Kapitel 10 / Mit ihm alleine

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Mein Körper zitterte. Ich traute mich gar nicht, nach dieser zweideutigen Bemerkung, Denny anschauen.
Dann zog er sich, weiterhin lachend, von mir zurück.
Er legte den Gang ein und brauste von dem Parkplatz. Mein ganzes Gewicht wurde in den Sitz gedrückt und mit meiner rechten Hand umklammerte ich fest den Griff, der Türe.
Nach einigen Metern drückte Denny auf die Bremse und passte sich der vorgeschriebenen Geschwindigkeit an, dadurch entspannte ich mich etwas.
Er fragte mich wohin er überhaupt fahren muss und als ich ihm den Weg beschrieb rümpfte er seine Nase.
" Jetzt muss ich auch noch mit meinem Auto in so ein Bauernkaff fahren, hoffentlich wird es nicht schmutzig."
" Entschuldigung, ich kann auch nichts dafür dass ich dort wohne. Ich hab dich nicht gezwungen mich zu fahren." giftete ich ihn an.
Denny zog das Lenkrad scharf nach rechts und bremste mit vollem Karacho. Mein Rucksack schleuderte vor meinen Füßen umher und der ganze Inhalt flog raus.
Warum machte ich den Reißverschluss, nie komplett zu?
Denny blickte mich böse an.
" Anstatt mich anzugiften solltest du mir Dankbar sein, ich kann dich auch sofort hier raus schmeißen und du kannst schauen wie du Nachhause kommst. " zischte er in meine Richtung. Warum ist er immer so schnell gereizt?
" Tut mir leid. Ich wollte.. Ja. Danke. " gab ich klein bei. Er hatte recht, wenn er mich hier raus wirft habe ich ein Problem.
Er nickte nach ein paar Minuten und fuhr weiter. Wir schwiegen den Rest der Fahrt und ich packte meine verstreuten Sachen zurück in den Rucksack.

Kurz vor unserem Haus wurde ich wieder nervös, denn ich sah wie in unserem Wohnzimmer Licht brannte. Meine Eltern würden mich für immer einsperren, wenn sie sehen das ich mit einem Typ um diese Uhrzeit Nachhause fuhr. Ich drehte mich hastig zu Denny.
" Kannst du bitte hier anhalten." sprach ich hastig. Er folgte meiner Bitte und blieb an dem Bauernhof von Kate's Eltern stehen. Er schaute aus dem Fenster und musterte den Hof.
" Wohnst du auf dem Bauernhof? " und drehte dabei seinen Kopf zu mir, um mich wieder von oben bis unten anzuschauen.
" Du siehst gar nicht aus wie ein Bauernmädchen, zumindest sahen die aus der Schule früher nicht so aus." Seine Mundwinkel zuckten leicht.
" Nein, ich wohne da vorne." und deutete zu unserem Haus. Ich fragte mich was er damit meinte, dass ich nicht so aussah wie ein Bauernmädchen?
" Was.. Wie...  Was meinst du mit dem aussehen?" fragte ich zögerlich und blickte ihm dabei in seine wunderschönen blauen Augen.
Er schmunzelte und kam mir immer näher. Ich konnte seinen warmen Atem an meiner Wange spüren. Als sich an meinem ganzen Körper Gänsehaut bildete, flüsterte er mir ins Ohr.
" Du siehst.. wie soll ich es sagen.. süßer, schärfer aus." Ich spürte wie er seine Hand auf meinen Oberschenkel legte und sie langsam nach oben gleiten ließ.
Mir wurde heiß, seine Worte hallten in meinem Kopf wider und Panik baute sich in mir auf. Ich schnappte meinen Rucksack und drückte mich aus Beifahrertüre. Ein Danke fürs fahren rief ich ihm noch über meine Schulter und rannte zum Haus. Im Augenwinkel sah ich wie er wendete und davon fuhr. Ich blieb tief schnaufend vor der Haustüre stehen um mich zu beruhigen, als sie vor meiner Nase aufgerissen wurde und mein Vater vor mir stand.

" Wo warst du?" schrie er mich an.
Scheiße was sollte ich ihm sagen.
" Ich war bei einer Freundin für ein Schulprojekt." war das erste was mir einfiel.
" Warum kommst du dann erst so spät?" schrie er etwas leiser.
" Ich.. wir haben nicht auf die Uhr geschaut." stotterte ich halb. Mein Vater spürte in der Regel wenn ich ihn anlog, aber er schien mir zu glauben als er mich mit ruhigerer Stimme fragte wie ich dann Nachhause gekommen bin.
" Ihre Eltern haben mich her gefahren." Mir wurde schlecht, weil ich so eine verdammte Lügnerin war.
Mein Vater machte Platz und ließ mich ins Haus. Auf dem Weg in mein Zimmer rief er mir hinterher dass ich das nächste mal Bescheid geben soll, dafür hatte er mir auch das Handy gekauft.

Ich schloss meine Türe und warf mich auf mein Bett. Was für ein Tag, gestern war ich noch alleine und heute passierte mehr, wie bei manch einem im ganzen Monat.

Als ich am nächsten morgen aufwachte brummte mein Schädel. Ich konnte nicht gut schlafen, weil mir die ganze Nacht die Sache mit Denny durch den Kopf ging. Vermutlich war auch ein bisschen der Alkohol schuld. 
Ich machte mich für die Schule fertig und zum ersten mal freute ich mich darauf, da ich wusste dass ich meine neue Freundin Kim treffen würde. Als ich meinen Rucksack packte und die Bücher für den heutigen Tag darin verstaute, merkte ich plötzlich dass mein Geldbeutel fehlte.
Ich ließ mir durch den Kopf gehen wo ich ihn als letztes gesehen hatte, bis es bei mir Klack machte. Er musste bei Denny im Auto raus gefallen sein.

Auf dem Weg zur Bushaltestelle überlegte ich mir, wie ich mein Geldbeutel wieder zurück bekommen könnte und beschloss einfach Kim zu fragen, ob sie ihn für mich bei Denny holen würde.
Heute war ich ziemlich früh dran, denn die Clique war noch nicht da. Ich fühlte mich mutig und setzte mich auf die Bank, an die Stelle wo Nancy immer saß.
Ich fühlte mich irgendwie frei, groß und schön, einfach anders wie sonst, bis zu dem Zeitpunkt wo die Clique ankam und Nancy mich sichtlich überrascht anschaute.
" Was machst du schon hier?" sagte sie etwas forsch. Ich blinzelte ein paar mal, da ich nicht wusste was ich dazu sagen sollte. Nancy ignorierte mein schweigen und kam zu mir her.
" Rutsch mal ein Stück." Meinte sie und setze sich einfach neben mich. Mein Gefühl von Freiheit tauschte mit Unbehagen.

Nancy unterhielte sich mit den Jungs, unweigerlich musste ich mit anhören wie sie den Klatsch und Tratsch der letzten Partynächte verbreitete. In der nächsten Sprechpause, zog sie sich eine Zigarette aus der Schachtel und zündete sie an. Dann zog Nancy noch eine Zigarette aus der Schachtel und ich fragte mich was sie mit zwei Zigaretten will. Dann realisierte ich erst, dass sie mir die andere reichte.
Ich schluckte, und nahm sie entgegen, denn ich wollte einfach lässig und cool wirken, so wie sie.
Zwei mal hab ich das schon geschafft, also schaffe ich das wieder, redete ich mir ein.
Ich zündete mir die Zigarette an und dieser herbe Rauch füllte meine Lunge. So schlimm wie die letzten beiden male, fand ich es gar nicht mehr, und rauchte diesmal diese ganze Zigarette.

In der Schule angekommen entdeckte ich Kim, sie erzählte mir den ganzen Morgen wie Jace sich bei ihr entschuldigte und wie toll er war.
Greg und Tom waren heute nicht in der Schule, ebensowenig Mia, also konnte ich den Tag genießen.
Einige Mädchen aus unserer Klasse unterhielten sich sogar mit mir und ich hatte endlich das Gefühl, normal zu sein.
In der Pause fiel mir wieder mein Geldbeutel ein und ich fragte Kim ob sie ihn für mich zurück holen kann, sie willigte ein. Während der letzten Unterrichtsstunde öffnete Kim ihre Tasche und steckte mir grinsend, die ganzen geklauten Sachen vom Vortag zu.

Als die Schule endlich aus war, gingen Kim und ich gemeinsam von dem Gelände, in Richtung Bushaltestellen. Kim erzählte mir das heute Abend eine Party wäre und ich mit ihr unbedingt dahin müsste.
Ich blieb wie angewurzelt stehen, als mein Blick auf den Metallic schwarzen Nissan, der direkt vor dem Schulgelände stand, fiel. Denny lehnte sich lässig mit überkreuzten Füßen an der Autotüre ab und starrte in unserer Richtung. Als er mein verdutzen Blick sah, begann er zu grinsen. Ich merkte wie die ganzen Mädchen ihn und sein Auto anstarrten und kicherten, aber Denny blickte weiterhin nur zu uns.
" Oh, Lilie ich glaube du hast Besuch." sagte Kim kichernd und zog mich an meinem Arm zu Denny.
Wir blieben vor seinem Auto stehen, aber ich konnte ihm nicht in die Augen schauen. Nach dem gestrigen Abend fühlte ich mich komisch in seiner Gegenwart. 
Kim umarmte ihn zur Begrüßung aber ich blieb seitlich stehen und starrte auf sein Auto.
" Hi Lilie." sagte er zu mir, und ich spürte sein Blick. Ich bekam nur ein leises Hallo raus mehr nicht.
" Scheiße, mein Bus." fluchte Kim und setzte zum Sprint an " Lilie ich ruf dich nachher an, wegen der Party heute Abend." und rannte davon. Jetzt stand ich allein vor Denny.
" Ich glaube ich habe etwas, das dir gehört." sagte er und zog meinen Geldbeutel hervor.
" Ah, ja Danke." antworte ich und nahm ihn aus seiner Hand. Ich konnte ihn immer noch nicht anschauen.
" Danke dir, aber ich muss zum Bus." hastig drehte ich mich von ihm weg und sah wie der Bus direkt vor meiner Nase weg fuhr.
" Scheiße." murmelte ich vor mich her und wusste das der nächste Bus erst in 3 Stunden fuhr.
Dann spürte ich wie sich eine Hand auf meine Schulter legte und schluckte als Denny's Stimme in meine Ohren drang.
" Komm steig ein, ich fahr dich hier weg."
Ich drehte mich langsam um und sah wie er schon ins Auto stieg.
Was soll ich bloß machen ? Warten? Oder mitfahren?
Meine Hand griff zur Türe und schon saß ich wieder in seinem Auto.

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