1.Kapitel

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Zusammen saßen wir im Bus. In dem Bus, der uns zum Camp 19 bringen sollte. Wir wussten alle nicht warum und wohin genau.
Der Bus trug die nichts aussagende Farbe Gelb. Vielleicht sollte sie ein Gefühl der Freude überbringen. Da wir alle wussten, dass wir zum Camp 19 fuhren, verbreiteten diese Busse eher das Gefühl der Angst. Jeder musste zu so einem Camp, einschließlich alle. Man wusste nicht viel darüber. Ich starrte gedankenverloren aus dem Fenster.

Ich spürte, wie sich jemand neben mich setzte. Ich drehte mich langsam um. Ein Junge, etwa in meinem Alter, versuchte mich anzulächeln. Auch ihm war es scheinbar unangenehm. Ich drehte mich wieder weg. Besonders jetzt hielt ich ein Gespräch für unangebracht.
,, Hey", sagte er vorsichtig. Ich beachtete ihn weiterhin nicht und starrte angestrengt an die düster wirkenden Bäume vorbei, in die Finsternis des Waldes, um ihn nicht weiter wahrnehmen zu müssen. Diese Finsternis hielt ich für angebrachter, als dieser leuchtend gelbe Bus. 
,,Ich bin Peter!" Seine schwarzen schon etwas heruntergekommenden Turnschuhe schabten nervös und angespannt auf dem dreckigen Boden im Bus. Dieses Geräusch konnte ich nucht ignorieren, da es sich in meinen Ohren festsetzte. Ich wandte mich nun doch zu ihm. Er wirkte etwas erschrocken, da ich abrupt meinen Kopf zu ihm gedreht hatte. Wenigstens hörte er auf seine dunklen Schuhe über dem Boden gleiten zu lassen. Er streckte mir seine Hand entgegen. Ich musterte ihn. Seine braunen Haare wirkten etwas ungepflegt, da sie verstrubelt und wild von den Seiten des Kopfes abstanden. Scheinbar schien er sich ebenfalls für mich zu interessieren, da seine dunklen Augen über meinem Körper entlang wanderten. Mir war dieses Gefühl unangenehm, so dass ich schnell meinen Kopf von ihm abwandte.
,,Alice", hörte ich überrauscht aus meinem Mund, belies es dabei und ignorierte seine immer noch gehobende Hand. Seufzend ließ er sie sinken.

,, Ich glaube wir können froh sein, dass wir nicht in den Erwachsenen Camp's gelandet sind", unterbrach er die peinliche Stille. Überrascht blickte ich ihn an, da ich nicht so viele Worte zugleich in diesem Moment von ihm erwartet hatte. Ich nickte einfach.

So weit wir wussten gab es für Kleinkinder oder Babys Camps, für Kinder und Jugendliche, für Studenten, für Erwachsene und ältere Leute über 70. Ich wollte überhaupt nicht wissen, was in den anderen Camp's passierte und nicht einmal darüber nachdenken. Nicht einmal, warum so etwas eingeführt wurde, blieb einem gewährt. Es war schrecklich genug aufgeteilt zu werden.
Vielleicht waren die Camps dafür da, um die Bevölkerung besser zu kontrollieren, dachte ich nun doch über diese Frage nach.
Diese verhasste Frage bekam ich bereits vor vier Jahren zu Gesicht.
Vor vier Jahren fing alles an.
Die neue Regierung und Nachrichten, die verdeutlichten, dass die Welt, wie wir sie kannten, nicht so bleiben wird. Überall wurden diese Camps gebaut. Diese riesigen, wie Bunker wirkenden Gebäude, tronten mittlerweile in jeder Stadt. Noch sahen die Menschen nur zu und lachten. Sie ignorierten diese Klötze, die nun Familien entzweiten oder ganze Leben zerstörten. Irgendwann wurde es ernst und die ersten Menschen verschwanden. Irgendwann wehrte man sich nicht mehr. Wir mussten aufgeben. Wir wollten nicht mehr weiter kämpfen, um am Ende nur noch mehr zu verlieren. Laut der Regierung, ging es darum, uns zu helfen. Ich glaubte nicht daran. Ich versuchte nur das zu glauben, was ich mit eigenen Augen zu Gesicht bekam und was man mir beweisen konnte.
Meine Familie hatte gekämpft! Wir wären beinahe dem roten Kreis beigetreten. Eine Gruppe, die sich gegen die Regierung positionierte.
In den Medien aber wurde die Widerstandsbewegung als Rechts- oder Linksextrem bezeichnet, was uns natürlich davon abhielt. Den Medien konnte man heutzutage jedoch auch nicht mehr trauen. Ihre Informationen wurden direkt von den oberen Leuten gefiltert und abgesendet. Kleinere Gruppen, die sich gegen Alles und Jenes wehren, wurden gejagt, eingesperrt oder schlimmeres. Besonders das Fangen der davon Angehörigen bereitete den Oberen besonders Spaß. Schließlich wurde es oft genug beleuchtet, so dass sich niemand traute, sich gegen die Regierung zu wenden.
Am Ende war es sowieso zu spät.

Camp 19Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt