Chapter 29

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Leider schienen sich meine schlimmsten Befürchtungen zu bewahrheiten. Wir wurden einzeln abgeführt, gefesselt und in ein muffiges Kellerloch gesteckt. Zum Glück steckte man uns alle zusammen in ein Kellerloch, aber das lag wahrscheinlich weniger an der Gutherzigkeit unserer Nachbarn, sondern eher daran, dass man Wachtposten sparen wollte.

Da man uns ja von Kopf bis Fuß eingeschnürt hatte, hätte wahrscheinlich ein Wächter gereicht, aber zur Sicherheit blieben trotzdem zwei zurück.

Kurze Zeit später prahlten die beiden Wächter mit ihren Heldentaten, während wir mit finsteren Gesichtern in einer Reihe an der Wand hockten.

Das Geprahle ging uns ziemlich auf die Nerven und so waren wir beinahe erleichtert, als nochmal jemand hineinkam.

„Dass ihr für solche Memmen überhaupt unsere Hilfe gebraucht habt“, knurrte der Verbrecher, der der Anführer zu sein schien.

„Warum ist der denn noch mal zurückgekommen?“, wisperte einer unserer Wächter missgelaunt.

„Was flüstert ihr da?“, raunzte der Anführer.

„Nichts, nichts.“

„Bratpfannen und ein Messer, das waren ihre einzigen Waffen. Wie jämmerlich. Und natürlich der Schrank. Nicht zu vergessen der Schrank.“

„Ja, Boss.“

„Ich will damit sagen: Wenn ihr Taugenichtse noch einmal meine Hilfe braucht, könnte ich denken, ihr wäret überflüssig.“

„Verstanden, Boss.“

„Ich hoffe doch, ihr habt wenigstens euern Job heute schon in die Wege geleitet?“, fragte der Anführer drohend.

„Ja, Boss. Wir haben bereits vier Leute losgeschickt. Sie müssen nur noch ein paar Tanzpaare abfangen und ihnen die Eintrittskarten rauben.“

„Und sie beseitigen.“

„Was, die Eintrittskarten?“

„Die Tanzpaare natürlich!“, brüllte der Anführer. Dann fuhr er in einem Wispern, das noch gefährlicher klang, fort: „Denn keiner von uns will, dass es heute Nacht Ärger gibt.“

„Ich will euch ja nicht stören“, begann ich, als mir etwas Schreckliches zu dämmern begann. Oder etwas verdammt Geniales. Sophie musste dabei sein. War es wirklich so wichtig, welche Verbrecher sie zum Ball begleiteten? Wenn wir Glück hatten, würde die Welt doch nicht untergehen.

„Du störst uns so gut wie gar nicht“, sagte der Anführer leise und lauernd. „Fahr fort, kleine Doppelgängerin.“

„Ihr sagtet, ihr habt zwei Tanzpaare überfallen, mit dessen Eintrittskarten ihr dann reinkommt.“

„Allerdings. Zumindest werden wir sie bald überfallen haben“, fügte der Wächter leise hinzu.

„Aber ihr habt nur ein Mädchen. Wer bildet das zweite Paar?“

„Du auf jeden Fall nicht, falls du das hoffst“, raunzte der Anführer ungehalten. Dann fiel sein Blick auf Sophie und ein leises Lächeln schlich sich auf sein Gesicht.

„Ach, keine Sorge Boss. Dieses Problem haben wir schon längst beseitigt. Ein nettes Straßenmädchen hat sich für ein bisschen Zaster bereiterklärt, mitzuhelfen. Äußerst hilfsbereit war sie, in der Tat.“

„Ah. Langsam bekomme ich den Eindruck, ihr seid doch zu was nutze. Wie habt ihr nachgeholfen?“, fragte der Anführer mit einem bösen Lächeln.

„Wir haben ihre Ratte.“

„Wie süß. Habt ihr das Viech schon ersäuft?“

„Noch nicht.“

„Tut es nicht!“, schrie Sophie in diesem Moment.

„Warum denn nicht?“, fragte der Anführer mit einer nahezu öligen Stimme.

„Ach, das Mädchen ist nur eine Tierfanatikerin“, lächelte Dennis milde. „Ich wette, ihr größter Wunsch ist ein Pony.“

Sophie wurde rot vor Wut, sagte jedoch nichts mehr. Nur an dem Anflug eines Lächelns, als die Verbrecher wegschauten, erkannte ich, dass sie nur spielte. Und um ehrlich zu sein: Sie spielte ziemlich überzeugend. Das Rattenthema fiel nämlich nicht mehr.

Schließlich verschwand der Anführer und zurück blieben nur noch die beiden Wächter, die wieder von Neuem anfingen, zu prahlen.

„Als wir so alt waren wie du“, sagten sie nach einer halben Stunde Angeben, in der sie sich schon ziemlich reingesteigert hatten, zu Sophie. „Hatte jeder von uns bereits so viel gestohlen, wie dein reicher Papi besitzt. Aber das kannst du dir natürlich nicht vorstellen.“

„Wie schön für euch, ihr Superhelden. Trotzdem kann ich den Eindruck nicht abschütteln, dass es gerade ein paar Probleme mit dem Boss gibt“, sagte Josh so normal und unprovozierend wie nur möglich.

„Nur geringe Probleme. Kein Grund zur Sorge“, meinte einer der Wächter, der mit seinen Gedanken wahrscheinlich immer noch in den Wolken schwebte.

„Sicher. Und doch scheint mir euer Job nicht angemessen für so talentierte Burschen wie euch“, sprang Dennis bei, der Joshs Plan sofort geschnallt hatte.

„Wie meinst du das?“, zischte der andere Wächter missgünstig.

„Ihr wäret in der Lage den ganzen Laden, ähm, ich meine, die ganze Villa alleine zu leeren, aber stattdessen lassen sie euch hier als Wächter zurück.“ Sophie klang tatsächlich ehrfürchtig und verwundert, als würde sie den beiden Wächtern jedes Wort glauben.

„In der Tat. Wir wären durchaus in der Lage, diese Villa auszurauben, bevor einer von diesen reichen alten Knackern überhaupt merkt, dass wir da sind“, prahlte der eine Wächter.

„Wie wahr, wie wahr“, stimmte der andere zu. „Nur, dass es mir nicht gefällt, wenn Gefangene so reden. Auf was wollt ihr hinaus?“

„Du hast einen scharfen Verstand“, sagte Dennis ernsthaft. „Wir wollen einen Deal. Sagen wir, den besten, den ihr kriegen könnt.“

„Spar dir deinen Sarkasmus, du Lümmel.“

„Ich verbitte es mir, Lümmel genannt zu werden“, murrte Dennis.

„Der Deal ist folgender“, übernahm Aron, da Dennis ja gerade schmollte. „Ihr lasst uns frei, und als Gegenleistung …“

„Als Gegenleistung bringen uns unsere eigenen Leute um, was?“, entgegnete der Wächter.

„Als Gegenleistung geben wir euch all unser Geld, eine sichere Fluchtmöglichkeit aus der Stadt und somit eine … Perspektive“, sagte Josh. „Sowie eine Verkleidung natürlich. In eurer Gangsterkluft fallt ihr sofort auf.“

„Kann es sein, dass das Geld sowieso uns ist?“

„Eurer Gangsterbande vielleicht. Aber nicht euch.“

„Nicht zu erwähnen, dass wir stinkreich sein werden, wenn dieser Auftrag erledigt ist. Im Keller von diesem Ballhaus steckt ein Vermögen“, erinnerte uns einer der Wächter.

„Von dem ihr wahrscheinlich nicht allzu viel sehen werdet“, merkte Dennis an und die finsteren Falten auf den Gesichtern der Wächter bestätigten seine Worte.

„Wir müssen uns beraten. Aber wenn einer von euch in dieser Zeit einen Fluchtversuch anzettelt, platzt der Deal, kapiert?“, sagte einer der beiden Wächter. Der andere nickte bedeutsam im Hintergrund.

„Kapiert“, sagte Josh.

Nach keiner Minute kamen die beiden Wächter zurück, zuckersüß lächelnd.

„Euer Deal klingt gut. Wir nehmen ihn an. Wir würden euch auch gerne die Hand darauf geben, nur sind eure leider gefesselt. Schade, schade.“

„Lassen wir die Formalitäten. Sie bedeuten euch ja sowieso nichts“, sagte Dennis. „Beeilen wir uns besser, wir haben nicht mehr so viel Zeit.“

„Ja, wir auch nicht.“ Die beiden Wächter grinsten sich an, auf eine leicht tückische, verschlagene Art und Weise. Langsam fragte ich mich, ob ich mir wirklich Hoffnung machen konnte. Irgendwie unwahrscheinlich. Aber es war unser einziger Plan. Und deshalb musste es unser bester sein, sonst würde er ziemlich schnell zu unserem letzten werden.

Das letzte Tor - Kein ZurückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt