3. April 2017

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Ich verstehe es nicht.
Ich hab es nie verstanden.
Und vermutlich werde ich das auch nie.
Wie könnte ich?

Ich verstehe es nicht.
Wie kann jemand wie er, sich für etwas wie mich interessieren?
Wie kann jemand wie er, sich mit etwas wie mir abgeben?
Wie kann jemand wie er, etwas wie mich lieben?
Ich verstehe es nicht.
Wie denn auch?

Wieder sehe ich mir die alten Bilder durch.
Ich kenne sie alle, würde merken, würde eines von ihnen fehlen.
Ich sehe ihn auf ihnen, erinnere mich an die Momente, die Worte, die Gefühle. Ich lächle.
Oh wie ich ihn vermisse. Ein Gefühl, das einen innerlich zerreißen mag, das einen zum schreien bringt, fast Wut hervorruft.

Er sieht nicht auf jedem Bild gut aus, aber das kümmert mich nicht. Es ist er. Es ist alles was ich will. Was ich brauche. Was ich liebe.
Ich sehe den Ausdruck in seinen Augen, sein Lächeln und bin glücklich.
Es sind nur Bilder. Starre Momentaufnahmen. Gefroren. Als hätte man eine Sekunde des Lebens genommen und konserviert. Getötet.
Doch sie sind alles war ich habe, wenn er nicht hier ist.
Wenn ich ihn vermisse...

In Gedanken versunken, fahre ich seine Gesichtszüge mit den Fingern nach, stelle mir vor, wie es wäre, wenn er wirklich hier wäre. Neben mir.
Doch er ist es nicht.
Und ich kann mich nur wieder in die blau-grünen Farben zurückziehen, mich von ihnen umspülen und wegtragen lassen. Es ist so schön, wenn ich mich ihnen einfach ergebe, so entspannend. Kein Kampf gegen sie. Nie wieder. Der blau-grüne Farbenchor gehört nun zu mir, ist ein Teil von mir. Das ist gut so. Das bleibt so.

Diese Farben nehmen mir die Sorgen, sagen mir, dass alles gut ist, beruhigen mich, umsorgen mich. Ich kenne bei ihnen keine Angst. Wie froh ich doch bin, dass sie den großen Kampf gewonnen haben, nicht das rote Heer.
Denn ich hatte sie schon einmal bei mir. Der blau-grüne Chor mit seinen wundervollen Stimmen und Bewegungen umherhuschend in meinem Kopf war schon einmal hier gewesen...war mir dann aber entrissen worden. Ich hatte ihn schon einmal verloren, das würde nicht nochmal passieren. Er war ein Teil von mir.
Ich konnte etwas so wundervolles nicht gehen lassen, ich würde immer darum kämpfen, egal was es kosten würde. Dafür war ich bereit.

Ich liebe ihn.
Und er sagt das selbe.
Und doch verstehe ich nicht warum.
Er sagt, ich habe viel für ihn getan, erduldet, gekämpft.
Doch es fühlt sich für mich wenig an. Es fühlt für mich selbstverständlich an. Wer kämpft nicht für die Liebe? Wer schließt für sie keine Kompromisse? Wer hilft der betroffenen Person denn nicht? Wer hört nicht zu? Wer ist nicht da? Wer sorgt sich nicht?

Er sagt, ich sei so vieles für ihn. Und doch ist er mehr für mich. Und ich kann ihm das nicht zeigen.
Er ist mein alles. Mein immer.
Ohne ihn kann ich nicht mehr.
Ich habe Angst.
Wenn ich ihn wieder verliere, was hätte ich dann denn noch...?

Ich verstehe es nicht.

Das Tagebuch der singenden FarbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt