Chapter 18

711 27 2
                                    

Die anderen warteten bereits ungeduldig, als wir Positionen bezogen. Ich suchte mir einen Platz, von dem aus sich diverse Fluchtwege boten, und blieb, halb beleuchtet vom Sonnenlicht, stehen.

Marvin blieb neben Dennis stehen, wo er mit erhobenem Messer darauf wartete, dass sich die Rampe öffnete. Auf der anderen Seite, ebenfalls mit einem gefährlich langen Messer bewaffnet, stand Aron, der wie seine beiden Kameraden gut im Schatten getarnt war. Wir gut, dass überall alte Maschinen und Trümmerhaufen Deckung boten.

„Ich bin fertig!“, raunte Sophie und verschwand unter einer halb umgekippten Kiste, die wohl zu einer merkwürdig wirkenden Maschine gehört hatte. Bei der Maschine handelte es sich um ein großes Teil aus Holz, das durch Kurbeln und vielleicht auch mit Zugochsen bedient worden war, wie all die Geräte hier. Bestimmt war das High-Tec für diese Welt.

Dennis nickte mir zu. Es konnte losgehen.

Wieder begann ich zu zittern und meine Finger waren schweißnass, aber das machte nichts. Diesmal würde ich nicht irgendwo vor Schreck kollabieren, diesmal würde ich meine Rolle meistern, jawohl!

Irgendwo aus den hintersten Winkeln meines Gehirns kratzte ich einen Mut hervor, von dem ich nicht einmal gewusst hatte, dass ich ihn besaß, und brachte den Bretterstapel neben mir zum Einsturz.

Laut fluchend fiel ich auf den Boden und schrie einmal, nur um sicherzugehen, nicht überhört zu werden.

Dann öffnete sich die Rampe, und noch während ich taumelnd auf die Beine kam und ins Licht stolperte, kamen drei Männer die Rampe hochgerannt.

„Was zum Teufel …“, begann der eine und blieb keine fünfzehn Meter von mir entfernt stehen. Am liebsten wäre ich jetzt auf der Stelle umgedreht und hätte das Weite gesucht, aber Dennis, Marvin und Aron hatten gerade mal lautlos die Seile gekappt und schlichen nun los.

„Verdammt!“, fluchte ich und sah mich hektisch um, dabei würde ich die Fluchtwege höchstwahrscheinlich sogar mit geschlossenen Augen finden.

„Das ist sie!“, knurrte einer der Männer.

„Wie ist dieses kleine Biest entkommen?“

„Ich habe doch gesagt, sie ist viel zu gerissen, um sie unbewacht zu lassen!“

Dennis war inzwischen verschwunden, Aron verdünnisierte sich hinter der nächsten Ecke und auch von Marvin war keine Spur mehr zu sehen. Sie waren drinnen. So weit so gut.

Also nahm ich die Beine in die Hand und rannte um mein Leben. Obwohl ich so schnell rannte, wie ich konnte, schnitt einer der Männer meinen Weg ab und ein zweiter griff nach mir, als weiter hinten in der Fabrik eine der riesigen Maschinen in sich zusammenbrach und einen ganzen Stapel halb vermoderter Holzreifen mit sich riss.

Danke, Sophie!, dachte ich, nutzte den Moment, in dem die drei Männer abgelenkt waren, und floh unter einer bizarren Vorrichtung durch. Auf der anderen Seite angelangt schlug ich meinen Weg im Zickzack durch die gesamte Fabrik, jagte durch teilweise eingestürzte Gänge, was oft in Klettern anstatt Rennen resultierte und stolperte an Trümmerhaufen vorbei.

Ich war kleiner und flinker, aber meine Verfolger waren stärker und ausdauernder, und ich konnte mich nicht in unser Geheimversteck zurückziehen, bevor Dennis und Co mit Josh zurück waren.

Zwar schüttelte ich zwei der Männer ab, und Sophie gelang es, sie durch einen erneuten Einsturz in einem Gang einzusperren, aber das half mir auch nicht mehr viel, als der dritte Mann mich zu fassen bekam.

Ich schlug um mich wie ein wildes Tier, aber für den Mann war es ein Leichtes, mich in eine schmerzhafte Lage zu bringen. Knurrend und zugleich leise schreiend vor Schmerz kniete ich auf dem Boden, während die Knie des Mannes schmerzhaft in meine Waden drückten und er meine beiden Arme auf den Rücken gedreht hatte. Immer weiter senkte ich den Oberkörper, um dem Schmerz zu entgehen, bis er auf dem Boden lag, aber der Mann ließ nicht locker.

Nun hielt er mit einer Hand meine Arme fest und holte mit der anderen ein Seil hervor, das er begann, um meine Handgelenke zu wickeln. Hätte ich mich wehren können, hätte ich es sicher getan, aber meine Wange war fest auf den Boden gedrückt und Blut lief meine Backe hinunter. Je mehr ich versuchte, die Arme loszureißen, desto mehr schrammte ich meine Wange auf, aber das kümmerte den Mann nicht.

„Dieses Mal entkommst du uns nicht mehr“, drohte er mir, und ich war schon bereit, ihm zu glauben, schon der Meinung, dass alles umsonst gewesen war, als ich Sophies Stimme hörte.

„Lass sie gehen. Sofort. Ich wiederhole mich ungern.“ So bedrohlich hatte ich ihre Stimme noch nie gehört, trotzdem war ich verwundert, als der Mann mich prompt losließ.

Schnell sprang ich auf die Beine und sah, dass Sophie ihm einen äußerst spitzen Holzpfahl in den Rücken drückte.

„Wo hast du den denn her?“, fragte ich interessiert und zog dem Mann gerade noch rechtzeitig das Messer aus dem Gürtel, bevor er es nehmen konnte.

„Nicht schlecht, was?“, sagte Sophie stolz. In diesem Moment war lautes Poltern zu hören, und Dennis Stimme echote durch die gesamte Fabrik.

„Weg hier! Nichts wie weg hier!!!“

Ohne zu zögern ließen wir den Mann stehen und rannten los. Da ich jedoch keine begnadete Sprinterin war, musste ich mich noch einmal umdrehen, damit der Mann mich nicht zu fassen bekam.

„Zurück!“, fauchte ich leise und fuchtelte mit dem Messer unter seiner Nase herum. „Noch weiter. … So ist’s gut.“

Dann flitzte ich hinter Sophie her, die bereits zu Dennis und Josh aufgeschlossen hatte. Aron und Marvin rannten voraus, mindestens sieben Männer in Schwarz waren ihnen besorgniserregend dicht auf den Fersen. Hätte ich nicht immer noch wie wild mit dem Messer gefuchtelt, hätten sie mich sicher geschnappt, aber so schlitterte ich gerade noch rechtzeitig durch die Tür und landete keuchend in unserem Geheimversteck, auf das das Wort „geheim“ schon lange nicht mehr zutraf.

Dennis und Josh warfen sich, kaum, dass ich drinnen war, gegen die Tür, während Marvin sich den Riegel schnappte und ihn beim zweiten Versuch in die Halterung bekam, obwohl sich die Männer auf der anderen Seite kräftig dagegen warfen.

Dann nagelten wir die Tür komplett zu, und ich kam nicht drumherum, zu bewundern, wie professionell Dennis, Josh und Marvin waren. Ob sie solche Verfolgungsjagden schon öfters durchgestanden hatten? Schließlich waren sie echte Verbrecher, die zwar nicht sonderlich Furcht einflößend, aber deshalb noch lange nicht unfähig waren.

„Jetzt sind wir wieder komplett“, seufzte Dennis, als wir keine Nägel mehr hatten und die Tür mehr als nur gut verschlossen aussah. „Und hungern müssen wir auch nicht mehr.“

„Echt nicht?“, fragten Sophie und ich wie aus einem Mund und grinsten uns dann verlegen an.

„Ach, wo wir eh schon mal da waren, haben wir ihrer Küche gleich einen Besuch abgestattet. Heute Abend machen wir das Festmahl, so viel steht fest.“

„Oh, und mir ist während meiner Gefangenschaft nicht nur ein bisschen Essen in den Magen, sondern auch eine Menge Geld in die Tasche gerutscht“, lächelte Josh zufrieden. „Wir müssen unseren Nachbarn wirklich dankbar sein.“

„Ja“, stimmte Dennis ihm ausgelassen zu. „Danke für das Essen, meine Freunde. Es ist viel besser als das, was ihr uns weggenommen habt.“

Das letzte Tor - Kein ZurückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt