Zwanzig

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        Ich kann spüren, heute wird es keinen langen Eintrag geben.

In den letzten Tagen bin ich sehr wortkarg, was dich betrifft. Auf irgendeine Art und Weise entgleitest du mir, obwohl du nie wirklich bei mir warst.

Vielleicht fühlt es sich nur in letzter Zeit so an, aber ich stelle mir dich nicht mehr jeden Abend in meinem Bett vor. Ich vergesse ständig, dich zu vermissen, wenn ich abends alleine auf der Couch sitze.

Wenn ich ehrlich bin, fühle ich momentan Leere. Es klingt so einfach, man liest es in jedem zweiten Buch, in jedem dritten Whatsappstatus und in jedem vierten Gedicht.

Doch wie primitiv und einfallslos es auch wirkt: Es gibt Augenblicke, in denen ist Leere die einzige Erklärung.

Es ist nicht, als sei ich ohne dich vollends glücklich, denn das bin ich nicht. Es fehlt mir noch immer an Eisen, Energie, Kraft und Motivation, seitdem du nicht mehr da bist, doch – und ich habe wirklich Angst, Folgendes zu schreiben, aber:

Beginne ich, nach all den qualvollen Jahren, ein Leben außerhalb dieser dunkelgrauen Wolke, die du hinterlassen hast, zu beginnen?

Womöglich liegt es an dem dauerhaften Kopfschmerz, den mir das Leben auch ohne dich zufügen würde, aber momentan, da ... vermisse ich dich nicht.

Ich vermisse dich seit vier ganzen Jahren. Was passiert, wenn ich einfach damit aufhöre?

Wird dieses Buch hier ein offenes Ende haben?

Werden wir niemals eine zweite Chance bekommen, weil ich dich einfach aufgebe?

Versage ich gerade?

Es tut mir leid, wenn dir dieser Eintrag zu dunkel und deprimierend ist. Aber so fühle ich mich manchmal. Du müsstest das am besten wissen.

Ich bin so müde, während ich das hier schreibe.

Du saugst mir so viel Kraft aus und weißt nicht einmal, dass du sie auf ewig behalten wirst.

Ich beginne zu begreifen, wie schmerzhaft es wirklich sein kann, über jemanden zu schreiben, der das hier niemals lesen wird.

Oh, wie es mich erschöpft.

Wenn ich nicht an dich denke, dann fühle ich, fehlt mir etwas. Worüber werde ich schreiben, wenn ich aufhöre, dich zu lieben?

Und kann man überhaupt aufhören, jemanden zu lieben?

Liebe ich dich überhaupt?

Was, wenn es alles Schwindel ist?

Wenn unsere Liebe gar nicht existiert hat?

Gott, was passiert mit mir?

Bitte, sag mir doch, was passiert, wenn ich aufhöre, dich zu lieben.

Ich will nicht, dass du mir entgleitest, egal wie viele schlaflose Nächte du mir bereitest. Ich will nicht, dass mich nie wieder dieser kleine Blitzschlag erwischt, wenn ich dich sehe. Und du mich siehst.

Ich bin abhängig von jemanden, der mich nicht mehr kennt. 

Vielleicht liegt es heute gar nicht an dir. Vielleicht liegt es gar nicht daran, dass ich in letzter Zeit all die Erinnerungen mit dir ausblenden und mein eigenes Leben auskosten kann. Vielleicht liegt es an diesem Buch.

Vielleicht sucht mein geschundenes Herz nach Heilung und nicht mehr einzig und alleine nach dir.

Glaube mir, heute kann ich es dir nicht sagen.

Heute habe ich einfach nur Angst, du entgleitest mir.

Es tut mir leid, falls dieser Eintrag nicht wortgewandt, nicht kreativ, nicht metaphorisch oder tiefgründig war. Ich habe Tage, an denen bin ich einfach nur das, was ein Kopf kreirt und in diese leeren Zeilen quetscht. Keine Metapher, keine poetischen Sätze oder bedeutungsvolle Vergleiche.

Wie soll ich auch etwas Bewegendes schreiben, wenn mich im Moment nichts bewegt, nicht einmal du?

Aber trotz alle dem, lässt du mich mit einer Frage zurück.

Was passiert mit mir, wenn ich aufhöre, dich zu lieben?




















Verzeih, mein alter Freund. Ich weiß, ich sollte diesen Eintrag löschen. Aber ich glaube, es gibt nicht nur eine traurige Seite in diesem Buch. Es gibt nicht nur eine Art von Trauer, wenn es um dich geht. Ich vermisse dich nicht nur und schwelge in Erinnerungen. Du musst lernen, manchmal da schmerzt es, wenn ich Angst habe, irgendwann aufzuhören dich zu vermissen.

Also bitte, - verzeih mir.

What I'd never tell youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt