Kapitel 16.

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 Tage vergingen, als wären sie Stunden. Heath und ich verbrachten die Stunden miteinander und ich lernte so einiges über ihn kennen. Mir fiel jedoch auf, dass er immer noch nicht über die Zeit nach dem Sommer gesprochen hatte. Ich beschloss, das ganze erst einmal ruhen zu lassen. Jetzt wollte ich nicht, dass sich wieder eine Aufruhr auftat, obwohl ich tief in mir schon wusste, dass sich bald eine Katastrophe abspielen würde. Nur hätte ich nie damit gerechnet, dass die Katastrophe in Form einer Umarmung kommen würde.

 Es war Donnerstag und nach dem Schauspielkurs fuhren wir kurz zu mir, damit ich meine Schultasche loswerden konnte. Heath trommelte die kurze Fahrt über mit den Fingern auf das Lenkgrad. Mir war aufgefallen, dass er das immer tat, wenn er nervös war. "Ist irgendwas?", fragte ich ihn, als wir ausstiegen.

 "Nein, alles in Ordnung." Natürlich war es das nicht, aber mehr würde ich jetzt nicht aus ihn rausbekommen. Wir gingen ins Gebäude und liefen stillschweigend die Treppen hoch, bis wir vor meiner Tür hielten. Ich kramte die Schlüssel raus und schloss sie auf. Nancy war nicht da und ich schmiss meine Tasche auf das Bett. "Verbringst du das Wochenende bei mir?", fragte Heath und ich spitzte die Lippen, während ich meine kleine Tasche holte und mein Portmonee rein schmiss.

 "Ich bin vor Sonntag nicht in der Stadt.", sagte ich und er runzelte die Stirn. Ich hatte immer noch die Verabredung mit Ben's Mutter, die ich nicht nochmal verschieben konnte. Ben erschien in letzter Zeit wieder zu seinen Kursen und war auch nicht mehr so ausgelastet vom vielen Schlafen, aber ich wollte immer noch wissen, was davor los war. Ich hatte ihn schon so oft darauf angesprochen, aber jedes Mal hatte er unwissend mit den Schultern gezuckt und dann das Thema gewechselt.

 "Wo gehst du hin?", fragte Heath und holte aus dem kleinen Kühlschrank eine Flasche Wasser. Es war die Letzte, also mussten wir bald Nachschub kaufen. Irgendjemand - und ich bezweifelte stark, dass dieser Jemand Nancy war, wobei sie in den letzten Tagen doch nur Salat aß - hatte die Lucky Charms gegessen. Und wenn wir keine Waschbären hatten, die ins Gebäude einbrachen, wenn wir schliefen, dann hing Scott wahrscheinlich zu oft hier ab.

 "Nach Bakersfield. Und ist wirklich nichts mit dir? Du wirkst nervös." Ich deutete auf sein Bein, das nicht stillhalten konnte. Als er es bemerkte, hörte er auf mit seinem Fuß zu wippen. Seufzend stand er auf und sah mir über die Schulter, während ich meine Notizen ordnete.

 "Okay, ich bin nervös. Meine Familie will dich kennenlernen. Und damit meine ich nicht, dass Scott wieder mit dir Wahrheit oder Pflicht spielen will." Ich kicherte, als ich mich daran erinnerte. Scott's Version von Wahrheit oder Pflicht war, dass es nur Wahrheit gab und nur er Fragen stellen durfte. Es hatte keinen Sinn ergeben, aber irgendwann war ich bei seinen Hundeaugen eingeknickt und die darauf folgende Stunde war die Schlimmste seit mein Dad entschieden hatte, sich Trommeln zu kaufen und diese dann kaputt machte.

 "Und was ist daran so schlimm?", fragte ich und er stützte das Kinn auf meine Schulter. Ich lächelte leicht. Es war immer noch so ungewohnt.

 "Ich meine, meine Großeltern sind nicht das Problem. Die benutzen Hundert-Dollar-Scheine statt Taschentücher, die sind zufrieden. Nur vor meiner Mom musst du dich in Acht nehmen. Sie kann manchmal einschüchternd sein, aber lass dich nicht davon beirren. Und auch nicht von meinem Dad. Er hat ein paar sehr schräge Witze drauf, beachte sie gar nicht erst."

 "Jetzt weiß ich nach wem Scott kommt.", sagte ich und er lachte. Ich drehte mich um, damit ich ihm in die Augen sehen konnte. "Keine Sorge, ich werde schon mit deiner Mutter zurechtkommen. Wie schlimm kann sie schon sein?" Er zog scharf die Luft ein und ich lachte. "Wann wollen sie mich denn treffen?"

 "Na ja... Scott konnte seine Klappe nicht halten und hat ständig von dir erzählt, also wollten sie dich unbedingt kennenlernen. Sie kommen heute Abend zu uns." Ich biss mir auf die Lippe und seufzte.

It Was SpringWo Geschichten leben. Entdecke jetzt