Ich ließ meine angewinkelten Beine auf den Boden sinken und konnte ihn einfach nur anstarren. Er hatte mich derart aus dem Konzept, aus meinem wunderbar schauspielerischen Plan, gebracht, dass ich tatsächlich nur fragte: »Was?«
Er nickte zur Erklärung. »Du bist unsterblich.« Ich runzelte die Stirn und lachte ganz gegen mein geplantes Vorgehen auf. »Ja klar.« Er runzelte nur die Stirn, konnte anscheinend nicht nachvollziehen, was daran so unverständlich war. »Ich habe wirklich besseres zu tun, als hier rumzusitzen und mir ihre Lügereien anzuhören!«, blaffte ich ihn an und stand auf.
»Sie haben also auf unmenschliche Weise Experimente an mir durchgeführt, um das herauszufinden?«, fragte ich und lachte. Es klang etwas verrückt durch die Verzweiflung, die mich langsam wieder einholte.
Dennoch arbeitete mein Kopf auf Hochtouren. Ich musste hier raus, mir einen neuen Plan einfallen lassen. Bevor die mir noch die Beine anschnitten oder eine Augentransplantation durchführten.
Im Kopf ging ich die Möglichkeiten noch einmal durch. Das Fenster war zu klein, um hindurch zu klettern und die Tür wahrscheinlich zehnmal verriegelt. Es gab einen Notfallknopf neben dem Bett, aber zur Hilfe würde nur die Blondine kommen, um mich dann wahrscheinlich durch Medikamente ruhigzustellen.
Ich sah den Mann an, checkte ihn von oben bis unten durch, las ihn, wie ein offenes Buch. Und tatsächlich kam mir eine neue Idee.
»Wenn ich doch nicht sterben kann, wieso muss mir dann noch geholfen werden?«, fragte ich und machte einen Schritt auf ihn zu.
»Ich bin mir fast uneingeschränkt sicher, dass man dir nicht alles über den Fluch des Gewitterdämons mitgeteilt hat. Sonst müsste ich dich jetzt nicht aus dieser lebensbedrohlichen Lage retten.«
»Ich dachte, ich sei unsterblich?«
Noch ein Schritt in seine Richtung.
»Denkst du, die Unsterblichkeit hätte keine Grenzen? Ich bin mir nicht sicher, wie ich es auf medizinischer Basis erklären soll...« Nachdenklich verzog er das Gesicht. Sobald er die richtigen Worte gefunden hatte, machte er einen Schritt auf mich zu, genoss das gespielte Interesse in meinem Gesicht. Wobei ich zugeben muss, dass es nicht gänzlich gespielt war.
»Sagen wir, das Blut deiner Freunde bildet im Zusammenhang mit deinem Körper einen Schutz, der es unmöglich macht, dich körperlich zu verletzen. Psychisch gesehen ist es eine Qual, aber der Dämon garantiert für das Überleben des Schlüssels und bindet ihn sogleich an die Gruppe an Spielenden. Das eine funktioniert nicht mehr ohne das andere. Es ist wie ein Turm, der zusammenbricht, sobald ein Stein fehlt.« »Faszinierend«, murmelte ich etwas abwesend, aber der Mann interpretierte es als umfassendes Interesse für seine Arbeit. »So ist es! Ich habe es zu meinem Lebenssinn gemacht, Leute wie dich zu finden und zu schützen, vor den Tücken des Fluches und dem Dämon selbst. Du musst wissen, dass es äußerst kompliziert ist, jemanden wie dich ausfindig zu machen.«
Er war vollkommen vertieft in seine Erklärung. Genau so, hatte ich es gedacht. Als er für eine Sekunde auf den Boden blickte und etwas von weiteren Untersuchungen schwafelte, griff ich nach dem Pfefferspray, das vor mir auf dem Tisch stand und sprühte es dem Entführer ins Gesicht.
In diesem Moment dankte ich meiner Mutter, für ihre plötzliche Überfürsorglichkeit. Während der Mann seine Augen rieb, schrie, fluchte und zischte, schnappte ich mir mein Handy und tippte Nathans Handynummer ein.
Meine Finger zitterten, als ich in Sekundenschnelle die Worte »Hilfe! GPS! ENTFÜH« eintippte. Der gruselige Doktor Frankenstein blinzelte sich die Tränen aus den Augen und schlug blind nach mir. Er bekam das Handy zu fassen und zerrte daran. Schnell drückte ich auf »Absenden« und atmete auf.
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Obscureness - Branded Player
ParanormalDer Pakt mit einem Dämon, ein Fluch, der auf Naivität basiert, die Angst um das Leben derer die sie lieben und eine Unschuldige, die in all das nicht zu passen scheint. Das sind die Dinge, die fortan Lissas Dasein bestimmen sollen. Ein plötzlicher...