Kapitel 11.

113 34 14
                                    

 Ich brauchte einige Sekunden, bis mir ein Licht aufging. Clara. Heath's Clara. Ihre schwarzen Augen beobachteten mich, während ich ein paar Schritte nach hinten auswich. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen und es lief mir kalt den Rücken runter. Sie sah mir etwas ähnlich, aber dennoch hatten wir so viele Unterschiede. Als würde der weiße Schwan auf den schwarzen treffen. Vielleicht sollte ich genauso handeln wie Odette. Was hatte sie nochmal getan? Ach ja. Sie hatte sich umgebracht.

 "Was willst du von mir?", fragte ich. Sie hob eine Braue, ging um mich herum und schloss die Zimmertür, bevor ich sie davon abhalten konnte. Beim Gehen humpelte sie etwas, als hätte sie Schmerzen am Fuß. Sie machte mir Angst. Große Angst. Aber sie bitten zu gehen ging ja schlecht.

 "Oh, du hörst dich so an, als würdest du dich gar nicht mehr an mich erinnern." Verwirrt sah ich sie an. Ich war mir sicher, dass ich sie nicht kannte. Aber ihr Gesicht kam mir etwas bekannt vor. Als sie bemerkte, dass ich mich wirklich nicht erinnerte, lachte sie leise. "Du hast mich also vergessen, ja? Aber das nehme ich dir nicht übel, weil du so viel getrunken hast. Wie auch immer, wir sind Freunde, also solltest du mir etwas zu Trinken anbieten." Das verwirrte mich nur noch mehr. Wir? Freunde? Das wäre nicht einmal in einem Paralleluniversum möglich. Jede Faser meines Körpers sträubte sich davor, mit ihr befreundet zu sein. Aber dann fiel mir auf, was sie noch gesagt hatte.

 "Warte, du warst gestern da? Du warst auf der Party?" Sie neigte den Kopf leicht und nickte, als wäre sie stolz auf mich.

 "Warum sonst habe ich dich dort hingeschickt?" Für eine Weile stand ich regungslos da und versuchte zu begreifen, was sie gerade gesagt hatte. "Schade, dass du dich nicht an unser Gespräch erinnerst." Als es mir einfiel, weiteten sich meine Augen. Im Kopf rekonstruierte ich den Abend gestern. Ben war gegangen, um ein Glas Wasser für mich zu holen, während ich im Wohnzimmer saß und mich mit einem Mädchen unterhalten hatte. Mit Clara. Aber beim besten Willen konnte ich mich nicht daran erinnern, was wir besprochen hatten. Ich griff nach meinem Handy und öffnete die Nachrichten.

 "Du warst es? Du hast mir die ganzen Nachrichten geschickt?" Wieder nickte sie lächelnd und ich überflog schnell die Nachrichten. "Warum hast du nicht gesagt, wer du bist?" Ihre Augen waren unglaublich. Ich konnte den Blick nicht von ihnen nehmen. Das Funkeln war anders. Es stand nicht für Freude. Vielleicht für Wut, Zorn. Oder einfach für Wahnsinn.

 "Na ja, ich glaube nicht, dass du mir zugehört hättest, wenn du wüsstest, dass ich Clara bin. Die meisten bevorzugen es, nicht mit Verrückten zu reden." Ich zog die Augenbrauen zusammen. Sie warf mehr Fragen beim Beantworten auf, als sie eigentlich beantwortete.

 "Und was meinst du mit den Nachrichten?" Ich deutete auf die erste, die sie mir geschickt hatte. Du bist nicht die einzige. Ich hatte mir oft den Kopf darüber zerbrochen, war aber nie zu einer vernünftigen Erklärung gekommen. Jetzt stand sie höchstpersönlich vor mir, was jedoch auch keine große Hilfe war.

 "Mann, dir musst man aber echt alles erklären. Das heißt also, dass Heath dir nie erklärt hat, wer ich bin. Oh, Süße, das ist bitter. Und ich dachte, dass ihr euch so nahe steht." Alles, was ihr jemals angetan wurde, hatte sie sich wahrscheinlich selbst zuzuschreiben, denn jetzt hatte ich wirklich Lust gehabt, sie zu schlagen. "Du bist allein, Mira, und damit meine ich nicht, dass du keine Freunde hast. Ich weiß genau, wie sehr das wehtut. Du willst Heath sicherlich zurück. Das verstehe ich auch. Noch besser verstehe ich, wie es ist, von ihm verlassen zu werden. Also biete ich dir einen Deal an. Ich werde mich um Sam kümmern. Heath wird in null Komma nichts ihren Namen vergessen haben und wird dabei nicht mal erfahren, dass ich hier bin. Aber als Gegenleistung bist du mir etwas schuldig." Ich hob eine Braue und verschränkte die Arme.

 "Und was wäre ich dir schuldig?" Sie spitzte ihre Lippen und tat nachdenklich. Es war so komisch sie vor mir stehen zu sehen. Ich hatte mich so oft gefragt, wer sie war. Und selbst ihre Präsenz beantwortete die Frage nicht.

It Was SpringWo Geschichten leben. Entdecke jetzt