Kapitel 17

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Ich lag auf meinem Bett und starrte auf meinHandydisplay. Soll ich ihn anrufen oder lieber nicht? Irgendwann mussich es sowieso tun. Ich hatte es gestern Luzi versprochen, alsomusste ich es sowieso irgendwann tun. Denn wenn ich es nicht tat,würde sie mich solange nerven bis ich es doch tat und jetzt schientmir der richtige Zeitpunkt. Meine kleine Schwester war in der Schule,mein Vater war arbeiten und meine Mutter war nach dem sie mich vomKrankenhaus abgeholt hatte, auch arbeiten gegangen. Wegen einerLehrerkonferenz oder so fiel heute bei uns die Schule aus, alsomusste er Zuhause sein. Mein Finger zögerte noch ein letztes Malbevor er auf den grünen Hörer druckte. „Sebastian?", bei demKlang seiner Stimme, bildete sich ein Kloß in meiner Kehle, „Duwillst reden oder?" Komm schon sag etwas, so schwer ist das dochgar nicht. „Soll ich zu dir kommen, ich glaube ich könnte mich anmeinen Eltern vorbei schleichen", schlug er vor, als ich keineAntwort gab. „Wieso musst du dich heraus schleichen?", endlichbekam ich den Mund auf. „Da ich gestern die Schule geschwänzthatte, habe ich jetzt Hauserrest." antwortete er, „In zehnMinuten bin ich bei dir." Dann legt er auf und sofort überkamenmich Zweifel. Wieso hab ich das getan? Wenn ich schon kaum übersTelefon mit ihm reden konnte, wie soll ich dann nur mit ihm sprechen,wenn er vor mir stand. Und wie sollte ich meinen Würgereflexabstellen, wenn ich an ihn und Daniel dachte. Vor die Füße kotzenkam nie gut. Am besten kletter ich aus dem Fenster, bevor er hierist. Ich hätte es fast wirklich getan, wäre da nicht meineHöhenangst.

Bevor ich mireinen neuen Fluchtplan überlegen konnte, klingelte es auch schon.Mein Herz stoppte, zumindest fühlte es sich so an. „Sebastian",er klang irgendwie verwundert. Wer sonst sollte ihm die Tür öffnen?Oder war er nur darüber verwundert, das ich ihn reinließ. Na ja,fast hätte ich auch die Tür wieder zugeschlagen. Wortlos ging ichin Richtung meines Zimmers. Genauso schweigend setzte ich mich aufmein Bett, während er ebenfalls stumm stehen blieb. Vorsichtigwanderte mein Blick an ihm hoch zu seinen Augen. „Simon",durchbrach ich die Stille, „Warum?" Er zog eine Augenbraue hoch:„Warum was? Warum ich Drogen nehme? Warum ich nicht aufgehört habemich mit Daniel zutreffen? Warum ich so blöd war um zu riskieren,dass ich dich verliere? Warum ich weiß, dass es nie wieder so seinwird wie früher?" Seinen Selbsthass spiegelte sich in seinen Augenwieder, deswegen konnte ich nicht länger ansehen. Es tat einfach nurweh, da es ihm wirklich leid tat. Für mich wäre es leichter, wenner es nicht bereuen würde. „Ich habe dir doch von Sam erzählt undvon dieser Party. Es war nicht ganz so wie, ich es dir erzählt habe.Sam machte mich so ziemlich von allem abhängig, was nur irgendwieging. Auf Partys warfen wir so ziemlich alles ein, was ging. Wirwaren Paradebeispiele für eine verlorene Zukunft. Wenn ich mit ihmvöllig high war, fühlt ich mich frei. Frei von den Plänen meinerEltern. Frei von dem Druck den sie auf mich ausübten. Bei dieserParty habe ich zwar ihn geküsst, aber er wollt hat mit mirgeschlafen. Er war niemand für eine Beziehung. Den Glauben an dieLiebe hatte er verloren, wahrscheinlich als seine Eltern sichtrennten. Nachdem ich ihn geküsste, wusste ich endlich was ichfühlte. Dadurch brauchte ich ihn aber nur um so mehr, deswegenbeendete er unsere Freundschaft. Ab da wurde es erst so richtigschlimm mit meinem Suchtproblemen. Ab einen Gewissen Zeitpunkt wärees mir sogar egal gewesen, wenn er noch mit anderen geschlafen hätte,solange er mir nah war, ich ihm weiter von meinen Problemen erzählenkonnte, ihn einfach nur zu küssen. Irgendwann bekamen dann sogarmeine Eltern, welche eigentlich nur das sahen was sie sehen wollten,von meinen Drogenproblem mit. Sie steckten mich in eine Entzugsklinikfür mehre Monate oder vielleicht war es auch ein Jahr ich weiß esnicht genau. An diesem Punkt spielte Zeit keine Rolle mehr für mich.Dort lernte ich dann jemanden kennen, der mir wirklich geholfen hat.Sie half mir meinen Schmerz loszuwerden. Sie brachte mich dazu denganzen Scheiß mit Sam zu vergessen. Ich habe dir erzählt das siemich verlassen hätte, was nur irgendwie stimmt. Nach vier Monaten,in denen wir uns angefreundet hat und sie schließlich so was wiemeine Freundin wurde, konnte ich wieder aus der Klinik. Als ich siedann an einem der Besuchstage sehen wollte, er fuhr ich, dass sie aneiner Überdosis gestorben war und dass sie einen Abschiedsbrief fürmich hat. Darin stand, dass sie es nicht ohne mich aushalten würde.Dann machte ich mit ziemlich mit jedem rum um meinen Schmerz zuvergessen, bis ich schließlich Max traf. Die Geschichte mit ihmkennst du ja schon, na ja bis auf ein kleines Detail. An dem Abendals meine meine Eltern mir verkündeten, das wir nach Deutschlandziehen würden, was sie beschlossen hatten, als ich anfing mit jedemzu... ähm du weißt schon, wollte ich mich eigentlich bei ihnenouten um Max wieder zurück zubekommen. Von diesem Umzug erfuhr icherst nachdem, meine Eltern schon alles geplant hatten und es zu 100%feststand, dass wir nach Deutschland ziehen. Schließlich outete ichmich doch nicht, weil ich keinen Sinn mehr darin sah. Wieso sollteich mir Probleme schaffen, wenn ich keinen Nutzen mehr davon hatte.Als ich dann hier in Deutschland war traf ich zum ersten Mal Daniel,davor habe ich nur ab und zu mal von ihm gehört. Daniel ist derbeste Freund von meinem Cousin. Weil immer noch oder wieder diesesseelisches Wrack war nahm ich sein Angebot an. Und weil ich sounglaublich schwach bin habe ich nicht aufgehört, auch nicht als ichdich traf." „Und wieso bist du dir so sicher das zwischen uns niewieder so wird wie es war?", fragte ich als, er keine Anstaltenmachte weiter zureden. „Da genau das passiert ist wovor ich angsthabe. Die Art wie du mich ansiehst hat sich geändert. Dadurch dasich dir nicht die Wahrheit gesagt habe, habe ich dich verloren undtief in deinem Herzen weißt du das auch." Irgendwie hatte errecht, aber irgendwie aber auch nicht. Er wandte sich von mir ab.Wenn ich ihn jetzt nicht aufhalte, wäre das zwischen uns für immervorbei. Vielleicht wäre es so besser, aber es fühlte sich falsch anihn einfach gehen zulassen. Ihn einfach sein scheiß Schicksal zuüberlassen oder vielleicht war es sein Schicksal mir zu begegnen.„Simon", vorsichtig ging ich zu ihm, „Bitte versprich miretwas." „Und das wäre was?", sanft legte er seine Hände aufmeine Hüfte. Bei seiner Berührung zuckte ich zusammen. „Das dudich nicht mehr mit ihm triffst. Das du aufhörst Gras zu rauchen",flehte ich ihn schon fast an. „Ich werde es versuchen", seineHände wanderten unter mein Shirt. „Nicht nur versuchen",widersprach ich ihm. „Wäre es nur so leicht", er nahm seineHände von meinem Rücken. „Simon ich will dir helfen, sag mir nurwie." „Mir kann man nicht mehr helfen", er griff nach derTürklinke, „Du hast es verdient glücklich zu werden, doch mit mirwürdest du niemals glücklich sein. Ich hoffe du findest jemand derdich glücklich macht und nicht so jemand wie mich, der dir nurKummer und Schmerz bringt." Darauf verschwand er durch die Tür.„Warte, du hast mich glücklich gemacht, mit dir habe ich mich solebendig wie schon lange nicht mehr gefühlt", versuchte ich ihnaufzuhalten, „Ich bin mir ziemlich sicher, das es dir genauso ging.Ich bin mir auch sicher das du es alleine niemals aus deinem ganzenChaos herauskommst."

|| All I Need Is You || (boy x boy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt