Lange erfüllte Stille den Wagen. Ich saß hinter Dean, unüblich für mich, denn normalerweise saß ich wenn schon hinter dem Beifahrer. Aber ich konnte nicht anders, ich musste ihn sehen.
»Also Daphne ist Ihre Frau?«, fragte Dean irgendwann den Mann neben sich. Ich hatte keine Ahnung, wovon er sprach, doch schwieg ich - zu mehr wäre ich in diesem Moment auch nicht fähig gewesen.
»Sie hat mich gefunden und mich gepflegt«, meinte Emanuel.
»Das heißt?«
»Oh, das ist eine seltsame Geschichte. Sie würde Ihnen nicht gefallen.«
»Glauben Sie mir, das wird sie«, entgegnete Dean.
Emanuel sah ihn kurz an, dann begann er zu erzählen: »Vor einigen Monaten ist sie am Fluss spazieren gegangen und da haben wir uns getroffen. Ich war klatschnass, verwirrt und völlig unbekleidet. Ich könnte mich an nichts erinnern. Sie sagte, Gott wollte, dass sie mich findet.«
Dean erwiderte nichts, woraufhin der Mann ihn fragend anblickte. »Wer hat Sie Emanuel genannt?«, fragte der Winchester bloß.
»Lustige-Babynamen.com«, meinte Emanuel.
Dean hob eine Augenbraue und sah den Mann von der Seite an. »Na ja, das passt zu Ihnen.« Er wandte seinen Blick wieder nach vorn. »Ist sicher komisch, nicht zu wissen, wer man ist.«
»Es ist mein Leben und es ist ein gutes Leben.«
»Und was ist, wenn Sie eine Art, ich weiß nicht, Böser waren?«, fragte Dean. Augenblicklich sah ich zu seinen Beifahrer und wartete eine Reaktion ab. Der Winchester versuchte ihn an den zu erinnern, wer er wirklich war.
»Ich fühle mich nicht wie ein böser Mensch«, entgegnete Emanuel und Dean nickte nur.
Wieder erfüllte Stille den Wagen, doch war es diesmal Emanuel, der ein Gespräch begann. »Also, Ihr Bruder -«
»Sam«, half Dean ihm auf die Sprünge.
»Sam«, wiederholte Emanuel. »Wie ist seine Diagnose?«
»Na ja, es ist nicht gerade medizinisch.«
Emanuel nickte verstehend. »Dann könnte es funktionieren. Krankheiten spirituellen Ursprungs kann ich heilen.«
»Jemand hat ihm das angetan«, sagte Dean mit zusammengebissenen Zähnen.
»Sie sind wütend«, bemerkte Emanuel.
»Ja. Der Mistkerl hat meinem Bruder den Schädel gebrochen.«
»Sie meinen, er hat Sie verraten?«
Allmählich wurde mir die ganze Situation zu viel. Es war, als würde mir bei jedem Wort die Luft geraubt werden, dis Luft, die ich zum Atmen benötigte. Den Mann dort vorne neben Dean zu sehen, machte mich fertig. Es setzte mir beinahe genauso viel zu, wie, als er tot gewesen war.
»Er war Ihr Freund?«
Dean musterte den Mann kurz, dann sah er wieder nach vorn. »Egal, er ist weg.«
»Haben Sie ihn getötet?«, wollte Emanuel sofort wissen.
»Er hat sich selbst getötet«, sagte ich - das war das Erste, was ich während der gesamten Autofahrt bisher gesagt hatte, und das war auch nur ein Impuls gewesen. Ich musste mich beherrschen, nicht zu weinen, und als sich Emanuel zu mir umwandte, machte das die Sache nicht leichter. Die intensiv blauen Augen sahen mich an, und ich schnappte nach Luft, um nicht vollends den Verstand zu verlieren.
»Ehrlich gesagt, wissen wir nicht, ob er tot ist«, stand Dean mir schnell bei und Emanuel wandte sich ihm zu. »Ich weiß nur, dass diese ganze Geschichte nicht vermurkster sein könnte.« Dean schwieg kurz. »Wissen Sie, früher war ich in der Lage, solche Dinge einfach abzuschütteln. Egal, was es war. Es hat manchmal gedauert, aber ich hab' es immer geschafft. Doch was Cas getan hat ... da kann ich es nicht. Ich weiß nicht, wieso.«
Ich blickte zu Emanuel und hoffte auf eine Reaktion. Dean hatte seinen Namen gesagt, seinen wahren Namen und dennoch - der Mann schien sich nicht zu erinnern.
»Es spielt keine Rolle, wieso«, sagte er.
»Natürlich spielt es eine Rolle«, entgegnete Dean sofort.
»Nein, Sie sind keine Maschine, Dean. Sie sind ein Mensch.«
Dean schüttelte nur fassungslos den Kopf.
»Ihr Freund hieß Cas?«, fragte Emanuel. »Eigenartiger Name.«
Dean hielt beim nächsten Supermarkt und er und ich stiegen aus, während wir Emanuel anwiesen, drinnen sitzen zu bleiben. Ich schlug die Tür des Wagens zu und lief mit eiligen Schritten auf den Laden zu. Ich wollte hier weg, ich wollte weg von dem Mann, der in diesem Auto saß und sich an nichts erinnern konnte.
Kaum hatte ich den Laden erreicht, überkamen mich die Tränen. Ich versuchte sie, so gut es ging, zurückzuhalten, doch als Dean mich dann noch am Arm packte und mich in eine abgelegene Ecke zog, gab ich nach.
»Beruhige dich, verdammt«, zischte er mir leise zu. Ich wusste, dass er es nicht böse meinte. Sein Gesichtsausdruck verriet alles - er war verzweifelt.
»Ich kann nicht ... ich kann nicht ...« Unaufhörlich schüttelte ich den Kopf. »Er war tot, Dean. Er war, verdammt noch mal, tot!«
Augenblicklich packte mich der Winchester an den Schultern und zwang mich ihm in die Augen zu schauen. »Wir wissen es nicht, okay? Vielleicht wurde er wirklich an Land gespühlt und dann kam diese Frau und hat ihn gerettet.«
Die Ladenklingel leutete, als jemand den Supermarkt betrat. Ich blickte kurz an Dean vorbei. Ein Mann kam direkt auf uns zugelaufen. Seine Augen waren schwarz.
»Dean, Achtung!«, rief ich noch, doch da hatte der Winchester sich bereits umgedreht und mit dem Dämonenmesser zugestochen. Tot sank er zu Boden.
Auf einmal standen zwei weitere Dämonen vor uns und ehe Dean sich versehen hatte, war ihm das Messer aus der Hand geschlagen worden. Mit Kraft wurde der Mann durch den Laden geschleudert, und gerade als sich die beiden auf mich stürzen wollten, wurde der eine von hinten erdolcht. Ängstlich verschwand der zweite. Tot sank der Dämon zu Boden, und nun stand jemand vor uns, mit dem wir am wenigsten gerechnet hatten.
»Meg?«, fragte ich.
»Hallo, Schwester.« Die Dämonin grinste breit. »Ich glaube, ihr beide schuldet mir eine Erklärung.«
Dean drehte das Ladensschild auf »geschlossen« und zog die Gardinen runter.
»Die Gerüchteküche ist ja schon mächtig am brodeln, was diesen Emanuel angeht«, meinte Meg. »Meine Neugier ist auch schon richtig angeheizt.«
»Sag einfach, was du willst«, verlangte Dean harsch.
»Stellt euch vor, wie überrascht ich war, als ich ihn aufspüre und finde ihn bei euch im Auto wieder. Und dann ist er dem armen toten Castiel wie aus dem Gesicht geschnitten. Also, ihr beiden, was macht der arme tote Castiel in dieser Schrottkiste da draußen?«
»Weihnachtslieder singen«, meinte Dean kühl.
»Witzig. Aber wie kann es sein, dass er noch lebt? Er soll sich doch als Gott in Luft aufgelöst haben.«
»Stell dir vor, diese Frage haben wir uns auch schon gestellt.« Mit einem finsteren Funkeln in den Augen verschränkte ich die Arme vor der Brust.
»Hast du dich schon mal im Spiegel angesehen, Schätzchen?«, fragte sie mich mit hochgehobener Augenbraue. »Sahst schon mal besser aus.«
Ich blickte sie ernst an. »Pass auf, Cas kann sich an nichts erinnern, und du wirst ihn auch nicht helfen, dass er es tut.«
»Oh, soll ich das?«
»Er weiß nicht, dass er Cas ist«, sagte Dean.
»Ich weiß. Ich hab' euch stundenlang beobachtet. Ach ja, und wisst ihr noch, als das Verhältnis zwischen mir und Crowley unterkühlt war? Die Zeiten haben sich nicht geändert.«
»Schön«, meinte Dean desinteressiert.
»Das verletzt meine Gefühle. Ich war immer gut zu dir, Dean.«
»Nein, du warst gut zu dir, Schätzchen«, entgegnete der Winchester, der begann, Vorräte zusammenzusuchen.
»Hört zu, im Augenblick soll auf gar keinen Fall Wirbel um das Gerücht über diesen herumwandelnden Heiler gemacht werden. Das Problem bei der ganzen Sache ist nämlich, die Leute fangen schon an, zu bohren - sie riechen Engelsstaub.«
»Ja, sie stolpern schon übereinander, bei dem Versuch, es Crowley zu erzählen«, sagte Dean sarkastisch.
»Stell dir vor, Crowley diesen kleinen, armen Castiel mit seiner Amnesie in die Finger. Versteh mich nicht falsch, ich werde dieses kriecherisches Arschloch fertigmachen. Meine Zeit kommt noch. Aber als Einzelkämpferin habe ich in dieser Situation keine Chance. Es ist kalt hier draußen, und es ist ein Preis auf meinen Arsch ausgesetzt und ich brauch' Freunde.«
»Ja, aber das sind nicht wir«, zischte ich.
»Genau da irrst du dich, Süße. Ich bin nämlich hier, um euch zu helfen, und das macht uns zu Freunden.«
»Helfen, ja?«, fragte Dean. »Du meinst, mal sehen, ob du nicht den armen, kleinen Cas da draußen in eine gefährliche Waffe verwandeln kannst?«
»Als würdest du jetzt mit ihm Weihnachtslieder singen«, entgegnete Meg. »Und im Übrigen, willst du wirklich weitermachen, ohne jegliche Hilfe?«
»Ich hab' Cat.«
Meg sah mich an und lachte. »Sie ist ein wandelnes Wrack. Ein Engel, dem die Flügel gestutzt worden sind. Sie zerstört sich mehr bei dem Fall, als dass sie dir helfen kann.«
»Ich stehe neben dir«, erinnerte ich sauer.
Dean starrte Meg die ganze Zeit mit finsterer Miene an, dann sagte er auf einmal: »Wir fahren direkt zu Sam. Keine Umwege, klar?«
Fassungslos sah ich den Winchester an. »Das ist jetzt dein Ernst, oder?«
»Was dich betrifft, hat Meg recht«, meinte Dean nur, dann streckte er der Dämonin die Hand aus und mit einem belustigten Lächeln reichte sie ihm das Dämonenmesser.
Zusammen verließen wir den Supermarkt und liefen zum Wagen. Emanuel lehnte an diesem, den Blick starr nach vorn gerichtet. Als er uns bemerkte und Meg sah, blickte er sie entsetzt an.
»Ihr Gesicht, sie ist eine -«, begann er.
»Schon okay, uns gibt's in verschiedenen Geschmacksrichtungen«, sagte Meg locker. Anscheinend konnte der Mann die wahre Gestalt von Monstern sehen - ein wenig Engel war wohl doch noch in ihm.
»Sie ist, ähm, 'ne Freundin«, erklärte Dean, wenn auch ungern.
Die Dämonin lächelte Emanuel an. »Meg. Ich bin zur moralischen Unterstützung hier. Ich meine, immerhin kennen wir uns schon sehr lange.«
Verwirrt sah der Mann zu Dean und mir und mit einem finsteren Blick wandte der Winchester sich an Meg.
»Dean und ich«, sagte sie schnell. »Sie habe ich ja eben erst kennengelernt.« Sie trat auf den Mann zu. »Aber ich glaube, wir werden auch gute Freunde werden.«
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Broken One || Supernatural Staffel 7
FanfictionBuch 5 »Ich bin euer neuer Gott. Ein besserer Gott. Also werdet ihr euch vor mir verneigen und eure Liebe zu mir, zu eurem Herrn, bekunden, oder ich werde euch vernichten.« Castiel, der neue Gott, sorgt für viel Aufmerksamkeit auf der Welt - er hil...