Chapter 4

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Da ist doch etwas faul!, dachte ich mir und meine Augen sprachen Bände, denn Aron nickte langsam, bevor er sich hinsetzte.

Gut. Das Buch war noch in der Tasche und Josh war weg, aber was tun? Sicher würde er uns nach der Schule nicht in Ruhe lassen! Wir brauchten einen Plan, jedoch als Allererstes eine Gelegenheit, diesen Plan auszuhecken.

Keine fünf Minuten nach Unterrichtsbeginn kam mir die, meiner Meinung nach, entscheidende Idee. Kurz warf ich Aron einen Blick zu, den er sofort verstand (er sah eh viel öfter zu mir als zur Tafel), und fragte so scheinheilig, wie es mir nur möglich war: „Darf ich zur Krankenschwester? Ich habe schreckliche Kopfschmerzen.“ Eine Hand hatte ich demonstrativ auf meine Stirn gelegt und gab mir alle Mühe, leidend zu wirken.

Einen Moment musterte der Lehrer mich misstrauisch, nickte dann jedoch. „Such dir jemanden, der dich begleitet“, sagte er routinemäßig und wollte schon zurück zum Thema kommen, als Aron und Marvin gleichzeitig und eindeutig lauter als notwendig riefen: „Ich mache das!“

„Na, na. Nicht beide auf einmal“, wandte der Lehrer leicht verwundert ein. Marina zwinkerte mir zu, aber mir blieb nicht mal Zeit, das Missverständnis klarzustellen, bevor Marvin auch schon neben mir stand und einen Arm schützend um meine Schulter legte.

„Ich begleite sie, nicht wahr, Dora?“

„Ähm …“, begann ich, als Aron mir auch schon ins Wort fiel.

„Du hast sie das letzte Mal zur Krankenschwester gebracht! Diesmal bin ich dran!“

„Was?“, fragte Marvin verärgert, den Arm immer noch um meine Schulter gelegt.

„Ähm, nicht zu erwähnen, dass ich damals überhaupt nicht zur Krankenschwester gekommen bin. Stichwort 'Bank auf dem Pausenhof´“, warf ich leise dazwischen, was mir einen tödlichen Blick von Marvin einbrachte. Aron grinste triumphierend.

„Tschüss, Marvin. Wir gehen dann.“ Aron winkte, wurde jedoch von Marvin festgehalten.

„Moment! Dora will natürlich mit mir gehen!“, warf Marvin ein, was ihm einen abschätzenden Blick von Aron einbrachte.

„Irrtum. Dora will natürlich mit mir gehen.“

Da rollte der Lehrer genervt die Augen. „Dora, mit wem willst du gehen?“, fragte er in einem Macht-Dass-Ihr-Rauskommt-Tonfall.

„Mit A…hmpfmpfh!“ Blitzschnell hatte Marvin meinen Mund zugehalten und zog mich Richtung Tür.

„Das klang aber nach 'Aron´“, warf jemand ein.

„Ach was! Da waren viel mehr Ms dabei!“, protestierte Marvin, eine Hand an der Türklinke, die andere auf meinem Mund. Aron hatte ihn am Kragen gepackt, aber das kümmerte ihn nicht.

„Raus, und zwar alle drei!“, befahl der Lehrer. „Dieses Theater ist ja nicht auszuhalten! Wie im Kindergarten!“ In diesem Moment befreite ich mich aus Marvins Griff und rannte zurück zu meinem Platz.

„Sag bloß, die geht’s jetzt wieder gut“, sagte der Lehrer. Wenn Worte töten könnten, bestünde die Klasse jetzt nur noch aus Leichen.

„Ach, wollte nur meine Tasche holen!“ Eilig lief ich hinter Aron und Marvin her. Dass Mikes Gesicht sich verfinsterte, konnte ich sogar aus den Augenwinkeln sehen. Heute würde er wohl nicht mehr meine Tasche turteln können.

„Dir ist schon klar, dass du ein bisschen in unserem Plan rumpfuschst?“, fragte ich Marvin, als wir das Klassenzimmer hinter uns gelassen hatten.

„Hm, eigentlich schon. Umso lieber komme ich mit.“ Er schenkte uns ein breites Lächeln und schlenderte weiter. „Warum müsst ihr euch auch quer stellen? Alles könnte viel einfacher sein, wenn wir zusammenarbeiten würden.“

Das letzte Tor - Kein ZurückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt