Kapitel 25- Angst

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Sams POV

Mehrere Sekunden war es totenstill. Nichts passierte. Weder die Engel bewegten sich, noch löste sich der Fluch. Hatten wir etwas falsch gemacht? War es der falsche Spiegel? Oder hatte Medusa eine falsche Medusa geschickt und saß jetzt in ihrem sicheren Versteck und lachte hämisch über unsere Dummheit?

Ich hatte versagt. Offensichtlich! Ich hatte versagt! Ich hatte Gabriel zwei Mal sterben lassen und nun endete mein Leben auch hier. Wusste Gabriel es von Anfang an? Erfüllte er mein Schicksal an dieser Stelle? ... Aber wenn Gabriel jetzt hier starb, wie konnte er dann in der Zukunft dafür sorgen, dass wir genau jetzt hier starben?

„Scheiße, warum funktioniert das nicht?! Komm schon, es muss funktionieren! Medusa ist tot! Und Gabriel und ich sind auch gleich tot!", fluchte ich laut. Verzweifelt drehte ich mich so gut es noch ging zu Gabriel um. Was ich sah gefiel mir überhaupt nicht: In der Sekunde, in der ich mich zu ihm drehte, begann Gabriel Risse quer über den Stein zu bekommen. Die stille Drohung, dass Gabriel in binnen von wenigen Sekunden zerschellte, wurde wortlos ausgesprochen.

„Nein! Das kann nicht dein ernst sein!", schrie ich Gott so laut ich konnte an. Ich wollte, dass er mich hörte. Dabei war es mir egal, ober der Chuck aus dieser Zeit oder in der Zukunft mich hörte, Hauptsache, er hörte mich: „Mach es rückgängig! Das kannst du nicht machen!", das Band in meiner Brust begann schmerzhaft zu ziehen. Ich konnte mich nicht mehr zu Gabriel bewegen, ihm nicht helfen und ich hatte Angst ihn zu verlieren: „Mach den Fluch rückgängig! Nimm mir einmal nicht alles, was ich habe! Einmal!", die Risse auf Gabriels Körper wurden mit jeder Sekunde mehr, das Band zog sich immer mehr zusammen so, dass ich vor Angst und vor Schmerzen anfing lauter zu schreien: „Nein! Nicht sterben! Gabe, tu mir das nicht an. Bitte... bitte!", flehte ich verzweifelt, ich richtete meine Blick erneut nach oben: „Ich schwöre dir, wenn du mir Gabriel nimmst, dann jage ich dich bis du es bereust!", ich musste inzwischen auf die Knie gehen, das Band zerrte so sehr, dass es sich anfühlte, als würde es reißen. Auch, wenn das hier nicht der Gabriel war, mit dem ich mich gebunden hatte, den ich so sehr liebte, schrie ich weiter, flehte Chuck an, dass er etwas tun sollte. Nichts passierte. In der Ganzen Panik hatte ich nicht bemerkt, wie der Stein von mir abplatzte. Ich bemerkte auch nicht, dass ich zu Gabriel gekrochen war und nun verzweifelt mit den Händen versuchte, die Risse aufzuhalten.

Scheiße, Sam ich - hab dich immer geliebt. Sogar hier und jetzt, also... werde glücklich., mit diesen Worten platzte Gabriel und begann unglaublich hell zu leuchten. Ich presste Gabriel an mich, während die Schmerzen an ihrem Höhepunkt angelangt waren. Es war mir egal, ob ich von Gabriels unglaublich hell ausbrennender Gnade blind werden würde.

„Nein... Nein! Verabschiede dich nicht so von mir, du Arschloch! Bitte nicht! Gabe, bitte nicht! Ich liebe dich doch! Ich kann und will dich nicht verlieren! Ich will gar nicht ohne dich glücklich werden, weil du das bist, was mich glücklich macht!", ich konnte nicht weiter sprechen, die Tränen, die meine Wangen herunter liefen, nahmen die Worte mit sich und versickerten gemeinsam im Boden. Dazu betäubte mich der Schmerz zu sehr, der verkündete, dass unser Pseudoband gerissen war. Ich spürte in diesem Moment nichts als Schmerz und wollte mir nicht vorstellen, wie es war, wenn das richtige Band auch gleich noch brechen würde.

Gabriels Überreste fielen in meinen Armen zusammen, wie ein nasser Sack. Die Stille war ohrenbetäubend laut.

Gabriel war zersprungen, wie eine Vase, die auf den Boden aufprallt. Jedenfalls war dies das Bild, was sich in meinen Kopf brannte. Es war dieses Bild, an das ich glaubte und was mir so absolut erschien, dass ich alles anschrie und verfluchte, was uns in der Sekunde der Not so furchtbar alleine ließ, die Hilfe verweigerte, die wir so dringend gebraucht hätten. Ich schrie, bis meine Stimmbänder irgendwann wund geschrien waren und ich nichts anderes tun konnte als  mit zusammen gekniffenen Augen lautlos zu schluchzen, Gabriels toten Körper an mich gepresst. Ich wollte ihn nicht verlassen, wollte nicht zurück in meine Zeit. Gabriel war da und hier tot, ich müsste nun für immer ohne ihn leben.

Umso mehr überraschte es mich, als sich die Überreste in meinen Armen bewegten, die ich so sehr wie meinen Augapfel hütete. Dann sprachen die Überreste plötzlich. Sie waren leise und schwach, formten aber eindeutig Worte:

„S-Sam? Du... Heulst ja wie ein Mädchen.", er hustete Staub aus und seine Lippen formten sich zu dem typischen, frechen Grinsen. Ich konnte die ersten Sekunden nichts anderes tun, als zu starren, ich vergaß wie man sprach. Dann aber begann mein Gehirn wieder zu arbeiten. Wenn Gabriel sprechen konnte...

„Gabe? Du lebst... Oh Gott sei dank! Ich dachte du wärst tot!", meine Erleichterung war unverkennbar.

„Ich doch nicht. Was redest du?", langsam schauten mich die goldenen Augen an, er hob provozierend die Augenbraue und hörte nicht auf sein Trickstergrinsen zu grinsen: „Du zweifelst also an mir."

„Nein... Ich zweifle nicht, es hat sich nur so angefühlt als seist du gestorben.", verstohlen wischte ich mir die Wangen mit dem Ärmel trocken. Zu gerne würde ich ihn küssen, aber das war nicht mein Engel. Der Engel, den ich küssen durfte, wartete hoffentlich auf mich: „Das Band hat sich so angefühlt als würde es reißen."

„Das Pseudoband ist gerissen. Du kannst jetzt nach Hause zurück. Du hast den Fluch gebrochen, es ist vorbei.", Gabriels Worte ließen mich erleichtert ausatmen. Wir hatten nicht versagt. Der Fluch war gebrochen, Gabriel war endlich gerettet. Plötzlich freute ich mich wieder auf Zuhause. Es klang wieder einladend, ich wusste, dass jemand auf mich warten würde und nicht tot war.

„Nach Hause hört sich schön an. Danke Gabe, für alles. Danke für deine Hilfe. Und egal was du tust, du tust das richtige. Glaub mir.", ich ließ ihn mit einem leichten Lächeln los, half ihm aber noch in eine stehende Position.

„Das hattest du schon gesagt. Ich werde dich vermissen, Idiot. Wirklich schnulzig vermissen und jetzt verpiss dich endlich.", er hob die Hand und schnipste einmal. Als ich das nächste Mal blinzelte, fand ich mich in meiner Zeit, in meinem Zimmer im Bunker wieder. Alles war, wie ich es verlassen hatte: Die zerwühlten Bettdecken, die leere Flasche Whiskey, mit der ich mich betrank und die achtlos in die Ecke geworfene Kleidung lag immernoch an ihrem Platz. Dean hatte dieses Zimmer wahrscheinlich nicht betreten. Heimlich hoffte ich, dass ich nur eine Nacht weg war. Etwas sagte mir aber, dass Monate vergangen waren.

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Hier wie versprochen Kapitel Nummer zwei für heute. Sam hat es doch geschafft und jetzt ist wieder alles gut! Aber die Geschichte neigt sich jetzt doch dem Ende zu. Ich weis nicht, ob es nur noch der Epilog wird, oder ob ich noch ein oder zwei Kapitel schreibe. Mal sehen ^^

Übrigens, wenn ihr einen guten Thriller lesen wollt, dann empfehle ich euch „Acht Nacht" von Sebastian Fitzek. Ich möchte nicht zu viel verraten, aber es handelt sich um ein Gedankenexperiment, was in die Realität umgesetzt wurde und zum Albtraum derjenigen wird, die ausgelost werden.

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