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Es war bereits kurz nach elf. Bislang war der Abend ein sehr angenehmes Wiedersehen nach so langer Zeit. Jin sah fast aus wie früher. Vielleicht ein wenig muskulöser. Etwas breiter, definierter. Mir war auch zwischenzeitlich wieder eingefallen, welche Ausbildung er gemacht hatte.

Das ihm sein Traum von Karriere und Leben durch die Lappen gegangen war, diente als weitere Inspiration für mich, dass ich nicht den Weg der meisten Kinder aus Problemfamilien gehen wollte. Ich wußte zwar noch nicht genau, was ich wollte, aber dafür umso besser, was es auf keinen Fall sein sollte. Also kniete mich noch tiefer rein. In die schulische Arbeit, ins private Lernen und in den Sport. Ja, ich war ganz gut in Leichtathletik, da hatte Herr Kim recht. Aber das war nicht wirklich mein Traum oder Ziel. Sportlich sein, gut. Aber ich wollte eher in den juristischen Bereich gehen. Nicht unbedingt eine Anwaltskarriere, sondern eher in die gesellschaftspolitische Richtung. Politik und Philosophie fand ich nämlich auch aufregend.

Gleichzeitig mit dieser schulischen Entscheidung nahm ich Jobs an. Wochenzeitungen austragen, in der Nachbarschaft den Rasen mähen oder Beete jäten. Später dann, im Supermarkt Regale auffüllen. Hauptsache, ich verdiente mir etwas dazu. Nicht für Klamotten. Nicht für teure Handys oder so. Alles für meinen Start des Studiums. Wo auch immer das sein würde. Und so stand ich jetzt auch recht erfolgreich da. Guter Abschluss und etwas Startgeld auf dem Konto.

Jimin brachte noch zwei andere, mir unbekannte Typen mit. Namjoon und Jin . Zwei sehr nette befreundete Kumpels. Nachdem wir bereits unterschiedliche Kneipen hinter uns hatten, gingen wir in einen der schickeren Clubs, dem "Bambi-Pool". Ehrlich gesagt, war ich mir nicht so sicher, ob ich dort mit meinem "Hasi & Mausi"-Outfit eingelassen würde, aber Jin kannte den Türsteher gut und so wurden wir problemlos durchgewinkt. Die Jacken gaben wir an der Garderobe ab.

Große schwarze Spiegel im Barockstil setzten den Kontrapunkt zum ansonsten eher kalt nüchternen Design. Sehr schicke Leute oder solche, die sich dafür hielten, eindeutig teuer und stylisch bekleidet, mit dem entsprechenden Schmuck und anderen kostspieligen Accessoires ausgestattet, saßen an einer langen geschwungen Bar oder auf edlen Ledersesseln-und Sofas. Die Tanzfläche befand sich ein halbes Stockwerk tiefer. Sie war wie ein Swimmingpool in den Boden eingelassen. Über zwei Seiten konnte man über breite gläserne, beleuchtete Treppenstufen hinunter steigen. Oder man begnügte
sich, wie ich erstmal damit, den Tanzenden über eine Brüstung gelehnt, zuzuschauen. Namjoon und Jin waren gleich am Eingang über mehrere Bekannte gestolpert und seitdem mit dieser Gruppe verschwunden, aber zumindest Namjoon sah ich etwas später mit einer aufgedonnerten Rothaarigen in einem heftigen und eindeutigen Flirt. Jin war gleich zu Beginn irgendwo an der endlos langen Bar verschwunden. Und ich starrte auf die Leute. Auf die sogenannten "In-und It-Girls und-Boys" und auf die, die es so verzweifelt gerne seien möchten und doch nie sein werden.

maverick - taekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt