16. Kapitel. der Ball.

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Fiona wachte am Morgen ihres Geburtstages auf und regte sich innerlich schon wieder tierisch auf, als sie den Geruch ihrer Cousinen im Zimmer wahrnahm. Die beiden waren ihr in den letzten Tagen nicht von der Seite gewichen, vor allem, da sie jetzt wussten, dass ihre Mutter noch ein Kind erwartete. Es hatte sich ein leichter Bauch etwickelt, den sie nur noch mit weiten Kleidern verstecken konnte. Ihre Cousinen sprangen auf das Bett als sie sich aufsetzen wollte und drückten sie lachend zurück in die Kissen. Leise murrend kämpfte sie sich frei und scheuchte die beiden hinaus, damit sie sich anziehen konnte.
Sie hatte nicht die geringste Lust auf diesen Tag und schon gar nicht auf den Ball am Abend, den ihre Eltern für sie gaben, zu dem sämtliche Fürsten und Edelleute aus Larwenia eingeladen worden waren. Der einzige Lichtblick des Tages war, dass sie später wieder in ihr Bett gehen konnte, sehr viel später als sie es eigentlich gewollt hätte.
Kaum verließ sie angezogen ihr Zimmer, schon wurde sie von ihren Eltern empfangen, die ihr alles Gute wünschten. Hinter ihnen standen Avina und Nathaniel, denen sie ein freundliches Lächeln schenkte, als sie ihr gratullierten.

Der Tag verging schleppend langsam, während sie Glückwünsche entgegennahm und Geschenke öffnete. Am frühen Abend gönnte ihr Vater ihr und ihrer Mutter eine Pause von den ganzen eintreffenden Gästen und sie verzogen sich in Fionas Zimmer. Während ihre Mutter ihren Kleiderschrank durchsuchte, setzte sich Fiona vor ihren Spiegel und band sich ihre Haare zu einem einfachen hohen Zopf zusammen. Schließlich hielt ihre Mutter ein schwarzes Kleid in die Höhe, welches trägerlos und mit ein wenig Tüll ab der Hüfte ausgestattet war. Um die Brust herum war es betont eng und hatte feine, rote Rosen am oberen Teil des Kleides häuften und nach unten hin immer weniger wurden. Fiona nickte zustimmend und keine zehn Minuten später, hatte sie das Kleid und die passenden Schuhe schon an.

Es klopfte an der Tür, ihr Vater schielte ins Zimmer und fragte, ob seine beiden Frauen nun fertig waren. Als sie hinunter gingen, meinte er, dass sie an diesem Abend Spaß haben und nicht, wie bei einigen Feiern still in der Ecke stehen sollte.
Unten im Saal angekommen, kam sie nicht umhin, die vielen Lichter zu bemerken, die wegen der Feier angemacht worden waren. Der Saal strahlte in einem sanftem Licht, während die Steinfliesen auf dem Boden glänzten. Die roten schweren Vorhänge waren wie immer zur Seite gezogen und in ihren Halterungen befestigt.

Während sie durch den Saal gingen, teilte sich die Menschenmenge, in der einige bekannte Gesichter aufblitzten. Ihr Vater trat auf das Podest, auf dem auch die Throne der Familie standen, während sich ihre Mutter auf ihren Platz setzte und wachsam durch den Saal blickte. Fiona spürte die Blicke der ganzen Stadtoberhäupter und Adeligen auf ihr ruhen, während ihr Vater seine Rede hielt. Wahrscheinlich gierten einige danach, sie während eines Tanzes zu umgarnen, da sie hofften der nächste König von Larwenia zu werden. Diese Vorstellung widerte sie an. Sie wollte sich verlieben und aus Liebe heiraten.

Es hagelte schließlich Applaus als ihr Vater seine Rede beendete, zu ihr kam und ihr einen Arm hinhielt, um mit ihr die Feier mit dem Vater-Tochter-Tanz zu eröffnen.
Sie setzte ihr Lächeln auf, das über den Tag hinweg ihre Tarnung geworden war und zusammen gingen die beiden zur Tanzfläche.
Die Menschen machten ihnen Platz und als schließlich die Musik einsetzte, tanzten sie los.
Während ihr Vater sie über die Tanzfläche führte, schweiften ihre Gedanken ab. Sie wanderten zu warmen orangeroten Augen, die in einem blassem kantigem Gesicht standen, welches von kohlrabenschwarzen Haaren umrahmt war.
Sie zuckte zusammen als sie bemerkte, dass sie wieder an Mor dachte. In den letzten Tagen hatte sie sich oft bei dem Gedanken an ihn erwischt.
Nervös sah sie zu ihrem Vater, da sie befürchtete, er hätte es bemerkt. Zu allem Übel sah er sie fragend an, doch sie schüttelte nur den Kopf.
"Ich mag diese Menschenmasse nicht.", sagte sie leise. Bedauernd sah er sie an.
"Ich weiß, ich würde auch lieber nur die Familie einladen, aber diese nervigen Titelträger würden einen Aufstand machen, wenn sie zum achtzehnten Geburtstag der Prinzessin nicht eingeladen wären.", sagte er und ließ seinen Blick schweifen.
Fiona kicherte.
"Wir sind selbst Titelträger.", erwiederte sie und erntete einen belustigten Blick.
Das Lied endete und somit der Vater-Tochter-Tanz. Der König trat zurück, nickte ihr zu und ging zurück zu ihrer Mutter, die sich gerade mit Avina unterhielt.
"Erlaubt ihr, Prinzessin? Nach dem Vater-Tochter-Tanz, erbitte ich einen Onkel-Nichte-Tanz.", sagte der König von Xadrien grinsend. Fiona lachte und bewilligte den Vorschlag.
Als die Musik erneut begann, fing ihr Onkel an, mit ihr ein Gespräch zu führen.

"Was ist los? Du siehst nicht gerade glücklich aus.", bemerkte er.
"Es sind hier zu viele Menschen. Den Großteil kenne ich gar nicht.", sagte sie und sah sich um. Von allen Seiten wurde sie angestarrt, auch wenn sich jetzt andere Paare auf der Tanzfläche bewegten. Ihr Onkel nickte nur verstehend, als sie plötzlich die Magie um sich herum bemerkte. Es war wie ein angespanntes Knistern, das in der Luft lag und ein paar der Gäste, die sie angestarrt hatten, gingen mit trüben Augen einfach zur Tür hinaus. Entsetzt starrte sie ihren Onkel an, der sich irritiert und angespannt umsah.
"Ich war das nicht.", sagte er leise und sein Griff um ihre Hand wurde fester. Angespannt sah sie in die Menge, doch nichts passierte und keiner schien sich wirklich über das plötzliche Aufbrechen von einigen der Gäste zu wundern. Kalte Angst keimte in ihrem Inneren auf.
Ihr Blick wanderte zu ihren Eltern und ihrer Tante, die zusammen mit Raphael am Fuße des Podests standen und sie verwirrt ansahen. Nathaniel schüttelte nur leicht den Kopf und sofort reagierte ihr Vater, denn er redete sofort eindringlich auf ihre Mutter ein. Diese schüttelte unbeeindruckt den Kopf.

Schließlich neigte sich das Lied dem Ende und ihr Onkel beugte sich noch einmal vor, um ihr etwas zu sagen.
"Tu so, als sei nichts passiert und mach weiter wie bisher, ich kümmere mich mit deinen Eltern um unser aller Schutz.", sagte er und sie musste sich zwingen, locker auszusehen, als der nächte Mann um einen Tanz bat.
Im Laufe des Tanzes wanderte ihr Blick immerzu zu ihrer Familie, während ihr Tanzpartner ununterbrochen auf sie einredete, bis ihr Onkel entwarnend nickte. Das war genau zum Ende des Liedes und es fiel nicht weiter auf, dass sie vollkommen erleichtert aufatmete.
Den nächsten Tanz verbrachte sie mit Raphael, der irgendwie wirkte, als triefte die Energie nur so aus ihm heraus. Er wirbelte sie nur so über die Tanzfläche und sie musste zugeben, dass es ihr viel mehr Spaß machte, als mit diesem Plappermaul zu tanzen, der nur gefühlte drei Tanzschritte ohne Fehler machen konnte. Ihre Laune hob sich und am Ende des Tanzes gönnte sie sich eine kleine Pause und ging zum Buffet. Dort besorgte sie sich etwas zu trinken und sah zu den tanzenden Paaren. Doch leider konnte sie fast nichts erkennen, da sich eine Traube um sie herum gebildet hatte, von Männern die nach ihrer Aufmerksamkeit geierten. Nach einer Weile wurde es ihr zu viel.

"Es tut mir leid, meine Herren, aber ich muss mal an die frische Luft. Allein.", sagte sie eindringlich und flüchtete Richtung Terassentür.

Kalte Nachtluft schlug ihr entgegen, als sie die Tür öffnete und hinaustrat. Sie sog die frische Luft gierig ein, während ihr Körper langsam abkühlte. Sie spürte den Drang, sich zu verwandeln und einfach über das Geländer zu springen und im Wald zu verschwinden, doch konnte sie ihrer Familie das nicht antun. Sie lehnte sich an das Geländer und sah zum Himmel hinauf.

"Ich hatte mich schon gefragt, wann du rauskommen würdest."

Fiona - Erbin LarweniasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt