30. April 2017

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30.April 2017

Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll.
Ich weiß nicht, wie es so weit kommen konnte.
Ich weiß nicht, wie ich damit klarkomme, wie ich das eigentlich ertrage.

Die Lage zwischen uns besserte sich nicht. Er blieb verschwunden, ich ahnungslos.
Drei Tage hörte ich rein gar nichts von ihm, irgendwann schrieb auch ich nicht mehr, war es Leid um diese Aufmerksamkeit zu betteln. Auch wenn es weh tat, ich unterdrückte den Drang zu sehen, ob er online war, und verdrängte die Gedanken an ihn.
Ja, ich fing an das blau-grüne Farbenmeer zu unterdrücken, es zu schwächen.
Ich wollte die Macht zurück.
Es war mein Kopf, meine Welt. Und es sollte nun endlich wieder nur meiner sein.

Anfangs der erneuten Ignoranz, als die Verlustängste bestimmten den Schmerz in mir wieder aufflammen zu lassen, mich leiden sehen zu wollen, erinnerte mich alles so sehr an damals.
Er ignorierte mich, war online, schrieb aber nicht.
Und ich bettelte um Aufmerksamkeit, lief ihm hinterher.
Und als ich mich an den Verlauf des Herbstes erinnerte, mir klar wurde, was ich eigentlich ertragen hatte, wie dumm und naiv, wie blind vor Liebe ich doch sein konnte, fasste ich einen Entschluss:
Nicht noch einmal.

In diesem Moment war es wie eine Explosion in meinem Kopf. Ein inneres Glühen zerstob in alle Richtungen, färbte alles, was bunt gewesen war, in ein reines, kaltes weiß.
Wie auf Knopfdruck, als hätte man einen Schalter umgelegt, wurde es still. Es gab keine Farben, die sich umherjagten, tanzten, keinen Stimmenchor, der wisperte, sang oder schrie. Es gab nur dieses stille, ruhige weiß.
Und ich mochte es.
Ich hatte die Kontrolle zurück, fühlte keinen Schmerz mehr.
Ich hatte das blau-grüne Heer besiegt. Und hatte es durch mich selbst ersetzt.

Was bedeutete das nun für Nico?
Er schrieb noch immer nicht, und nun, da ich keinen Schmerz mehr fühlte, keine Ängste mich dazu drängten an ihm festzuhalten, wurde es mir egal, was er tat. Ich war nicht mehr sauer, dass er mich ignorierte, ich zuckte nur mit den Schultern und nahm es hin. Es war nun so, da konnte ich nichts dagegen tun. Was brachte es mir, mir nun den Kopf darüber zu zerbrechen?
Ich war ein starker Mensch. Ich wollte keinem hinterherweinen. Wer kam, der kam, wer blieb, der blieb. Und wer ging, der ging. Das war ok.
Je länger diese Periode der Stille zwischen uns andauerte, desto egaler wurde er mir. Ich unternahm etwas mit Freunden, erfreute mich meines Lebens und mir ging es gut. Ich dachte kaum, es herrschte kein Chaos in meinem Kopf. Nur dieses weiß. Lange hatte ich es nicht mehr gesehen...

Ich stellte mich nun darauf ein, dass die Sache mit mir und Nico zu Ende ging. Genau wie damals.
Vielleicht waren wir dazu verdammt, dass das mit uns nicht sein konnte. Wir konnten nicht ohne, und genauso wenig miteinander.
Vielleicht war das der neue Fluch, der auf mir lag. Ich bekam meine Gefühle erwidert, konnte sie aber nicht ausleben. Ich musste es hinnehmen.

Ich wartete nun auf den Tag, an dem er mir schreiben würde, dass er nicht mehr konnte, wir es beenden sollten. Ich wartete geduldig, meldete mich nicht, es juckte mich nicht.
Ich konnte es nicht ändern, vielleicht war es besser so.

An einem Tag meldete er sich schließlich, entschuldigte sich für seine Abwesenheit mit den üblichen Gründen. Ob ich sie glauben sollte, glauben konnte? Ich wusste es nicht. Es war mir egal.
Eigentlich hatte ich vorgehabt mich kalt ihm gegenüber zu verhalten, vielleicht so zu bezwecken, dass der Prozess, in dem alles zerlief, dadurch beschleunigt wurde, das Schmerzen ersparte. Doch sobald er schrieb, wurde ich wie Wachs in seinen Händen, genoss seine Anwesenheit.
Kurz und gut: ich war das dumme Mädchen, das seinen Klauen nicht entweichen konnte. Das zu verschossen war, um das schlechte in ihm zu sehen..nein...ich sah das schlechte, aber ich nahm es einfach hin, denn es gehörte zu ihm; ich liebte es also auch auf eine Weise.
Er sagte, er liebte mich. Und das war, was ich hören wollte.
Er hatte mich wieder.
Und das weiß färbte sich leicht bläulich.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 01, 2017 ⏰

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