Es dauerte eine ganze Weile, bis ich zurück in die Höhle gefunden hatte, in der Espasa mich bis jetzt gefangen gehalten hatte. Meinen leuchtenden Ringen zu Dank hatte ich zwar nicht mehr auf gut Glück in die Finsternis rennen müssen, allerdings hatte ich so festgestellt, dass diese Höhle noch um einiges größer und verwinkelter zu sein schien, als ich es bisher angenommen hatte. Ich hatte versucht, eine Geruchsspur oder etwas in dieser Art zu finden, was mich vielleicht auf die richtige Fährte geführt hätte, aber ich hatte keine Chance. Alles, was meine Nase mir meldete, was der Geruch nach Erde und nassem Gestein, gemischt mit dem nachklingenden Gestank der Flammen von Doom, der mich einfach nicht mehr losließ.
Doch als meine Pfoten vom vielen Laufen schon nahezu abzufallen drohten, nahm ich die felsige Umgebung endlich als einigermaßen vertraut war. Ein paar Biegungen und frustrierte Kehrtwenden später stand ich auch schon im Eingang zu Espasas Schlafhöhle.
Es fühlte sich an, als sei ich ewig nicht mehr hier gewesen, und aus einem Grund den ich mir nicht erklären konnte, erfüllte mich der Anblick der von Kristallen erleuchteten Wände und der Blumen, die aus einen Schlitz heraus wucherten, mit einem sanften Gefühl der Erleichterung. So, wie wenn man nach einer längeren Reise in sein Zuhause zurückkehrt und feststellt, dass alles noch so ist, wie man es zurückgelassen hat.
Espasa selbst war auch dort. Sie lag in einer Kuhle, die mit ein wenig trockenem Stroh ausgelegt war, ihre Augen waren geschlossen und ihre Ohren eng an ihren Körper angelegt. Allein ihr Brustkorb, der sich bei jedem Atemzug hob und wieder senkte, ließ vermuten, dass das Psiana nur schlief und nicht ihren Weg in die Ewigkeit angetreten hatte.
Ich wollte gerade, aus was für Gründen war mir unklar, erleichtert sein, als mir ein frischer Kratzer auf ihrer zartrosa Flanke auffiel. Die Wunde konnte noch keine vierundzwanzig Stunden alt sein, denn das austretende Blut wirkte frisch und verströmte einen beißenden, metallischen Geruch, der unangenehm in der Nase kribbelte. Entsetzt von diesem Anblick machte ich einen Schritt auf das schlafende Pokemon zu, um mir den Kratzer etwas näher anzusehen.
„Das ist deine Schuld. Also starr nicht so."
Mit einer einzigen, ruckartigen Bewegung hievte Espasa sich auf die Pfoten und ihr Blick richtete sich auf mich. Ich wusste nicht, über was für Tötungsmethoden diese Pokemon noch verfügten, aber so, wie sie mich ansah, hätte ich jede Wette darauf abgeschlossen, das Espasas Blicke eine davon waren.
„Wo bist du gewesen?" fauchte sie und zeigte ihre Zähne, während ihr Schweif wie eine Peitsche auf den Boden knallte. So schnell, dass die Luft leise surrte. Ihre sonst so leeren und ausdruckslosen Augen funkelten vor Wut, und ich konnte nun sehen, dass ihre Beine zitterten. Schockiert von ihrem Wutausbruch stolperte ich zurück, gerade noch rechtzeitig, um einem Schlag ihrer schmalen Vorderbeine zu entgehen.
„Weißt du eigentlich, wie demütigend das war?" kreischte sie, so schrill, dass es in meinen Ohren wehtat. „Weißt du eigentlich, was du mir damit angetan hast? Wie wütend Samantha auf mich war? SCHAU MICH AN WENN ICH MIT DIR REDE, KAITO!" Als ich den Blick senkte, wurde sie so laut, dass meine Ohren für einen kurzen Moment klingelten und im nächsten Moment riss es mich von den Beinen und ich prallte hart mit der Schulter gegen die Höhlenwand. Ich spürte, wie sich ein scharfer Stein durch mein Fell bohrte und mir die Flanke aufriss, dann sank ich mit einem leise, schmerzerfüllten Stöhnen zu Boden. Ich konnte mir nicht erklären, warum Espasa auf einmal so wütend war. Sie hatte sich doch selbst mit allen Mitteln dagegen eingesetzt, dass Solana getötet wurde, und allmählich war es mir sogar so erschienen, als wolle sie das alles gar nicht. Als wolle sie nicht hier sein, als wolle sie niemanden töten und schon gar niemanden für irgendein krankes Ritual opfern. Doch jetzt wirkte das Psiana verändert. Als sie mich das letzte Mal so angeschrien und geschlagen hatte, war ich gerade aus meiner Ohnmacht erwacht, in die sie mich zuvor geschickt hatte.Doch auch damals war das anders gewesen. Damals hatte sie eher so gewirkt, als ginge ihr mein Verhalten und mein Unverständnis mächtig auf die Nerven. Jetzt war sie wirklich aggressiv. Es schien so, als liege ihr gar nichts daran, mich zur Rede zu stellen oder für irgendetwas zu betrafen, sondern so, wie als wolle sie mich einfach nur verletzten. Mir wehtun. Und obwohl ich noch nicht lange hier war, keine Ahnung hatte, wie es mit mir weitergehen sollte, aber mich bereits davon hatte überzeugen können, dass diese Pokemon komplett durchgedreht und durchaus gewaltbereit waren: Das war nicht die Espasa, die ich kennengelernt hatte.
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Angel of Darkness (Pokémon FF)
FanfictionDas Leben des jungen Nachtaras Kaito, den alle seine Freunde nur Shine nennen, ist nahezu perfekt. Er hat alles, was er sich wünschen kann. Doch das Leben von Shine ändert sich rasant, als er eines Nachts in die Fänge von finsteren Gestalten gela...