Eiskalt

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Der nächste Tag verlief schweigsam. Alle taten was sie mussten, jedoch ohne Konversation. Ellie warf mir ab und zu aufmunternde Blicke zu. In der Mittagspause in der Mensa wusste ich ehrlich nicht, ob ich am Tisch meiner Freunde willkommen war. Ich wusste, dass es Ellie nichts ausmachen würde, Amelia jedoch starrte mich an, als hätte ich jemanden umgebracht. „Was ist denn bei euch los?", wollte Arthur wissen und blieb neben mir stehen. Ich zuckte zusammen und sah ihn an. „Was soll denn sein?", entgegnete ich dümmlich und hoffte, er würde es einfach so stehen lassen. Doch nichts da. „Die Stimmung ist kälter als das Meer am Nordpol. Kurz gesagt, eiskalt. Was ist los?" Ich seufzte. „Kann ich mich zu dir setzen?", fragte ich und ging erstmal nicht näher auf seine Frage ein. Er nickte. Es war klar, dass das die Stimmung nicht besser machen würde, doch momentan schien mir das nebensächlich. Ich brauchte jemanden zum Reden. „Also gut, erzähl", meine Arthur, nachdem wir uns zu zweit an einen leeren Tisch gesetzt hatten. „Sie misstrauen mir. Sie sind sauer. Ich glaube, dass sie mich nicht mehr in ihrer Nähe haben wollen.", murmelte ich und stützte meinen Kopf auf meiner Handfläche ab. Er runzelte die Stirn. „Wieso das denn?" „Sie glauben, dass ich ihnen etwas Böses will, weil ich es von High Castle hierhergeschafft habe. Ich habe ihnen nicht erzählt, dass ich das mit dem Schwarzfuchs im Wald war und jetzt haben sie jeden Grund mir zu misstrauen. Ich fühle mich schlecht", antwortete ich so leise, dass nur er es hören konnte, denn mittlerweile hatten sich noch zwei Eisfüchse an den Tisch gesetzt. Arthur sah mich ungläubig an. „Wieso? Ich meine, erstens durftest du es ihnen doch sowieso nicht erzählen und zweitens, wieso hast du es dann vor ihnen geheim gehalten?", hakte er nach. „Weil ich nicht wollte, dass sie so von mir denken, wie sie es jetzt tun" Er nickte, anscheinend konnte er es nachvollziehen. Er blieb still und so fing ich an zu essen. „Die kriegen sich wieder ein", meinte Arthur. Das hatte Ellie auch schon gesagt. „Glaubst du das echt?", erwiderte ich mit hochgezogenen Augenbrauen. Er sah mich an. In seinem Blick lag etwas Undefinierbares. „Heute nach der Mittagsschule machen wir etwas, wir treffen nachher" Ich nickte langsam. Was hatte er vor?

„Chloe, bleib stehen!", rief jemand und ich drehte mich um. Bonnie hatte die Hände in die Hüften gestemmt und sah mich auffordernd an. „Was ist los?", wollte ich wissen. „Wir müssen reden", erklärte Bonnie und eine gewisse Erleichterung machte sich in mir breit. Ich nickte zustimmend und ging ein paar Schritte auf sie zu. Bonnies Gesichtsausdruck änderte sich zu nachdenklich. „Ich verstehe dich nicht. Ich verstehe deine Taten nicht. Aber wahrscheinlich kenne ich dich einfach noch nicht lange genug. Das was du erzählt hast, das über deine Fähigkeiten, ich will es sehen", meinte sie und ich runzelte die Stirn. Sie wollte meine Fähigkeiten sehen? „Hier?", fragte ich bloß und wusste, dass ich das niemals tun würde, nicht einmal, um eine Freundschaft zu retten. Vielleicht auch erstrecht nicht. „Nein, nachher. Zeig sie mir einfach, ich will sehen, wie gut du wirklich bist. Du wirst dich im Training nicht verstellen, oder? Das darfst du nicht", redete sie auf mich an. Wie bitte? Wieso lag ihr so viel daran, dass jeder über meine Fähigkeiten Bescheid wusste? „Du redest Unsinn. Wir sind nicht einmal wirklich befreundet, du und Amelia verdächtigt mich die ganze Zeit und jetzt willst du, dass ich die ganze Schule zu einer glotzenden Meute mache?", antwortete ich und unterdrückte gerade so einen genervten Seufzer. Mittlerweile war ich sauer. Was genau verlangte sie von mir? Sie hatte zu so etwas kein Recht, dazu waren wir einander viel zu fremd. „Jeder soll sehen, wie gefährlich du bist. Jeder sollte wissen, vor was er sich schützen sollte. Du warst die, die mir erzählt hat, dass Schwarzfüchse überall sind, dass sie die Schulen unterwandern. Die ganze Zeit hast du versucht dich mit uns anzufreunden, uns mit deinen Lügen zu vernebeln. Wenn du nicht so bist, wie ich denke, dann zeig es. Zeig allen wie du wirklich bist und hör mit deinen Spielchen auf", zischte sie mir zu, drehte sich um und rannte fast davon. Ich fühlte mich mies. Sie hatte recht, es schien wirklich, als wäre ich die Böse. Doch was sollte ich tun? Es ging nicht, ich konnte nicht tun, was sie verlangte. Dazu wusste ich selbst zu wenig. Wieso war ich hier? Wie war ich auf eine Schule wie diese gekommen? Entmutigt machte ich mich auf den Weg zur Trainingshalle. Alles was ich fühlte war Leere, gähnende Leere in mir. Es war endgültig, ich hatte keine Freunde mehr und langsam kam die Versuchung auf mit jemandem über alles zu sprechen. Doch wem konnte ich schon trauen? Bonnie? Amelia? Ich lachte bitter auf. Sicher nicht. Ellie wollte ich nicht noch mehr verunsichern. Und schließlich fasste ich einen Entschluss. Arthur. Arthur schien derjenige zu sein, dem ich noch am ehesten vertrauen konnte. Er war selbst im Wald dabei gewesen, hoffentlich verschloss er sich dann nicht vor mir.

Das Training verlief ruhig. Interessanterweise hatten Bonnie und Amelia sich nicht blicken lassen. Vielleicht hatten sie gewusst, dass ich nichts der Öffentlichkeit preisgeben würde. Vielleicht ließen sie mich einfach komplett in Ruhe? Ich schüttelte den Kopf, wohl eher nicht. „Weiß jemand, was das schwierigste, aber auch das stärkste Kampfelement ist, das wir mit dem Feuer erschaffen können?", fragte unser Lehrer und sofort schossen fünfzehn Hände in die Höhe. Darunter auch meine. „Ja, Chloe?" „Der Phoenix. Wer ihn erschaffen kann, hat die absolute Macht über den Kampf, nichts kann ihn zerstören. Dadurch wird man selbst zu einem der mächtigsten Feuerbändiger", erzklärte ich und seufzte sehnsüchtig. Es gab genau drei Kitsune, die es jemals geschafft hatten, ihn zu erschaffen. Sie waren mit der Zeit alle verrückt geworden. Macht machte wahnsinnig und unheimlich gierig, das wurde einem dadurch klar. „Gut, danke. Der Phoenix ist unser Zeichen für Sieg und somit das Symbol der Rotfüchse...", erzählte unser Kampflehrer, doch wurde gleich unterbrochen. „Lernen wir heute den Phoenix zu erschaffen?", fragte eine Kitsune mit großen Augen. Die komplette Klasse brach in Gelächter aus, auch unser Lehrer. „Nein, wie auch? Es ist nicht bekannt, wie man ihn entstehen lässt. Nur wenige haben diese Macht schon im vornerein", machte er uns begreiflich und viele nickten. Das hatte jeder schon gehört und wahrscheinlich hoffte jeder innerlich, dass er einer dieser Rotfüchse war. Ich grinste. Das war hier definitiv niemand, die meisten hatten ja schon Schwierigkeiten überhaupt eine Flamme zu entfachen. Natürlich tat ich so, als wäre ich ebenso unfähig und kassierte dafür immerhin keine erstaunten Blicke. Der beste in dieser Runde war ein Rotfuchs namens Keith. Es war erstaunlich, dass er den Feuerball so gelassen erzeugen konnte, fast so, als wäre es eine Nebensächlichkeit. Doch ich schloss ihn als halben Schwarzfuchs aus. Dazu war es einfach zu auffällig. Oder war genau das seine Absicht? 

BrandheissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt