suche nach den Überwachungskameras.
Sie darf sich nicht mit Gino erwischen lassen.

Die Zeiger der antiken Bahnhofsuhr stehen auf viertel vor acht, kriechen langsam in Richtung voller Stunde.
Also hat sie noch Zeit.

Queen Of Spades - g1nsterkatze - 007 - James Bond Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt