Fiona trat in das Arbeitszimmer ihres Vaters. Grim hatte ihr erzählt, dass ihr Vater mit ihr sprechen wollte, allerdings sah er dabei nicht gerade gut gelaunt aus, was bedeutete, dass ihr Vater es auch nicht war. Er beachtete sie erst gar nicht, sondern konzentrierte sich auf seinen Papierkram. Sie setzte sich auf das Sofa vor dem Kamin und sah in die Flammen, während sie wartete. Irgendwann seufzte ihr Vater und erregte damit ihre Aufmerksamkeit. Er saß zurückgelehnt in seinem Sessel und sah sie nachdenklich an.
"Ich bereite gerade alles für die Abreise vor.", sagte er tonlos.
"Welche Abreise?", fragte sie beunruhigt.
"Die deiner Mutter, deiner Cousinen und die deines Cousins. Du wirst auch mitgehen.", sagte er und sein Ton duldete keine Wiederrede.
"Was?! Wieso?!?", fragte sie fassungslos und sprang auf.
"Weil es hier zu gefährlich für euch wird.", erwiederte er.
"Aber Mama und ich können kämpfen! Wir wissen, wie wir uns verteidigen können!", protestierte sie.
"Ja aber deine Mutter darf jetzt nicht nur an sich denken und das weiß sie auch. Was dich angeht ... ich habe schon gehört, wie gut du im Ernstfall kämpfen kannst.", sagte er hart.
"Der Dämon war ein besonderer Fall! Ich konnte ja nicht ahnen, dass er gegen die Edelsteine immun ist, ich war kurz davor mich zu verwandeln und ihn zu töten, als Mor eingegriffen hatte.", erwiederte sie und versuchte sich vorerst keine Gedanken über ihre Mutter zu machen. Die Aussage ihres Vaters verwirrte sie etwas. Seine Betonung darauf, dass sie jetzt nicht nur an sich denken musste, verwirrte sie.
Ihr Vater sah sie scharf an.
"Du wirst diese Dämonen nicht angreifen. Der Drache hatte erzählt, dass selbst wir Gestaltwandler uns die Zähne an diesen Biestern ausbeißen können und ihnen immernoch nichts passiert."
"Und was soll ich deiner Meinung nach tun, wenn mir wieder einer gegenübersteht?", fragte sie mit erhobener Stimme.
"Soll ich etwa weglaufen?", rief sie fast schrill.
Ihr Vater fuhr sich durch das Gesicht.
"Es wird erst nach deinem Geburtstag sein und außerdem sollt ihr nur nach Hagenfels und nicht in ein anderes Land.", sagte er und schien damit ihre Diskussion zu beenden.
Er sah müde aus.
"Wo ist Mama?", fragte sie und ihr Vater sah zu ihr auf.
"Sie ist in unserem Schlafzimmer und ruht sich aus. Es ging ihr nicht gut.", sagte er ruhig.
"Ist sie etwa krank?", fragte Fiona beunruhigt. Ihrer Mutter ging es nie schlecht.
Ihr Vater schüttelte den Kopf.
"Sie ist gesund, nur muss sie sich jetzt scheinbar um zwei kümmern." Fiona erstarrte. Sie musste sich verhört haben. Bekam sie etwa ein Geschwisterchen? Ihr Vater lächelte schwach.
"Ich fühle mich fast schon in die Zeit zurückversetzt, in der du im Anmarsch warst. Es ist fast wie damals, es herrschte Krieg und ich habe sie nach Hagenfels geschickt, obwohl ihr das überhaupt nicht gefallen hatte. Sie sollte dort auf Neuigkeiten warten und sich zur Not mit dir in das Gebirge zurückziehen, wenn alles schief gelaufen wäre.
Bis zu deiner Geburt hat sie auf mich gehört und ist dort geblieben. Als dann bei euch die Gefahr vorrüber war, hat sie dich geschnappt und ist zurückgekommen.", sagte er und holte tief Luft um weiterzuerzählen. Diesen Teil der Geschichte kannte sie noch nicht."Sie hat dich, als sie hier angekommen ist, irgendwo versteckt und einem Wolf befohlen, auf dich aufzupassen und dich mit seinem Leben zu beschützen. Dann musste sie sich in den Kampf einmischen und Daron hat dich währenddessen in die Finger bekommen. Deine Tante und deine Mutter haben ihn aufgespürt und mit ihm dich.
Ich weiß noch, wie die Angst in ihren Augen stand, als er dich am Nachenfell hatte und mit einem Dolch bedrohte. Mein Herz ist mir damals in die Hose gerutscht und ich hatte eine fürchterliche Angst um dich. Er wollte ein Duell mit mir und als ich zustimmte, gab er dich an eine seiner Wachen weiter. Während wir kämpften, hatten deine Mutter und deine Tante es irgendwie geschafft, dich zurückzuholen. Ich erinnere mich nur noch daran, dass meine Schwester es war, die Daron schlussendlich tötete. Damals ging es ziemlich schnell.
Nachdem sich das Chaos gelegt hatte und Nathaniel König wurde, drehte sich dann alles um dich." Ihr Vater lächelte und schien weiter in Erinnerung zu schwelgen. Auch sie lächelte leicht.
"Ich bin gespannt, aber ich schicke euch beide nicht vor deinem Geburtstag weg, so viel Zeit haben wir noch." Er gähnte und fuhr sich noch einmal über das Gesicht. Nach einer Weile stand er auf und ging zur Tür.
"Ich gehe nach deiner Mutter sehen. Kümmere du dich um unsere Gäste.", sagte er und verließ den Raum. Auch Fiona machte sich auf den Weg nach draußen. Allein hier zu sein, fühlte sich komisch an.
Sie lief zu Darian und seinen Schwestern, die mit ihm Verstecken spielten. Sie schloss sich ihnen an und zum Schluss fanden sie ihn mit ihrer Hilfe schneller, als wenn sie noch allein im Schloss herumirrten.
Die Neuigkeiten erzählte sie ihnen noch nicht, das sollten sie von ihren Eltern hören, auch wenn sie fast platzen konnte vor Freude.Am Abend besuchte Fiona ihre Mutter. Sie und ihr Vater waren nicht zum Abendessen erschienen. Ihre Cousinen und ihr Cousin waren etwas beunruhigt, doch Grim, der mit ihnen zu Abend aß, versuchte sie zu beruhigen.
"Sie ruhen sich nur aus. Die beiden hatten in den letzten Tagen viel im Kopf.", sagte er und zwinkerte dabei Fiona unauffällig zu. Natürlich hatte er es bestimmt schon am Geruch ihrer Mutter bemerkt, der sich etwas verändert hatte, wie sie nun bemerkte. Leise klopfte sie und die Stimme ihrer Mutter ertönte.
"Ja Fiona? Was ist denn?" Ihre Stimme klang sanft und ruhig. Sie öffnete die Tür und trat ein. Die Königin lag entspannt auf dem Sofa ausgebreitet und hielt ein Buch in der Hand, welches sie nun zur Seite legte."Hey Mama.", begrüsste sie sie und trat zu ihr. Selina setzte sich aufrecht hin und machte für sie Platz.
"Papa will uns wegschicken.", sagte sie und starrte ins Feuer.
"Ja, er will dich und mich sicher wissen. Darian und seine Schwestern natürlich auch. Ich würde auch lieber hierbleiben und kämpfen, aber wie dein Vater schon sagte, ich bin verhindert. Ich frage mich nur, wieso gerade jetzt? In all den Jahren passierte nichts, aber jetzt, trotz der Kräuter." Sie starrte ratlos ins Feuer.Ihre Mutter hatte ihr einmal erzählt, dass sie einmal am Tag eine Art Kräutertee trank, um eine weitere Schwangerschaft zu verhindern. Sie wollte nicht noch ein Kind bekommen, bevor Fiona nicht alt genug wäre, den Thron zu übernehmen, da sie sich die Zeit nehmen wollte, sie darauf vorzubereiten.
Fiona fand es damals schade, ohne Geschwister aufzuwachsen, doch als ihr Unterricht begann und sie erkannte, was es bedeutete, ein Reich zu führen, konnte sie ihre Mutter und ihren Vater verstehen."Ich habe Angst, Mama. Was wollen diese Dämonen hier?"
"Ich weiß es nicht, Kleine." Sie nahm sie in den Arm und sagte nichts mehr. Fiona hing ihren Gedanken nach, bis sich die Zimmertür öffnete und anschließend wieder schloss. Der Geruch ihres Vaters verbreitete sich im Raum und beruhigte sie ein bisschen.
Sie löste sich von ihrer Mutter und sah zu ihrem Vater, der auf dem Bett auf dem Bauch lag und tief atmete. Er schien völlig übermüdet zu sein. Leise verabschiedete sie sich von ihrer Mutter und ging hinaus.In ihrem Zimmer angekommen, legte sie sich auf das große Himmelbett und sah hinauf auf den Baldachin.
Zu gern wüsste sie, was Mor gerade tat und wo er gerade war.
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Fiona - Erbin Larwenias
FantasíaEinige Jahre sind nun vergangen, seit der Krieg beendet ist und Larwenia und die Nachbarländer in Frieden leben. Nun zieht Larwenia seine Thronerbin heran, die allerdings alles andere im Kopf hat, nur nicht ihre Pflichten als zukünftige Königin. Al...