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Nicht, dass ich besonders viel zu den Gesprächen beigetragen hätte. Eigentlich habe ich nur geschwiegen, aber alle meine Empfindungen wurden entweder durch die Klassenkameraden oder durch Taehyung ausgesprochen, der eindeutig mehr Teil der Schülergruppe war, als das bei Lehrern allgemein üblich war. Sein Enthusiasmus, sein tiefes Mitfühlen, seine Art zu motivieren; ich wurde so neugierig, mehr von ihm und seinen Leidenschaften zu erfahren.

Interessanterweise wartete ich auf irgendein Zeichen von ihm. Ein Signal, ein Blick, der eine besondere Verbundenheit zwischen uns ausdrückte. Aber was für eine Verbundenheit sollte das schon sein? Wahrscheinlich war es einfach sein pädagogischer Ansatz, sich über alle Schüler zu informieren und sie gegebenenfalls anzusprechen, sie zu interviewen.

»Jungkook, Du Schwachmat! Was bildest Du Dir bloß ein? Als wärst Du so außergewöhnlich? So faszinierend. Und dann noch für Herr Kim? Lächerlich!!«

Tatsächlich verging die gesamte Doppelstunde ohne einen solchen verräterischen Hinweis. Was sollte er auch zu mir sagen? Zum Gedicht habe ich gerade mal zwei Kommentare beisteuern können, und die waren im Endeffekt nur Bestätigungen von Mies präziser Interpretation. Wie festgenagelt, saß ich auf meinem Stuhl und fast alle Beiträge meiner Mitschüler formten sich zu einem konstanten Rauschen in meinem Kopf. Nur wenn Taehyung sprach, hörte ich wieder Buchstaben, Worte und ganze Sätze. Allerdings war ich so in meinen Betrachtungen von ihm versunken, dass weder Sätze, noch sonst was einen sinnvollen Inhalt ergaben. Egal, auch das Telefonbuch, vorgetragen von Herr Kim hätte mich in seinen Bann geschlagen. Lag das daran, dass er eindeutig mehr Interesse an mir und meiner schulischen Laufbahn zeigte, als jeder andere Lehrer hier zuvor?

Oder war es schlicht die Tatsache, dass ich ihn nackt kannte? Nackt und wie er einen anderen Mann oral befriedigt? Scheisse, das ist ja auch ungewöhnlich. Einen Lehrer im Internet als Pornodarsteller wieder zu erkennen. Irre! Die Art, wie Taehyung auf diesem Stuhl saß. Das linke Bein übergeschlagen, den Oberkörper weit vorgebeugt. Als wollte er die gesamte Runde verschwörerisch in ein mystisches Ritual einbeziehen.So ungeheuer sexy. Und dabei so männlich. Mir fielen die Blicke der Mädchen auf. Auch sie schienen eine gewisse sexuelle Attraktion auszudrücken, die sie bewußt oder unbewußt empfanden. Ich liess meinen Blick durch die komplette Runde schweifen und alle, sogar die anderen Jungs, klebten an Kims Lippen. Sollte ich nicht der Einzige sein, der Kessler in "Action" erlebt hatte? Nein, dann hätte es andere Anspielungen gegeben. Mehr Geflüster und Getuschel. Mindestens eine oder einer hätte sich verplappert, einen Witz gerissen, eine Anzüglichkeit gemacht.

maverick - taekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt