5.Kapitel. Heimweg.

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Nach dem Abendessen verabschiedeten sich Avina und Nathaniel von ihnen. Die Zwillinge hatten mit den Tränen zu kämpfen, während Darian mit seinem Pferd zu tun hatte. Er hatte sich schon auf den Rücken des Tieres gesetzt, nachdem er sich von seinen Eltern verabschiedet hatte. König William hielt die Zügel von Perseus, ein Sohn von seinem einstigem Lieblingspferd Kassiopeia. Fiona hatte mitbekomen, wie ihr Vater immer wieder in den Stall gegangen war, als das Tier krank wurde und jedes Mal, wenn er wiederkam, wirkte er traurig, als konnte er sehen, dass der Hengst nicht mehr gesund werden würde. Perseus war noch jung und stürmisch. Manchmal hatte ihr Vater ganz schön zu tun, ihn unter Kontrolle zu halten. Mehrere seiner Generäle hatten ihm geraten, sich ein anderes Pferd zu suchen, doch er hatte darauf beharrt, Perseus zu behalten.
Ihre Mutter hielt die Zügel einer jungen Fuchsstute in der Hand, die wesentlich ruhiger und entspannter war als Perseus. Avina umarmte ihre beste Freundin und anschließend auch ihren Bruder. Schließlich war Nathaniel an der Reihe. Er nahm Selina in den Arm und gab William die Hand.
"Kommt gut an und seid vorsichtig." Sein Blick glitt zu Selina.
"Wieso schaust du mich so an, wenn du das sagst?", fragte ihre Mutter empört, doch sie musste grinsen. Nathaniel lächelte provokant, sagte jedoch nichts weiter.
"Seid auch vorsichtig. Da bahnt sich etwas zusammen.", sagte sie ernst und stieg auf ihr Pferd. William stieg ebenfalls auf seinen großen, grauen Hengst und deutete Fiona, dass sie sich auf den kleinen Rappen setzen sollte, den Matthis für sie festhielt. Sie stieg auf und Matthis setzte die Kutsche in Bewegung, in der sich die Zwillinge befanden. Darian ritt neben ihr. Sein weißer Wallach war etwas größer als ihr Rappe, wodurch auch er noch größer auf sie wirkte.

Als die Sonne unterging, legte ihr Schiff ab und fuhr auf direktem Wege nach Sumar-Gardo über. Während ihrer Zeit auf dem Schiff nutzte der Großteil ihrer Gruppe die Zeit, um sich auzuruhen. Selina stand jedoch an der Reling und sah über das Wasser. Grims Brief hatte sie beunruhigt. Er hatte Brandstellen im Wald rund um das Schloss gefunden. Brandstellen, die größer waren als, dass ein Mensch sie hätte verursachen können. Sie hatten zwar Frieden mit den Drachen ausgehandelt, doch Drago hatte ihr erzählt, dass es einige Drachen gab, die es nicht gut fanden, dass sie das Nutzvieh von den Bauern in Ruhe lassen sollten.  Doch was wollte einer von ihnen in den Wäldern rund um das Schloss? Das ergab für sie keinen Sinn. Als sie sich umdrehte, um in ihre Kajüte zu gehen, die sie sich mit Will teilte, starrte sie plötzlich in blaugrüne Augen.
"Ich wusste, dass du hier draußen bist.", murmelte er.
"War ja auch total schwer mich zu finden, wenn unter Deck die Luft stickig ist.", sagte sie mit einem leichten ironischem Lächeln. William zog sie an sich und vergrub sein Gesicht in ihrer Halsbeuge. Selina kam eine Idee.
"Was denkst du? Wäre es sinnvoll, Darian und Fiona auf die Akademie zu schicken, solange Darian mit seinen Geschwistern zu Besuch ist?"
William sah sie fragend an.
"Ich meine, mir hat es damals nicht geschadet und Avina auch nicht. Vielleicht wäre es für die beiden mal ganz gut unter Gleichaltrigen zu sein.", sagte sie und legte den Kopf schief.

"Nur du schaffst es, mich vollkommen zu verwirren, indem du von einem Thema zum anderen überspringst.", sagte er lachend.
"Allerdings vergisst du, dass die beiden adelig sind und nicht gerade unbekannt. Sie ist die Prinzessin von Larwenia und er ist der Prinz von Xadrien. Beide erben irgendwann eine Krone."
"Trotzdem können die beiden dort etwas lernen. Außerdem kann ich mitkommen und in der Zeit als Lehrerin aushelfen, währenddessen sogar ein Auge auf die beiden haben."
William schüttelte den Kopf. "Ich brauche dich an meiner Seite. Außerdem wäre es, glaube ich nicht so gut, wenn du mitgehen würdest. Wenn, dann sollten sich die beiden selbst durchschlagen.", sagte er und sah sie eindringlich an.

"Was stand überhaupt in dem Brief, den Grim dir geschrieben hat?"
"Dass ein Drache in der Nähe des Schlosses ist und scheinbar Probleme macht.", antwortete sie und sein Gesicht wurde nachdenklich.
"Wieso sollte einer der Drachen plötzlich Probleme machen? Sie waren doch die ganze Zeit friedlich.", sagte er und lehnte sich an die Reling.  Selina zuckte mit den Schultern.
"Ich weiß es nicht.", sagte sie und beobachtete wie im Norden ein kleiner Landstrich in Sicht kam. Bald waren sie zuhause und dann konnten sie sich um die Probleme dort kümmern.

Fiona wurde durch sanftes Schütteln geweckt und als sie die Augen öffnete, starrte sie in die Augen ihrer Mutter. "Guten Morgen.", murmelte sie und streckte sich.
"Guten Morgen. Wir legen gleich in Sumar-Gardo an. Also mach dich fertig. Ich wecke den Rest.", sagte sie, wandte sich ab und verließ den Raum. Ihre Mutter sah aus, als hätte sie wenig bis gar nicht geschlafen. Sie hatte dunkele Augenringe und wirkte auch sonst vollkommen erschöpft. Fiona stand auf und machte sich fertig.
Eine geschlagene halbe Stunde später standen sie abmarschbereit im Hafen von Sumar-Gardo, während Matthis die Zwillinge wieder in die Kutsche scheuchte. Sie verließen die Stadt ohne weitere Verzögerung und machten sich auf den Weg zum Schloss.

Als sie am frühen Abend ankamen und alle damit beschäftigt waren, ihre Sachen auszupacken, ging Fiona in den angrenzenden Wald. Sie wollte unbedingt den Waldboden wieder unter ihren Pfoten spüren und durch den Wald hetzen, bis sie keine Luft mehr bekam. Schon am Waldrand spürte sie, dass etwas anders war. Die Bäume ragten bedrohlich und dunkel über ihr auf. Von Osten wehte der Wind den Geruch von Feuer zu ihr aber statt zurüchzuweichen und ins Schloss zurückzukehren, verwandelte sie sich im Schutz der ersten Bäume und lief hinein, folgte dabei dem Geruch.

Fiona - Erbin LarweniasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt