Kapitel 11

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Zwei Wochen später…
Der Unterricht und die Hausaufgaben spannte uns so sehr ein, dass wir uns so gut wie gar nicht mehr sahen. Zusätzlich verbrachte ich die letzten Tage fast nur in der Bibliothek, doch ich fand nicht das was ich brauchte, immer wieder blickte ich sehnsüchtig zur verbotenen Abteilung. An diesem Tag war ich mal wieder bereits allein in der Bibliothek, trotzdem konnte ich nicht einfach so in die verbotene Abteilung spazieren. Ich packte die Bücher zurück in die Regale und ging.
Im leeren Gemeinschaftsraum kam mir der Baron entgegen, „Miss Lewis, es freut mich, dass Sie wohlauf sind. Ich hatte mich noch gar nicht richtig bei Ihnen bedankt, es lässt sich kaum in Worte fassen, was Sie für mich getan haben könnte ich nie wieder gut machen.“
Ich presste die Lippen aufeinander, da gab es schon etwas wobei ich Hilfe gebrauchen könnte – aber konnte ich es wagen? Ich hatte wohl keine andere Wahl.
„Können Sie Geheimnisse für sich behalten, Baron?“
Er blickte erstaunt und zugleich interessiert,
„Für Sie würde ich jemanden umbringen und nie ein Wort darüber verlieren!“
„Ich muss in die Bibliothek“
„Das kann doch nicht Ihr Geheimnis sein!“
„Ich muss aber in die verbotene Abteilung“
Er schaute mich eindringlich an,
„und ich möchte keine Fragen darüber beantworten, sagen wir einfach, ich möchte recherchieren“, fügte ich hinzu.
Er schien kurz nachzudenken, „wir treffen uns morgen um Mitternacht vor dem verschlossenen Eingang, ich muss einiges vorbereiten“.
Er schwebte davon und mir fiel ein Stein vom Herzen, eine Sorge weniger, nun blieb nur noch zu hoffen, dass ich dort finden würde was ich seit gut zwei Wochen suche. Nun hatte ich erstmal ein bisschen Zeit für mich. 
Am Sonntagmorgen erwachte ich dank meines immer wiederkehrenden Albtraumes sehr früh, während ich mich fertigmachte und die Zeit verstrich wurde mir immer flauer im Magen, wenn ich erwischt werde war’s das für mich. Aber ich musste es riskieren, seitdem ich in Hogwarts bin scheint sich mein ganzes Leben umzukrempeln, viel was mein Vater mir erzählte hinterfragte ich nun, ich brauchte Antworten – und die bekomme ich weder von meinem Dad, noch aus der allgemeinen Bibliothek – ich musste in die verbotene Abteilung.
Ich war so sehr mit den Vorbereitungen beschäftigt, dass ich Frühstück und Mittagessen total vergaß, jedoch zum Abend hin meldete sich nicht nur mein Magen, sondern auch mein Verstand, ich musste bei Kräften bleiben und mich konzentrieren können wenn ich mehrere Stunden Recherche betreiben will. Der Baron kam zwischendurch zu mir um mir zu sagen, dass er mir vier Stunden verschaffen könne, er hat mit den anderen Geistern einen Streich geplant, der die Lehrer, Schüler und Mr Filch lange beschäftigen würde.
Ich fragte mich besser nicht was das für ein Streich sein sollte, der für einen solchen Aufruhr sorgt – ich wollte nicht auch noch Schuldgefühle zu dem eh schon flauen Magengefühl haben.
Ich ging in die große Halle und setzte mich auf meinen gewohnten Platz. Angela und Dave waren nicht da.
Als ich mir grad eine Scheibe Toast mit Quittenmarmelade bestrich, setzte Draco sich neben mich.
„Wo warst du den ganzen Tag?“
Das Messer ruhte regungslos in meiner Hand, ich sah ihn an, er sah besorgt aus.
„Ich hab einige Zaubertrankzutaten auf Vorrat besorgt und die restlichen Hausaufgaben für morgen erledigt“
„Hm, achso, ich hab dich vermisst, ich hab gehofft wir könnten vielleicht noch ein bisschen Spazieren gehen oder so, es ist schönes Wetter heute Abend.“
Ich biss vom Toastbrot ab um nachdenken zu können, ich müsste spätestens 20 Minuten vorher los um rechtzeitig in der Bibliothek zu sein.
„Ja gern, aber nicht allzu lange, ich bin echt erschöpft heute“
Ich lächelte, er lächelte auch. Doch zum ersten Mal sah ich ein Lächeln an ihm, welches seine Augen nicht erreichte. Es tat mir im Herzen weh ihn so im dunkeln stehen zu lassen aber ich musste erst für mich selbst herausfinden was Sache war. Das würde er verstehen, hoffte ich zumindest.
Er legte seine Hand auf meinen Oberschenkel und sah aus als würde er etwas sagen wollen. Doch dann zog er die Hand wieder weg und nahm sich stattdessen eine Schnitte Brot und strich sich Frischkäse mit Ananasgeschmack darauf, ich blickte über die anderen Tischreihen und aß Gedankenverloren mein Toast weiter.
Als wir fertig mit dem Essen waren verließen wir das Schloss und gingen gemeinsam in Richtung See. Wir setzten uns auf dem Holzsteg, wo wir uns zum ersten Mal geküsst hatten.
Eine Zeit lang war es still.
„Leonie, willst du mir vielleicht was sagen?“
Er schaute mich mit diesem besorgten traurigen Blick an.
Ich schüttelte den Kopf.
„Wir sehen uns in letzter Zeit kaum“
Ich atmete tief ein: „Ja, ich weiß, aber wir bekommen auch so viele Hausaufgaben, ich lebe ja fast schon in der Bibliothek“
„Aber du bist doch so gut, wieso musst du dann trotzdem so viel lernen?“
„Es gibt viel wovon ich überhaupt keine Ahnung hab. Muggelkunde zum Beispiel, oder Arithmatik und Pflege magischer Geschöpfe. Alte Runen geht noch, aber auch da lern ich immer neues.“
„Das sind doch alles Wahlfächer, du brauchst nur eins davon um die ZAG’s zu bestehen.“
„Ich konnte mich aber ehrlichgesagt einfach nicht entscheiden, aber jetzt wo ich mich für alle eingeschrieben hab möchte ich auch mein bestes geben. Nach den Zwischenprüfungen wird ja alles wieder ruhiger“
Ich nahm seine Hand. Es fiel mir schwer ihm eine der Sachen, die mich in letzter Zeit rundum beschäftigen, nicht zu sagen, aber irgendwie hatte ich auch Angst davor, was ist wenn das, was ich herausfinden werde, nicht das sein wird, was ich herausfinden will? Könnte ich so weitermachen wie bisher? -Ich belog mich nur selbst, wenn sich meine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten sollten, müsste ich mich von Draco fernhalten, ich würde ihm wehtun müssen um ihn nicht in Lebensgefahr zu bringen.
Wir beobachteten den Sonnenuntergang.
Dieser Abend war wirklich schön, es war kein Wölkchen am Himmel und je dunkler es wurde, desto mehr Sterne beleuchteten das Himmelszelt.
Nach einiger Zeit gähnte ich demonstrativ obwohl ich nicht müde war. Da man schon das Zirpen der Schlafwandlerschrecke hören konnte, musste es schon nach 23 Uhr sein. Draco schaute mich an: „Müde?“ ich nickte.
Er stand auf, klopfte sich kurz die Hose ab und hielt mir dann seine Hand hin um mir aufzuhelfen, ich nahm an. Ich hätte mir nie denken können, dass der Draco Malfoy, der mir zu Beginn des Schuljahres Stolz und Hochnäsig im Zug begegnet ist, sich als richtiger Gentleman entpuppt – aber so war es, vor allem seitdem wir uns in den Nachhilfestunden näher kennen gelernt haben, hatte er immer makellose Manieren.
Im leeren Gemeinschaftsraum blieben wir voreinander stehen und gaben uns einen Gute-Nacht-Kuss, der irgendwie anders als die anderen Küsse war, Draco war viel zurückhaltender, es kribbelte zwar, aber das Feuerwerk brach nicht aus. Vielleicht war das alles auch nur Einbildung oder ich hab momentan einfach zu viel um die Ohren als dass ich mich wie sonst einfach in die Emotionswellen reinfallen lassen könnte.
Ich blieb am Treppenabsatz des Mädchenschlafsaals stehen und wartete bis auf der anderen Seite die Tür zum Jungenschlafsaal zuging, sie klackte ins Schloss und ich schlich auf Zehenspitzen die Steinstufen wieder hoch und verließ den Gemeinschaftsraum.

Die Erbin Voldemorts (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt