Wie gelähmt, stand ich da. Die Ärzte hievten Bobby auf eine Liege und schoben ihn in Windeseile durch das Krankenhaus ins OP-Zimmer. Sam und Dean wollten ihnen hinterrennen, wurden jedoch von den Schwestern weggedrängt. Und ich stand nur da. Neben dem Empfangstresen, den Blick starr auf den sterbenden Mann gerichtet.
Nein, das konnte nicht sein. Bobby würde niemals sterben. Er würde uns alle überleben. Diese Mann würde alles und jeden überleben.
Ich weigerte mich, jeglichem Gedanken, der sich durch meinen Kopf schlich, Glauben zu schenken. Doch die leise Stimme wisperte mir immer wieder zu, dass diesmal nichts gut werden würde.
Dean hob den Kopf und sah mir direkt in die Augen. Ich schüttelte nur den Kopf, erst ganz leicht, dann beinahe schon panisch. Tränen stiegen in meine Augen, das Atmen fiel mir schwer. Sam kam zu mir, nahm mich in den Arm, und ich klammerte mich an ihn, als wäre er mein Schutzschild. Als wäre all das da draußen nur ein Traum und hier, bei ihm, die Realität.
»Sam ...«, wimmerte ich.
»Es wird alles gut ... Es wird ... Er wirs nicht sterben ... Er wird nicht sterben ...« Sams Atmung war unregelmäßig. Er versuchte sich unter Kontrolle zu halten, doch als er seine Arme fester um mich legte, wusste ich, dass er Angst hatte. Angst um Bobby.
Ich blickte nach vorn. Dean stand vor dem OP-Zimmer, vor dessen Glastüren nun weiße Vorhänge gezogen worden waren. Für mich waren die Stimmen nur ein Rauschen, vielleicht war es aber auch das Blut, welches in meine Ohren schoss. Mein Puls hatte sich abnormal beschleunigt, mein Herz hämmerte so laut, dass ich befürchtete, Sam würde es spüren.
Dean wandte sich nicht um. Er starrte nur die Vorhänge an. Ich war zu aufgewühlt, um zu ihm zu gehen und ihn den Arm zu nehmen. Ich konnte nicht mal einen klaren Gedanken fassen.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis der leitende Arzt zu uns kam und sagte, dass Bobbys Zustand stabil wäre. Zumindest war es das in diesem Augenblick. Sam lehnte an der Fensterbank, sein Bruder starrte mit Tränen in den Augen den Mann an, der für die Winchesters all die Jahre wie ein Vater gewesen war, und auch für mich war er das gewesen. Bobby lag in der üblichen Krankenhauskluft auf der Liege, ein dicker Verband war um seinen Kopf gewickelt worden, und er hing am Tropf und wurde künstlich beatmet.
»Dean ...«, sagte ich leise und berührte den Mann am Arm, doch riss er sich von mir los und ging davon. Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht und schluckte den Kloß im Hals herunter, um die nächste Welle von Tränen zu unterdrücken.»Es gibt also nichts, was wir noch tun können?«, fragte Sam den Arzt.
»Es tut mir leid. Wir können nur warten, ob die Schwellung zurückgeht.«
»Wie lange?«, wollte Dean verzweifelt wissen.
»Das ist sehr schwer zu sagen.«
»Er hat so lange durchgehalten, das ist doch was, oder?«
»Hören Sie, die Kugel ist nicht gesplittert. Nur eine Gehirnhälfte wurde verletzt. Das ist alles sehr positiv«, sagte der Arzt. »Aber wir müssen realistisch sein. Er ist noch lange nicht über den Berg. Meist besteht in Fällen wie diesen ...«
»Keine Hoffnung«, beendete Sam.
Der Arzt sah uns mitleidig an. »Es hängt von ihm ab. Ich halte Sie auf dem Laufenden.« Mit diesen Worten ließ er uns allein.
»Entschuldigen Sie bitte«, erklang auf einmal eine Stimme in unserem Rücken und wir wandten uns um. Es war irgendein Anzugträger, ein Mann mit einem runden Gesicht und einer Akte unter dem Arm. »Tut mir leid, wenn ich Sie störe. Ist einer von Ihnen Robert Singers nächster Angehöriger?« Und dieser war Dean. Er und der Mann, wahrscheinlich von der Sicherung, gingen in eine abgelegene Ecke und sprachen miteinander, Sam lehnte am Fensterbrett und ich blieb in einiger Entfernung stehen und beobachtete Dean und den Mann.
Worüber sie auch sprachen, Dean wurde wütend. So wütend, dass er auf einmal mit der Faust ausholte und in die Scheibe dahinter schlug. Eingeschüchtert verschwand der Anzugträger. Dean trat durch die Eingangstür nach draußen und ich folgte ihm nach einer Weile.
Ich fand den Winchester vor einer schwarzen Limousine stehend und den Insassen anbrüllend. Es war Dick Roman, der in dem Wagen saß und den Mann vor sich zufrieden angrinste. Dean versuchte ihn zu provozieren, während Passanten ihn und Roman filmten. Ich lief die Stufen hinunter und verscheuchte die Menschen mit finsteren Blicken und einen Haufen Drohungen von Polizeianzeigen aufgrund Verletzung der Privatsphäre, dann wollte ich zu dem Winchester, doch der kam bereits auf mich zugelaufen. Er packte mich am Arm und zog mich mit sich, wortlos.
»Dean, hör auf damit«, sagte ich und versuchte mich loszureißen. Oben am Absatz der Treppe blieb er stehen und ernst sah er mich an.
»Du musst ihn heilen.«
»Was?«
»Bobby. Du musst ihn mit deinen Engelsfähigkeiten heilen.« Ich vernahm die Verzweiflung aus seiner Stimme, doch schwang auch eine gewisse Art von Zwang mit.
»Dean, ich kann nicht«, meinte ich. »Ich hätte es schon längst getan, aber ich kann nicht.«
»Du bist ein verdammter Engel!«, rief Dean. »Du kannst dich teleportieren, du kannst jemanden den Augen ausbrennen, du kannst jemanden heilen.«
»Nein«, entgegnete ich. »Ich habe diese Fähigkeit niemals erlernt.«
Augenblicklich verdunkelte sich Deans Miene. »Dann hätten du und Cas etwas mehr Unterricht machen sollen, anstatt rummachend in der Ecke zu sitzen«, zischte er.
Fassungslos starrte ich den Mann an. Ich konnte einfach nicht glauben, was ich gerade gehört hatte. »Du bist verzweifelt, das sind wir alle«, sagte ich, »aber das gibt dir kein Recht, ein Arsch zu sein.« Wütend stieß ich die Tür auf und betrat das Krankenhaus, und Dean folgte mir, ohne einen Versuch zu starten, sich bei mir zu entschuldigen.
Wir liefen auf Sam zu, der sich sofort vom Fensterbrett aufrichtete.
»Dick Roman war da draußen«, erklärte Dean.
»Und? Was wollte er?«, fragte Sam.
»Gar nichts, fürs Erste. Wir hatten nur ein kleines Wortgefecht. Das war's auch schon. Was gibt's Neues?«
»Die Schwellung ist ein wenig zurückgegangen. Sie haben die Beruhigungsmittel abgesetzt. Und sie haben den Tubus rausgezogen. Er atmet jetzt allein.«
Mit hoffnungsvollen Augen sah Dean seinen Bruder an. »Das ist doch gut, oder? Ist das nicht gut?«
»Ja, na ja, der Arzt hat gesagt, besser geht es nicht.«
»Na toll, und wann holen sie die Kugel raus?«
Sam sog scharf die Luft ein und ließ den Kopf sinken. »Dean, das werden sie ... das werden sie gar nicht erst versuchen. Noch nicht.«
»Und was bedeutet das?«, fragte Dean.
»Das nennt sich »Abrasion«, glaub' ich. Entfernung des toten Hirngewebes. Und das auch nur, wenn der Arzt entscheidet, dass sich das Risiko lohnt.« Sam sah unsicher zu mir und ich ließ nur den Blick sinken. Dean bemerkte das sofort.
»Was? Was ist?« Sam sah seinen Bruder eindringlich an, und da verstand Dean. »Nein. Nein, davon will ich nichts hören.«
»Aber das müssen wir«, entgegnete Sam.
»Er wird nicht sterben.«
»Aber es ist möglich«, sagte Sam.
»Dean, betrachten wir's doch mal realisistisch«, meinte ich leise. »Die Chance, dass Bobby das überleben wird, wäre so hoch, wie im Lotto zu gewinnen ...«
Verständnislos sah mich Dean an. »Du gibst so schnell auf? Du?«
Ich erwiderte seinen Blick nur mit traurigen Augen.
»Cat hat recht. Das ist die Realität, Dean«, sagte Sam.
»Und was sollen wir tun? Händchen halten und so stark wie bei Dads Tod sein?« Der ältere Winchester wartete keine Antwort ab, sondern stapfte wütend davon.Wir standen an Bobbys Liege und musterten das friedliche Gesicht mit Schmerz und Trauer. Wir wollten uns nicht verabschieden, doch mussten wir den Tatsachen ins Auge blicken.
»Tut mir leid, wir müssen weitermachen«, erklang die Stimme einer Schwester, die uns wieder aus dem Raum scheuchen wollte.
»Ja klar ...«, sagte Sam, doch bevor er ging, ergriff er Bobbys Hand. »Hey ... Danke für alles ...«
»Alles klar, bitte treten Sie zurück.« Die Schwester wollte sich zwischen uns drängen, doch auf einmal öffnete Bobby seine Augen.
»Warten Sie, warten Sie!«, rief Sam. »Sekunde, seine Augen sind offen.«
Der alte Mann starrte uns entgeistert an und nach Luft ringend riss er sich die Beatmungsmaske vom Mund. Sam ergriff seine Hand, als er verzweifelt versuchte, uns etwas sagen.
»Nicht sprechen, nicht sprechen«, sagte Dean. »Ein Stift ...« Er nahm das Patientenbrett von der Liege ab und reichte es Bobby. Ein Hoffnungsschimmer durchzog mich, und ich hatte das Gefühl, dass vielleicht doch noch alles gut werden würde.
Bobby ließ sich den Stift geben und packte Sams Hand, auf der er zitternd einige Zahlen niederschrieb. Schwach ließ er die Hand sinken. Er rang nach Worten, immer wieder setzte er erneut an, und dann kam nur ein leises Wort über seine Lippen. »Idioten.« Und das war das Letzte, was er tat, bevor zurücksank und die Nulllinie mit einem monotonen, eindringlichen Piepen auf dem Monitor erschien.1454 Wörter
Bobby .... 😢😢😢
Als ich diese Szene geguckt habe, musste ich wieder weinen. Das ist einfach so herzzerreißend 😭
Welchen Tod fandet ihr bisher am schlimmsten? (wenn das Spoiler betrifft, also irgendein Tod aus nachfolgenden Staffeln ist, schreibt bitte vorher SPOILER in die Kommis, da noch nicht alle alle Staffeln geguckt haben)
Also. Ich fand Bobbys Tod, glaube ich, am schlimmsten.
Achtung SPOILER!
Cas' und Crowleys Tod auch, wobei ich weiß, dass Cas wiederkommen wird - und bei Crowley bzw Mark Sheppard ist immer noch meine Hoffnung da, dass er doch zurückkommt.
Ansonsten fand ich es doof, als Gabriel getötet wurde ...
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Broken One || Supernatural Staffel 7
FanfictionBuch 5 »Ich bin euer neuer Gott. Ein besserer Gott. Also werdet ihr euch vor mir verneigen und eure Liebe zu mir, zu eurem Herrn, bekunden, oder ich werde euch vernichten.« Castiel, der neue Gott, sorgt für viel Aufmerksamkeit auf der Welt - er hil...