Kapitel 9.

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 Ich spitzte die Lippen und wickelte eines von Mac's Haarsträhnen um den Finger. Er sah mich mit hochgezogener Braue an, stoppte meine peinliche Geste aber nicht. "Das grenzt an Kidnapping, findet ihr nicht auch?", fragte ich und Scott schnaubte. Heath sah über seine Schulter kurz zu uns  und ich tat so, als hätte ich es nicht bemerkt.

 "Es fehlt das Klebeband und der Beutel über deinem Kopf. Glaub mir, ich weiß wie man Leute kidnappet." Ich schüttelte den Kopf und zog mich von Mac's Haaren zurück. Das Auto stoppte und ich ließ mir sehr viel zeit beim Aussteigen. Wie ein Hund lief ich den Jungs hinterher ins Gebäude. Die Aufzugtüren gingen gerade auf und ein älteres Pärchen stieg aus. Die beiden begrüßten die Jungs freundlich, als wir den Fahrstuhl betraten. Langsam schlossen sich die Türen wieder und wir fuhren hoch. Keiner sagte was und ich summte leise ein Lied.

 "Können wir eine Kleinigkeit... vergisst es. Können wir viel essen? Ich meine wirklich ganz viel. Ich bin am Verhungern.", sagte ich, als wir in den Flur traten. Beat stimmte mir zu, während Heath seine Schlüssel aus der Hosentasche holte und die Wohnung aufschloss.

 "Wir können uns gleich etwas vom Zimmerservice bestellen, wenn du willst.", sagte Scott beim Reingehen. Ich folgte ihm staunend. Die Wohnung war viel größer als die von Braxton. Na ja, immerhin lebten sie hier auch zu viert. Trotzdem war hier Platz für eine ganze Kolonie. Ich zählte die vielen Türen und versuchte dabei die große Küche zu betrachten.

 "Ihr verwöhnten Schweine habt auch noch Zimmerservice? Ist das hier etwa der Olymp?", fragte ich und ließ mich auf die weiche Couch nieder. Die Jungs folgten.

 "Wenn ich die Gottheit der Schönheit bleiben darf, kann dieser Ort von mir aus auch die Hölle sein.", sagte Scott und holte sein Handy raus.

 "Na schön, dann bist du Aphrodite, Göttin der Schönheit." Der Religionsunterricht hatte doch was gebracht. Scott suchte eine schlagfertige Antwort, fand aber keine und sah mich stattdessen böse an. Ich musste lachen und er verdrehte grinsend die Augen. Er bestellte das Essen am Handy und legte nach kurzer Zeit dann auf. "Was hast du überhaupt bestellt?"

 "Lass dich überraschen, Chili." Heath's und mein Kopf schossen gleichzeitig zu Scott. Den Spitznamen hatte er den Sommer über für mich gehabt. Ich hatte ihn schon ganz vergessen und es war ein Schock, ihn jetzt zu hören. Scott ignorierte die Blicke und schaltete den Fernseher ein. Er schnappte sich die eine Konsole, während Mac und Beat sich um die andere stritten. Heath sah mich für eine Weile an, bis das Spiel startete und er den Blick auf den Fernseher richtete. Seufzend beobachtete ich Scott und Mac dabei, wie sie gewaltsam auf die Knöpfe der armen Konsolen hauten.

 "Verdammt, Mac! Konzentration, Bruder, Konzentration." Ich schüttelte den Kopf, während Mac sein Bestes gab, um seinen Bruder zu decken. Bomben explodierten, Menschen starben und, am aller wichtigsten, es wurde mehr geschrien als bei einem Fußballspiel in Deutschland. Ich verstand das Spielprinzip nicht ganz.

 In der Mitte der zweiten Runde klopfte es. Heath stand auf und öffnete die Tür. Michael, der Typ, der unten die Leute nervte, bevor sie in den Fahrstuhl steigen konnten, schob ein Essenswagen rein. Mit großen Augen sah ich das Essen an, als hätte ich tagelang nichts gegessen. Und so fühlte es sich auch an. Ich sollte nicht auf leerem Magen trinken. Das war in keinerlei Hinsicht gut.

 "Scott, ihr habt nicht zufällig ein Zimmer auf dem Dachboden frei?", fragte ich und Michael warf mir einen komischen Blick zu. Ich hatte nicht einmal ein Wort mit ihm gewechselt und schon waren wir verfeindet.

 "Nein, aber in meinem Bett ist Platz für zwei." Er zwinkerte mir kurz zu, ehe er sich wieder auf den Bildschirm konzentrieren musste. Scott gewann die Runde und grinste siegesbewusst. "Willst du ein Kaffee? Du bist immer noch voll." Er stand auf und wuschelte mir durch die Haare, bevor er in die Küche ging und die Maschine anschmiss. Ich nahm mir ein Teller mit keine Ahnung was es war und dazu eine Gabel. Vorsichtig, als könnte es giftig sein, probierte ich das Reisgericht.

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