Marinette

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Langsam schlich ich über die Straßen von Paris. Der Müll lag überall auf den Straßen verteilt, unter Bergen entdeckte ich auch schlafende Kinder. Sie waren wahrscheinlich nicht älter als sieben. Sofort wurde mir mulmig zumute. Mir taten die Kinder leid. Sie mussten leiden, weil ich damals auf seinen Trick reingefallen war! Schnell wendete ich mich ab, rannte diesmal weg, um all dem Schmerz, Leid und Elend zu entgehen. Ich spürte sie, die Kälte in meinem blassen Gesicht.

Nach ein paar hundert Metern Sprint blieb ich stehen und sah noch mal nach hinten, wo einige Häuser schon kleiner waren. Ich konnte nicht weglaufen! Nicht bevor ich Paris wieder in seinen alten, glänzenden Zustand gebracht hatte! Ich, Ladybug, war die einzige und letzte Hoffnung für alle Bewohner von Paris. Diese Hoffnung durfte nicht weglaufen!

,,Hallo M'Lady. Lang nicht mehr gesehen."
Ich erstarrte, riss meine Augen weit auf. Ich kannte diese Stimme nur all zu gut. Es war Adrien Agreste, doch er war auch unter seinem Namen Cat Noir bekannt! Langsam drehte ich mich um und sah in sein Gesicht. Bei diesem Anblick musste ich mir schnell die Hand vor dem Mund halten, um nicht gleich los zu schreien. Sein ganzes Gesicht war von tiefen Narben, getrockneten Blut, tiefen Schnittwunden und Kratzwunden übersät. Ein deutliches Merkmal, dass er gekämpft hatte, um mich zu finden. Und dass er gemordet hatte! ,,Endlich habe ich dich gefunden. Endlich habe ich das Spiel gewonnen!", meinte er plötzlich sanft. Auch seine Augenfarbe hatte den natürlichen Grünton, statt diesen gefährlichen Gelbton. Da war er wieder, der Adrien, in den ich mich vor Jahren verliebt hatte. Ich ging langsam auf ihn zu, hielt aber dann inne. Er würde mich bestimmt töten. Es konnte nicht
real sein! ,,Adrien, du bist nicht mehr der, den alle mal liebten! Du hast dich zu einem Monster entwickelt! Komm", ich reichte ihm meine Hand, ,,lass uns gegen Hawk Moth kämpfen. Gemeinsam. Als Team!" Doch er schlug meine Hand brutal zur Seite. Ob er mich gehört hatte, wusste ich nicht.
Da lachte er plötzlich finster auf uns sah mich mit seinen wieder tief gelben Augen an. ,,Warum Adrien?", fragte ich ihn traurig.

,,Weil ich gelernt habe, dass du hier die böse bist! Und weißt du was ich mit den Bösen mache? Ich lasse sie erschießen. Doch du hast heute die Ehre, von mir höchstpersönlich in Stein verwandelt zu werden." Er sah mich herausfordernd an. Ich wollte wegrennen, doch eine unsichtbare Macht hielt mich fest. Ich schluckte schwer, schloss langsam die Augen. Er rief Cataclysmus, hörte, wie er auf mich zu kam. Ich hatte Angst, ich wollte schreien, weglaufen, doch ich wusste ganz tief in mir, dass es vorbei war. ,,Noch irgendwelche letzten Worte?", fragte er mich voller Ekel.

,,Obwohl du meine Eltern getötet hast, meine Freunde eingesperrt hast und du mich wie ein Tier jagen tust, kann ich nicht aufhören dich zu lieben. Ich habe alles versucht, dich zu hassen, doch es geht nicht. Adrien, ich liebe dich!", gestand ich unter Tränen. Da hörte ich ein triumphierendes Lachen und eine krallige Hand auf meiner Brust. ,,Genau deswegen war es so leicht, dich zu töten. Du denkst, es ist noch gutes in mir, obwohl du es besser weißt!" Der Zauber verbreitete sich schnell auf mir. Schon nach ein paar Sekunden war ich eine Statue, die einmal die Hoffnung von Paris war.

Ich öffnete panisch meine Augen, tastete meinen ganzen Körper ab, fand aber nichts, was dazu irgendwie hinwies, dass es real war. ,,Es war nur ein Traum", sagte ich mir und setzte mich auf. Ich kratze mich am Kopf und musste gähnen. Dabei musste ich an meine Worte nachdenken, die ich im Traum sagte: ,,Obwohl du meine Eltern getötet hast, meine Freunde eingesperrt hast und du mich wie ein Tier jagen tust, kann ich nicht aufhören dich zu lieben. Ich habe alles versucht, dich zu hassen, doch es geht nicht. Adrien, ich liebe dich!" Ich fragte mich, warum ich dies gesagt haben könnte, weswegen ich sofort an Adrien denken musste. Ich spürte, wie mir meine übliche Adrien-Röte ins Gesicht stieg und dass mir heiß wurde. Ab diesem Zeitpunkt wusste ich, dass diese Worte leider die pure Wahrheit waren. Ich konnte nicht aufhören, ihn zu lieben, und genau das war das Problem! Irgendwann würde ich noch sterben, weil ich ihn noch liebte. Ich will ihn über alles hassen, aber ich konnte nicht.

,,Warum muss alles nur so kompliziert sein?", fragte ich mich leise und stand auf. Da meldete sich auch schon mein Magen, indem er ein lautes Grummeln von sich gab. Ich musste etwas Essbares finden, nicht wie letzte Woche gar nichts oder nur etwas altes Brot in Wasser aufgeweicht. Das schmeckte gar nichts und war kaum schluckbar.

Ich öffnete meine Tasche und zählte mein Geld, musste aber mit Enttäuschung feststellen, dass ich nicht einmal genug Geld für einen Laib Brot hatte. Seufzend steckte ich alles wieder weg, entdeckte wieder meine Miraculous, den ich in seine Schatulle gelegt hatte. Ich sah mich um, versteckte mich in einer Gasse und holte sie raus. Ich machte die Schatulle auf und vorsichtig streichelte ich über das empfindliche Paar Ohrringe. ,,Ach Tikki, du weißt gar nicht, wie sehr ich dich vermisse. Aber irgendwann wirst du wieder das Licht der Welt erblicken, versprochen", sagte ich, steckte sie wieder ein und schlenderte über die Straßen von Paris.

Währenddessen überlegte ich nach einem Plan, Paris zu retten. ,,Ich könnte Adrien töten, dann Hawk Moth", dachte ich, doch ich schüttelte den Kopf. Diesen Plan konnte ich nicht durchführen! Ich wollte als Retterin bekannt sein, nicht als Mörderin. Ich seufzte leise. Da erinnerte ich mich an meine allererste Heldentat, die ich mit Cat gemacht vollbracht hatte.

Ich hatte zusammen mit meinem Partner gegen Ivan, der sich in Stoneheart verwandelt hatte, gekämpft. Damals war der Akuma, ein kleiner schwarzer Schmetterling mit lilanden Mustern, in einem Liebesbrief gewesen. Da ich den Akuma aber nicht einfing, gab es eine große Katastrophe! Ich war kurz vor dem Aufgeben, doch weil Alya, meine damals beste Freundin, in Gefahr war, fand ich den Mut zum Kämpfen wieder. Ich hatte Paris gerettet, mit ihm, dem lustigen Kater, der sich in mich verliebte.

Ich blieb ruckartig stehen. Das war doch sonnenklar! Adrien musste wegen Liebeskummer akumatisiert worden sein! Schließlich war er in mich verliebt gewesen, da ich ihn aber immer angewiesen hatte, wurde er so traurig, dass er einen Akuma angelockt hatte. Ich schlug mir die flache Hand gegen die Stirn. Warum war es mir den nicht schon viel früher in den Sinn gekommen?

Ich lächelte in mich hinein und seufzte zufrieden. Außerdem konnte ich mir schon denken, wo sich dieser fieser Schmetterling versteckte. Endlich konnte ich einen Plan entwickeln! Endlich hatte ich einen Sinn zum Kämpfen! Aber trotzdem durfte ich eine Sache nicht vergessen: Im Notfall musste ich ihn töten. Er war eine Gefahr und selbst wenn es mir das Herz brechen würde, musste ich an das Volk denken.

Ich durfte nicht selbstsüchtig Handeln!


Die Geschichte von Marinette Dupain-Cheng und Adrien AgresteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt