14. Ein Kieferbruch

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Patrick hatte sich vor mich gestellt und inspizierte mein Gesicht. Es war als würde er die richtige Stelle ausmachen, um mir mit einem Schlag möglichst viele Knochen zu brechen. Niemand hielt mich fest, da klar war, dass ich nicht mehr wegrennen würde.

Jakob hatte sich zu den Mädchen gestellt. „Besser ihr geht jetzt.", sagte er. Caroline warf mir einen gehässigen Blick zu.

„Okay.", sagte sie schließlich. „Komm Christine, gehen wir." Christine und die anderen Mädchen folgten ihr. Auch Dexter schien gemerkt zu haben, dass sein Platz nicht hier war.

„Du auch.", sagte Jakob zu Jenna.

„Ich denk' nicht mal dran.", warf sie giftig zurück.

Jakob sah ihr in die Augen und schwieg.

Patrick ginste. „Haltet sie fest."

William und Jakob packten mich an den Oberarmen. "Aber nicht zu fest.", sagte Patrick, "Es kann schon sein, dass ich sie mit meiner charmanten Art umwerfe." Alle drei lachten und ich spürte tatsächlich, dass William seinen Griff lockerte.

Patrick schüttelte selbstgefällig seine Hand aus. Oh Gott, er wird mir die Nase brechen. Er wird mir das Gesicht zertrümmern! Panik stieg in mir auf, aber ich versuchte es mir nicht anmerken zu lassen. Er war wie mein Vater, ein wildes Tier, zu wissen, dass ich Angst hatte, würde ihn erst wirklich aggressiv machen.

Angespannt presste ich meine Zähne zusammen und konnte gerade noch sehen wie Patrick ausholte - nur eben nicht mit der Handfläche sondern mit der Faust.

Sein Schlag fühlte sich an als hätte er mein Genick gebrochen und warf mich wirklich um. Etwas knackste. Selbst mein Vater schien es besser zu wissen, als mich so zu schlagen.

Ich stieß mit dem Kopf gegen den Beton. Diesen Sturz konnte ich nicht mit meinen Armen abfedern. Mein Kopf dröhnte und ich öffnete meine Augen, nur um meine blutige Nase zu sehen.

"Na? Habe ich zu viel versprochen?", fragte Patrick triumphierend und drehte sich einmal um die eigene Achse. Ich keuchte auf und krümmte mich.

„Los steh' auf!"

Ich kam nicht einmal auf die Idee seinem Befehl folge zu leisten. Sie würden mich krankenhausreif schlagen ob ich am Boden lag oder nicht, machte keinen Unterschied.

Jakob und William packten mich. Mit weniger Mühe als ich erwartet hätte, zogen sie mich hoch.

Patricks Augen funkelten gehässig. "Ich will ja nicht zu viel versprechen, aber es könnte sein, dass ich ihr mit einem Schlag den Kiefer breche. Ich habe es schließlich schonmal geschafft."

Ich hätte tausend Leben leben können und hätte trotzdem nicht verstanden, wie man mit jemandem wie Patrick befreundet sein konnte.

Nervös blickte ich durch die Runde wobei mein Blick auf Joshua fiel, der nun nicht mehr an dem Baum lehnte und rauchte, sondern auf uns zu kam. Ich schmeckte Blut in meinem Mund.

Patrick betrachtete konzentriert mein Gesicht. Ich schielte zu Joshua rüber, der nun keine zwanzig Meter mehr entfernt war. Ich hatte keine Wahl, alles oder nichts.

"Und. Patrick. Wie war es. Im. Knast?", presste ich hervor. "Ich hoffe. Du wurdest nicht, in der Dusche. In den Arsch. gefickt.", jedes Wort tat weh wie ein weiterer Schlag, vielleicht hatte Patrick doch schon meinen Kiefer gebrochen.

"Was hast du da gesagt?", fragte er und trat noch zwei Schritte näher an mich heran nur, um mich an den Haaren zu packen. Seine Augen waren groß wie Golfbälle.

"Was hast du gesagt?"

"Ich- ich. habe mal. so etwas. ge. hört.", presste ich hervor und schielte zu Joshua.

"Du scheiß Schlampe!", brüllte Patrick und schlug mir in den Bauch was mich zusammensacken lies. Hätten mich Dexter und Jakob nicht gehalten wäre ich einfach auf den Boden gefallen.

"Ich mach' dich kalt!", zischte Patrick, und packte mich mit seiner linken Hand am Hals. Das Blut schoss mir in den Kopf. Röchelnd schnappte ich nach Luft, die aber einfach in meinem Mund stecken blieb. Mit der rechten Faust holte Patrick aus und wollte mir gerade eine verpassen da hörte ich tatsächlich Joshuas Stimme. "Das reicht!" Er stellte sich neben uns und sah mich an. "Das reicht vollkommen."

"Ich sage wann es reicht.", zischte Patrick, mein Blick sprang zwischen den beiden hin und her und landete auf Jenna, die nicht so amüsiert aussah, wie ich erwartet hätte.

"Lasst sie los.", sagte Joshua unbeeindruckt.

Jakob verkniff sich was auch immer er sagen wollte und lies mich los. Auch William löste seinen Griff und ich wäre sicher zu Boden gesunken wenn Patrick nicht seine Finger in meinen Hals gekrallt hätte.

"Wir gehen.", sagte Joshua.

"Ich. bin. noch. nicht. fertig.", sagte Patrick mit bebender Stimme.

"Und wie du fertig bist." Joshua trat direkt vor ihn.

"Du scheiß Wichser.", zischte dieser und lies mich los. Ich sank sofort zu Boden und schnappte nach Luft.

Entsetzt stellte ich fest, dass ich Patrick nur noch in grauen Flecken wahrnahm. Provokant stieß er Joshua mit beiden Händen von sich.

"Gibt's ein Problem?", fragte er.

"Du bist mein Scheiß Problem, du mieser Hurensohn!"

"Ich würde gut aufpassen was du sagst."

"Sonst was?", fragte Patrick provokant und trat noch näher an Joshua nur, um ihn wieder von sich zu stoßen. "Sonst was?"

Joshua nickte und gab Patrick einen solchen Schlag, dass er neben mir auf den Boden fiel.

"Du elendiger Hurensohn! Du Hund!", schrie Patrick als er begriff. "Scheiß Bastard!"

Eine Hand auf seinem Gesicht stemmte er sich hoch. Er machte einen Schritt auf Joshua zu, aber Jakob war schneller und packte Patrick am Oberarm.

„Los gehen wir.", sagte William. „Er hat recht, Party ist zu ende."

„Du Mistkerl! Ich bring dich um!", fluchte Patrick und deutete mit ausgestrecktem Zeigefinder auf Joshua. „Merk dir meine Worte. Ich mach dich kalt." Er spuckte auf den Boden, drehte sich um und stapfte davon. Jenna warf mir einen gehässigen Blick zu und folgte den anderen.

Ich griff mir an meinen Kiefer und tastete mein Gesicht ab. Meine Nase war angeschwollen und ich traute mich kaum, sie zu berühren, aber nichts schien gebrochen zu sein. Mein Kopf dröhnte. Ich wischte mir mit meinem Ärmel das Blut aus dem Gesicht.

Joshua fuhr sich durch sein Haar und steckte sich eine Zigarette in den Mundwinkel. "Ich geb' dir vier Minuten Zeit, so lange brauche ich für die hier und dann solltest du von hier verschwunden sein.", sagte er und zündete die Zigarette an. "Ich würde meinen Arsch darauf verwetten, dass er noch einmal zurück kommt."

Ich rappelte mich auf und berührte vorsichtig meine Nase. Fast wäre ich hingefallen - die Welt schaukelt wild.

Joshua beobachtete mich und rauchte weiter. Ich hob meine Tasche vom Boden auf und taumelte zur Steintribüne neben dem Basketballplatz. Graue Punkte tanzten in meinem Blickfeld. In der ferne donnerte es. Ich ließ mich auf die unterste Stufe sinken.

„Ich weiß nicht, ob ich - ob ich mich bedanken oder dich hassen soll.", sagte ich und stütze meinen dröhnenden Kopf auf meine Hände.

„Nicht notwendig, ich hab das für Kyle getan."

„Verstehe", sagte ich und hatte plötzlich das Gefühl, mich übergeben zu müssen.

„Kyle ist ein Trottel wie du siehst, sonst wäre er heute hier gewesen und nicht weiß Gott wo." Joshuas Stimme klang seltsam dumpf. „Halt dich fern von ihm, das ist das einzige, das ich dir sagen werde. Halt dich fern von ihm, nicht wegen Jenna sondern deiner Vernunft wegen. Und egal was du tust, erwähne nicht, was heute vorgefallen ist."

„Ist das eine Drohung?"

„Du verstehst es nicht. Kyle wird sich immer für Jenna entscheiden. Solange er sie braucht, wird er sich immer für sie entscheiden."

Feel the painWo Geschichten leben. Entdecke jetzt