Kapitel 21

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Ich wälze mich hin und her, doch kann nicht schlafen. Diese lächerlichen 2 Sekunden. Sie waren entscheidend, doch kann ich einfach noch nicht fassen. Gewonnen. Dieses eine Mal haben wir es geschafft und das Risiko hat sich gelohnt. Während seinen Sprüngen war mein Hals wie zu geschnürt. Die Beiden sind geflogen und zwischen durch haben Sie getanzt. Wäre das ein Stil springen, hätten sie haushoch gewonnen. Doch das war es nunmal nicht und er ging kein Risiko ein. Vielleicht um dieses schöne Bild nicht zu zerstören. In dem Fall hätte seine Eitelkeit ihn den Sieg gekostet. Doch so ist es nunmal, wir waren zwei Sekunden schneller. Wir haben gewonnen verdammt. Scheiße ! Jetzt hängt alles von morgen ab. Die besten 5 treten im Gelände gegeneinander an und wer als erstes am Ziel ankommt, wird das komplette Turnier gewinnen, denn unsere Punkte liegen alle so nah aneinander, dass die letzten entscheidend sind. Auf dem Weg sind Outdoor Hindernisse verteilt. Dort bin ich dann ganz alleine. Keine moralische Unterstützung von Vicki oder Alex. Nichts, nur ich, Lenno und die anderen Reitern. Die mich Böse anschauen. Und dann ist da noch Ben und sein Traumpferd. Wenn ich jetzt nicht schlafe falle ich morgen vor Müdigkeit von Pferd.
Ich zwinge mich die Augen zu schließen und es funktioniert.

Einatmen. Ausatmen. Ich stehe an der Startlinie. Neben mir zwei Reiterinnen die ich nicht kenne. Zu meiner Verwunderung lächelt die eine mich an und wünscht mir Glück. Erleichtert lächle ich ihr zu. Die andere ignoriert mich völlig. Vor uns ist ein großer breiter Wiesenweg, so das locker 5 Pferde nebeneinander reiten können. Hinten erkennt man einen Wald. Der Weg wird mit Schildern und Bändeln beschrieben und an jedem Hindernis wird jemand stehen und sich kontrollieren.
Durch meine Gedanken schießen die Wörter von Alex. Bleib ruhig und konzentriert! Düse nicht sofort los! Und verdammt nochmal hör auf zu zittern. Dabei lachte er mich aus.
Klatsch , der Starrschuss. Ich spüre wie ein zucken durch mein Pferd läuft, bis durch mich durch. Aus dem Stand galoppieren wir an. Gesittet aber schnell. Noch sind alle gleich auf. Bis sich ,die rechts von mir, sich nach vorne kämpft.
Wir kommen am Wald an. Eine Reihenfolge hat sich ausgegliedert. Ganz vorne das Mädchen von Rechts, daraufhin Ben mit Dreamdancer. Ich kann die bemuskelte Hinterhand direkt vor mir sehen. Mit welcher Kraft sie sich von der Erde abstößt und dabei trotzdem die Eleganz behält. Hinter mir sind die anderen zwei, doch ich traue mich nicht, mich umzudrehen. Als wir den Wald betreten zieht der Geruch von nassem Laub und Moos durch meine Nase. Der Gruch erinnert mich an zu Hause, an die vielen Male die ich mit Alex für dieses Rennen geübt habe, alle Tricks die er mir verraten hat. Genau diese befolge ich jetzt, wir bleiben im Windschatten von Ben und Dreamdancer. Wie ziehen um die Ecke, als das erste Hindernis in Sicht kam. Ein großer Baumstamm, mit der Nummer eins markiert. Daneben steht ein Mann mit Klemmbrett, der unsere Sprünge beobachtet und notiert. Ich lehne mich zurück und vergrößere den Abstand  zu Ben, um ohne Schäden über das Hindernis zu kommen. So geht das weiter. Lenno hat sein Tempo gefunden und hält locker mit. Ben hat mittlerweile bemerkt, was wir vor haben und versucht uns durch immer wieder wechselnde Geschwindigkeit zu verwirren. Doch das gelingt nicht. Wir sind auf  einem langen Feldweg, der sich mehrere hundert Meter entlang streckt. Neben uns sind Mais und Weizen Felder. Langsam zeigt sich der Hof in der Ferne. Mein Herz schlägt schneller. Lenno merkt das und spitzt die Ohren. Auch Ben hat das Ziel fest im Blick und fängt an zu beschleunigen. Die hinter uns fallen zurück, das Tempo können sie nicht halten. Das Ziel rückt immer Näher. Momentan sieht es so als ob wir das vorderste Pferd nicht einholen würden, doch dieser Eindruck änderst sich innerhalb von Sekunden. Mit einem riesigen Satz, springt das schöne Tier im Kreuzgallopp durch die Gegend. Ich höre die Reiterin schimpfen.
"Ich hab keine Lust mehr, verdammt nochmal !"
Ihre Stimme ist schrill und klingt verzweifelt. Dann tut sie etwas, war mich komplett aus der Bahn wirft. Mit einem Satz schwingt sie sich von Sattel und hält mich den Zügel das Pferd fest. Geschockt, drehe ich mich zu ihr um, als wir im Affentempo an ihr vorbeiziehen. Auch Ben scheint verwirrt, doch konzentriert sich schnell wieder aufs Ziel, so wie wir auch. Noch eine Kurve, dann die letzte Gerade zum Ziel. Ich rufe Lenno zur Ordnung, der immer noch nach dem anderen Pferd schaut. Mit drei Galoppsprüngen gleiten wir um die Kurve. Jetzt gilt es. Ich gebe meinem großen Schwarzen die Hilfen links an ihn vorbei zu gehen. Er setzt an. Seine Schritte werden größer und ich spüre wie die Energie durch seinen Körper fließt. Er strengt sich an und schmeißt die Beine durch die Luft. Immer näher rücken wir. Immer näher rückt das Ziel. Immer weniger Zeit bleibt uns noch. Immer mehr spüre ich das Adrenalin durch meine Adern pulsieren. Dann schaue ich hoch. Sehe ihn, angestrengt auf seinen Pferd sitzen. Purer Ehrgeiz in den Augen. Und mein Herz bleibt stehen. Er schaut mir kurz in die Augen, wahrscheinlich waren es nur Sekunden, um abzuchecken wie nah ich ihm komme, doch war ich sehe, erschrickt mich.
Sieg, in seinem Gesicht erkenne ich den Willen zu siegen. So starr, strickt und Zeil sicher. Das bewundert und erschrickt mich gleichermaßen, denn diesen Gesichtsausdruck kenne ich nur zu gut. Und zwar von mir selbst.
Reiß dich zusammen!
Schreie ich mich selbst an.
Ich nehme die Zügel mehr auf und legen mich nach vorne. Mein Blick ist starr nach vorne gerichtet. Ich sehe die bunten Fahnen und die Menschenmenge, die sehnsüchtig auf den Gewinner warten. Die letzten Meter. Noch lügen wir hinter ihnen, doch Lenno legt nochmal einen Zahn zu. Stück für Stück kommen wir näher, auch das Zeil rückt in greifbare Nähe. Ein paar Zentimeter, ich treibe Lenno an. Doch es passier nichts. Nein ! Weiter! Ich treibe wieder. Nichts. Lauf, Lauf doch bitte ! Verzweiflung. Angst. Frustration.
Dann das Ziel, mit einer Nasenlänge Abstand, kommt Ben vor uns ins Zeil. Er hat gewonnen.

Der Weg ins NichtsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt