Kapitel 3

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Feine Schneekristalle tanzen durch die kalte Luft, setzen sich auf ihr Haar und ihren Mantel, ihr Atem kondensiert sofort in der eisigen Luft und der Schnee, der auf dem Gehsteig liegt, knirscht leise unter ihren Schritten.

Ihr Herz schlägt schneller, je näher sie dem MI6 kommt.

Sie wird William sehen.

Nach so langer Zeit.

Gaia läuft über den hell erleuchteten Vorhof des MI6, sie schenkt dem Mann, der am Eingang steht und jeden, der das Gebäude betritt, kontrolliert, ein charmantes Lächeln und zeigt ihm ihren Dienstausweis.

Doppel-0-Sektion, Agentin 009.
Sciarra, Gaia Giada.

Er lässt sie passieren.
Der erste Schritt...geschafft.

Jetzt wird es nur noch schwieriger.

Sie schlüpft aus ihren schwarzen, mit dunkelroter Seide gefütterten Lederhandschuhen und gibt diese zusammen mit ihrem Trench Coat an der Garderobe ab.

Nervös streicht sie ihr Kleid glatt, überprüft ihren dunkelroten Lippenstift und ihr Haar, das sie in einer kunstvollen Frisur nach oben gesteckt hat, dann tritt sie durch die große Flügeltür.

Männer in maßgeschneiderten Anzügen und Smokings und Frauen in eleganter Abendgarderobe.
Sie schlängelt sich zwischen den Gästen hindurch, hält ihren Kopf leicht gesenkt um nicht direkt entdeckt zu werden.

Die jährliche Weihnachtsfeier...eine erstaunlich erträgliche Veranstaltung.

Vielleicht, weil Weihnachten ihr nicht wirklich etwas bedeutet.
Weil sie es nicht besonders mit Italien und ihren Eltern verbindet

Der erste Shot des Abends...alleine in einer ruhigen Ecke neben dem Buffet.

Ein 'Angel's Wing'.

Auf Ex.

Der Cognac und der Kakaolikör brennen leicht in ihrer Kehle und sie stellt das leere Glas schnell auf eines der dafür vorgesehenen Tabletts.

Von ihrer Position aus braucht sie nicht lange bis sie William, der alleine an einem der Stehtische steht, entdeckt.

Er sieht anders aus, als sie ihn in Erinnerung hat.
Seine aschfahlen Wangen hohl und eingefallen, sein Körper noch eine Spur schlanker als zuletzt.
Sie ist nicht die einzige, die erwachsen geworden ist.

Noch ein Long Drink, ein zweiter Shot, dann fühlt sie sich sicher genug um zu ihm zu gehen.

Sie löst sich aus dem Schatten.

Die Musik und das Stimmengewirr um sie herum verschwimmen in ihren Ohren zu einem unverständlichen Nebel, der nur wie durch Watte zu ihr durchdringt, das einzige, klar erkennbare Geräusch das laute Klicken ihrer Absätze auf dem Boden.

Näher und näher.

Nur sie beide.

Und dann steht sie vor ihm.
Ihr Kopf leer, die perfekt zurechtgelegten Worte vergessen.

"William..."

Er dreht sich ruckartig zu ihr um.

Sein Gesichtsausdruck wechselt innerhalb von Sekundenbruchteilen von Trauer, über Ungläubigkeit zu etwas wie Erleichterung.

"Es tut mir leid."

Ihr Gesichtsausdruck ist wie eingefroren.
Kein Zucken, das ihm die Lüge verraten könnte.

Sie ist wie erstarrt, als er seine schlanken Arme um sie schlingt und sie an sich zieht, ihre Lippen bestimmt aufeinander drückt.

Das ist ihr ein Spur zu schnell.

Earl Grey, After Eight, Zigarettenrauch.
Er riecht nach Minzshampoo.

Als er sich von ihr löst, ruhen ihre Hände auf seinen Schultern.

So anders als mit Gino...

Gaia lächelt leicht.
"Ich habe dich vermisst."

Die gleichen Worte, wie bei Gino.
Und noch in dem Moment, in dem sie ihre Lippen verlassen, weiß sie, dass sie eine Lüge sind.

Ihr Problem bei ihm ist, dass er nur glaubt, sich in sie verliebt zu haben.

Er liebt die Gaia, die alles dafür getan hätte, um ihre Mutter und sich selbst am Leben zu halten.

Sie weiß, dass er die Frau, die sie wirklich ist, hassen würde.
Und er liebt das an ihr, was sie selbst am meisten verabscheut.

"Ich dachte du wärst in La Paz gestorben..."

"Ich bin in La Paz gestorben."

Ihre letzte Mission als Doppel-0-Agentin.
Die Mission, zu der sie mit dem Wissen, dass sie scheitern würde, geflogen ist.

Eine Suizidmission.
Ihre Gelegenheit, das immer unerträglicher werdende Leben in London ein für alle Mal zu beenden.

Sie hatte ihren Gegenspieler angeschrien, sie endlich zu erschießen.
Und er hatte ohne zu zögern abgedrückt.

Ein gutes Gefühl, auf den staubigen Betonboden zu liegen und dabei zusehen zu können, wie das Leben ihren Körper langsam verließ.

Das laute Knacken, mit dem ihr Headset unter den Lackschuhen ihres Gegners zerbricht...der stechende, verschwindend kleine Schmerz, als er ihren Unterarm mit der Klinge seines Taschenmessers aufschlitzt und sie von ihrem implantierten Peilsender befreit.

Als würde er ihr ihre Flügel zurück geben.
Die letzte Verbindung nach London unterbrechen.

Der Moment, der ihr all die Möglichkeiten gibt, ihre Fehler zu beseitigen.

[A/N]

Dieses Mal ein etwas kürzeres Kapitel, von der Einteilung her fand ich das irgendwie passender ^^

Lasst mir sehr gerne euer Feedback da und bis zum nächsten Mal!

-M

Queen Of Spades - g1nsterkatze - 007 - James Bond Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt