11.Kapitel. Dämon im Wald

53 13 7
                                    

Sie presste sich eng an seinen Körper als er über das Land schoss. Er flog so schnell, dass sie sich auf keinen festen Punkt wirklich konzentrieren konnte. Sie starrte auf den Horizont, bis ihre Augen vom Wind tränten.
"Weshalb fliegst du so schnell?", fragte sie und hielt sich angestrengt fest. Er gab keine Antwort, sah sich aber auch nicht nach ihr um. Die Sonne war gerade untergegangen als das Schloss in Sicht kam. Vor irgendetwas flog er davon, nur wusste sie nicht, vor was.
Als er schließlich auf seinem Lager landete und sie mit zitternden Gliedern abstieg, sah er besorgt in den Himmel.
Sie wollte sich verabschieden und zurück zum Schloss gehen, doch da schoss sein Blick auf sie hinab.
"Es wäre besser, wenn du heute Abend nicht zurück ins Schloss gehen würdest." Wie erstarrt sah sie ihn an. Wollte er sie jetzt etwa hier festhalten?
"Wieso?", fragte sie kühl.
"Weil wir verfolgt wurden. Ich bin nicht sicher, von was oder wem, aber ich weiß, dass du nicht sicher wärst, wenn du jetzt allein durch den Wald gehen würdest.", sagte er und sah sich um.
"Was soll schon passieren? Das hier sind meine Wälder. Soll mich der große, böse Wolf angreifen?", lachte sie trocken. Er schnaubte, als sie sich umdrehte und geradewegs zurück zum Schloss lief. Sie spürte seinen Blick im Rücken, achtete aber nicht weiter auf ihn.

Als sie zwischen den Bäumen entlang lief, kam sie sich beobachtet vor. Etwas Kaltes schien sie zu beobachten, allerdings schien ihr dieses Gefühl irgendwie vertraut zu sein. Vielleicht war es doch keine gute Idee gewesen allein nach Hause zu laufen. Ein Schauer durchlief sie, während sie leichtfüßig einen Weg durch den Wald bahnte. Ihre Stiefel verursachten auf dem Moos nicht den geringsten Laut und die Stille um sie herum war mehr als nur unangenehm. Nervös sah sie sich um. In ihrem Kopf trat plötzlich die Erinnerung an den Dämon in Xadrien in den Vordergrund. Die roten Augen, die sie auf unheimliche Weise in den Bann gezogen hatten. Wieder durchfuhr sie ein Schauer. Der Wald lag in völliger Stille und das Moos durchnässte ihre Schuhe.
Plötzlich spürte sie etwas auf ihrer Schulter. Es war kalt und ritzte in die dünne Haut an ihrer Schulter, als sich der Griff fester um sie schloss. Panik schoss in ihr hoch. Sie wusste, dass dies keiner ihrer Freunde war. Für einen Moment rührte sie sich nicht.
'Ganz ruhig bleiben.', ermahnte sie sich selbst. Sie durfte jetzt nicht in Panik geraten. Der Dämon hielt sie an der rechten Schulter fest, also konnte sie noch immer mit links angreifen. Sie packte ihren Dolch mit der linken Hand, zog ihn aus der Scheide und wirbelte mit gezückter Klinge herum. Das rotäugige Biest reagierte schnell, ließ ihre Schulter los und wich ein Stück zurück so, dass sie nicht, wie geplant seine Brust erwischte, sondern nur Luft.

Es stieß einen schrillen, angriffslustigen Schrei aus und starrte sie an. Es war ein ähnlicher Dämon, wie der, der sie in Xadrien angegriffen hatte, nur war dieser hier größer und hatte längere Krallen. Die roten Augen forderten ihre Aufmerksamkeit, doch sie hatte ihre Lektion gelernt und ging nicht auf diese Forderung ein. Sie drehte den Dolch in ihrer Hand und ignorierte das keine Rinnsal Blut, das aus den Wunden an ihrer Schulter floss. Das Vieh breitete seine Arme und Flügel aus und ging auf sie los, schnell duckte sie sich und hob den Dolch. Er hätte eigentlich den Dämonen direkt unter der Achsel treffen sollen, doch die Klinge war einfach abgeprallt.
Dabei war ein Edelstein in den Griff eingearbeitet worden. Fassungslos sah sie die Klinge an.
Es hätte ihn verletzen sollen. Verstört sah sie zu dem Biest, welches sich zu ihr herumgedreht hatte und fauchend erneut auf sie zuging. Bedrohlich knurrend wich sie zurück. Sie würde sich verwandeln müssen, wenn sie ihn töten wollte. Der Dämon sprang vor, als sie plötzlich jemand zurückriss. Überrascht schrie sie auf, als sie an einer männlichen Brust landete. Der Geruch sagte ihr, dass es Mor war, der da so verrückt war und den Dämonen mit nichts in den Händen gegenübertrat. Er streckte die Hand aus, murmelte leise etwas und blaue Flammen schossen aus seiner Handfläche. Sie trafen den Dämonen am Arm, welcher zischend zurückwich. Nun sah der Dämon Mor böse funkelnd an, während dieser sich auf seinen Zauber konzentrierte und mit seiner rechten Hand blaues Feuer verschoss, welches den Dämonen nun einhüllte und mit der Linken ihre Hand umfasst hielt. Es gab ihr ein sicheres Gefühl. Schließlich starb der Dämon an den schweren Verbrennungen, wurde aber noch immer mit Feuer beschossen, bis sein Körper zu Asche zerfallen war. Mor ließ seinen Arm sinken und atmete tief durch.

"Was zum Henker war denn das? Ich habe ihn mit einem Edelsteindolch angegriffen. Einem Edelsteindolch! Normalerweise, hätte ich ihn getroffen und verletzt!" Sie fing an zu zittern und ihre schrille Stimme verriet, wie verstört sie war. Er ließ ihre Hand los und sofort vermisste sie diese tröstende, beruhigende Berührung.
"Das war ein Experiment. Dieser hier war immun gegen die Wirkung des Edelsteins. Ich glaube, wir werden noch mehr von ihnen kennenlernen, wenn Xadrien Krieg führt.", sagte er ruhig. Verstört sah sie auf die Überreste des Dämons hinab. Wenn es noch mehr von ihnen gab, würde dieser Krieg sehr viele Opfer fordern. Sie schauderte und er musterte sie kurz, bevor er ihr erneut die Hand entgegenstreckte.
"Komm, ich bringe dich nach Hause." Er klang ruhig und beherrscht, während sie den Kopf schüttelte. Fragend sah er sie an.
"Ich kann nicht zu meinen Eltern. Wenn sie erfahren, dass hier ein Dämon war, werden sie davon ausgehen, dass mehr kommen würden und dann darf ich das Schlossgelände nicht mehr verlassen.", sagte sie und wandte den Kopf zur Seite. Er hatte mit seiner Andeutung vor einigen Tagen irgendwie Recht behalten. Egal wo sie hinkam, irgendwie war sie immer eingesperrt.

Er nickte verstehend. Ihre Eltern hatten sie also sicherheitshalber im Schloss gelassen, als sie erfahren hatten, dass er in der Nähe des Schlosses war. Er strich sich die Haare zurück und überlegte.
"Wenn du allein hier draußen übernachten würdest, würdest du dich nur in Gefahr begeben, da noch mehr von diesen Dämonen hier herumlungern könnten. Am Besten wäre es, wenn du bei mir schlafen würdest. Dort kann ich Magie wirken, die dich und mich schützt." Sie nickte und zögernd griff sie nach seiner Hand. Er musste sein Lächeln unterdrücken, während er mit ihr zurück zu seinem Lager ging.
Am Rand der Grube nahm er seine Drachengestalt an und beobachtete, wie sie sich neben ein wenig Glut niederließ. Innerhalb der nächsten Stunde war sie eingeschlafen und er hatte sich mit dem Kopf bequem auf eine seiner Krallen nieder gelassen.
Die Glut war mittlerweile erloschen und ihr Körper begann leicht zu krampfen. Sie zitterte, was ihn um diese Jahreszeit nicht verwunderte. Selbst Wölfe konnten sich im Frühjahr nicht vor der, noch bestehenden, Kälte schützen. Vorsichtig wickelte er seinen Schwanz um ihren Körper und trug sie damit zu sich. Bei ihm angekommen, wickelte er sie in seinen Flügel und legte diesen an seinen Bauch um sie zu wärmen. Kurz spannte er sich an und zischte, als er spürte, wie kalt sie war.
Erst nach einer Weile wurde ihr Körper wieder warm und entspannte sich.
Er rollte sich leicht ein und schloss die Augen. In den nächsten Tagen musste er einiges nachforschen, damit er hier eine Hilfe sein konnte. Er wirkte noch ein wenig Magie, um sie beide vor Feinden zu schützen, bevor er sich der Müdigkeit hingab.

Fiona - Erbin LarweniasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt