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»Ich muss dann mal...« Damit wandte ich mich ab und ging zur Tür.

»Hab ne schöne Pause, Jungkook .« Herr Kim lächelte sein Zahnweiss-Werbungslächeln. »Sie...Du auch, Herr...«

»Vorsicht! Ich bin Taehyung .«

»Taehyung. Weiss ich doch.«

Mein Abgang glich wohl eher einer Flucht. Was war denn bitte schön los mit mir?

Hastig lief ich zum angrenzenden Park weiter. Bloss weg von den Mitschülern, bloss weg von dieser Schule, bloss weg von meinen kuriosen Gedanken, bloss weg von mir. Immer mehr beschleunigte ich das Tempo und als ich endlich weit genug weg war, registrierte ich auch das einzelne Schweisstropfen mir, sowohl über das Gesicht, als auch vom Hals über die Wirbelsäule rannen. Warum? Man konnte doch gerade unmöglich von sportlicher Anstrengung reden? Was also brachte mich jetzt so zum Schwitzen? Tatsächlich war mein Shirt am Rücken so durchnässt, dass es komplett auf der Haut klebte. Mein Atem ging schwer, geradezu rasselnd, als wäre ich ein langjähriger Kettenraucher. Keuchend nahm ich auf einer der Parkbänke an der Anhöhe mit Blick auf meine Schule Platz.

Ein junges Pärchen mit einem Hund an der Leine ging eng umschlungen an mir vorbei. So innig in sich selbst vertieft, einander liebevoll in die Augen schauend. Immer wieder berührte er mit seinen Lippen ihr Ohr. Flüsterte anscheinend mal zärtliche mal witzige Sätze und sie warf auflachend und albern kokettierend die Haare nach hinten. Plötzlich schossen mir Tränen in die Augen.

»Scheiße, warum musste ich denn jetzt heulen? Ich kann Paare doch nicht ausstehen. So ein Klischee! Beziehungen! Vater, Mutter, Kind und Hund. Was für ein Dreck! Bin ich nicht der lebende Beweis, dass Familie auf Dauer keinen Bestand hat? Keinen Bestand haben kann. Sollten die ganzen Psychologen, die Philosophen und die Romanautoren ernsthaft Recht haben? Wir Menschen sehnen uns nach einem Gegenüber, wir brauchen andere Menschen und können auf Dauer nicht ohne sie leben? Das will ich aber nicht!«

Der letzte Satz rutschte mir einfach laut über die Lippen. Ja, ich schrie ihn geradezu in die Parkanlage hinein, dass einige Kaninchen auf der Wiese erschrocken die Löffel aufstellten und in "Hab Acht"-Stellung gingen. Überrascht von meinem Ausbruch schlug ich eine Hand vor meinen Mund, bevor ich den Kopf in beide Hände nahm und weiter nachdachte.

Ich versuchte, mich zu beruhigen. Atmete tief und gleichmässig ein. Die Tränen hörten auch auf. Gottseidank! Mein Verstand schien wieder die Oberhand gewonnen zu haben.

Das kurze Vibrieren meines Handys riss mich aus meinen Gedanken. Eine Nachricht.

»Lust, heute Abend einen trinken zu gehen? Gibt, was zu feiern. Jimin .«

Schon lange hatte ich nichts mehr von Jimin gehört. Er war in einer meiner Gruppen gewesen. Aber er war paar Jahre älter und musste kurz nach seinem achtzehnten Geburtstag die Wohngemeinschaft verlassen.

Hatte er nicht eine Ausbildung begonnen? Aber was für eine? Ich konnte mich beim besten Willen nicht erinnern.

Jimin war immer ein Netter gewesen. Freundlich und umgänglich. Auch ein eher verschlossener Typ. Außer, er hatte mal zu viel getrunken. Dann konnte es lustig werden. Jimin war die perfekte Abwechslung, um Kim Taehyung aus meinem Kopf zu drängen.

»Neunzehn Uhr. Brunnen am Altstadtmarkt? Freue mich .«

maverick - taekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt