Kapitel 16

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Schon am nächsten Tag sollte ich die Möglichkeit dazu bekommen. Nach dem Verwandlungsunterricht bat mich Professor McGonagall um ein vier Augen Gespräch. Ich folgte ihr bis hin zum goldenen Wasserspeier, der zu Dumbledores Büro führte. Dort blieb sie stehen und sah mich eindringlich an: „Es versteht sich sicher von selbst, dass Professor Dumbledore noch mit Ihnen über den jüngsten Vorfall im Turm des Barons sprechen möchte. Miss Lewis, ganz gleich wie Sie das geschafft haben, es war überaus waghalsig von Ihnen, sich mit so wenig Erfahrung an einen so mächtigen Fluchbrecher zu trauen, so heldenhaft Ihre Absichten auch gewesen sein mögen. Sie hätten dabei sterben können und wie wir wissen, sind Sie nicht ganz ohne ewige Merkmale dessen davongekommen.“
Der Blick, mit dem sie mich ansah, hätte Wasser gefrieren können, sie drehte sich zur großen Wandnische, sprach das Passwort und der Wasserspeier begann sich zu drehen.
Ihre Hand drückte mich sanft am Rücken auf die ersten erscheinenden Stufen, „ich werde nicht mitkommen, Professor Dumbledore hatte ausdrücklich gewünscht Sie alleine zu sprechen.“, fügte Professor McGonagall noch hinzu bevor ich sie nicht mehr sehen konnte.
Der Wasserspeier drehte sich immer weiter in die Höhe.
Ich merkte wie ein Kloß in meinem Hals anschwoll und versuchte ihn hinunterzuschlucken.
Ich schreckte zusammen als Fawkes, der Feuerphönix, mich mit einem Krächzen begrüßte, schnell schweifte mein Blick durch den Raum, Dumbledore war aber nirgends zu sehen. Wieso sollte ich hierher kommen, wenn er gar nicht da war?
Ich beschloss trotzdem zu warten, vorsichtig ging ich einige Schritte auf Fawkes zu, er legte den Kopf schief und schaute mich interessiert an, ich wusste aus den Büchern, wie man mit diesen wunderschönen Geschöpfen umzugehen hatte.
Ungefähr einen Schritt vor ihm blieb ich stehen und ließ ihn mich untersuchen, er machte einen kurzen nick mit seinem Kopf, also nahm ich den letzten Schritt und streckte meine Hand seitlich neben seinem Kopf aus, er schmiegte sich daran und ich streichelte ihn dann über seinen gefiederten Rücken und seine Flügel.
„Meine Annahme bestätigt sich wohl“
Ich fuhr zusammen, oben am Treppenabsatz stand Professor Dumbledore und lächelte mich wissentlich an. Er kam zu mir herunter.
„Entschuldigen Sie Professor, ich weiß nicht was Sie meinen“
Er ging zu seinem Schreibtisch und beäugelte eine kleine Metalldose, dann nahm er sie in die Hand und öffnete sie.
„Setzen Sie sich erstmal. Zitronenbonbon?“.
Während ich mich hinsetzte hielt er mir die Dose mit kleinen gelben Lutschdrops hin. Ich lehnte dankend ab. Er nahm sich eins und setzte sich mir gegenüber.
„Phönixe sind sehr schlaue Tiere, nicht wahr Miss Lewis? Sie wissen sicher alles darüber, in Anbetracht Ihrer hervorragenden Leistungen in Pflege magischer Geschöpfe.“
„Ja, ich hab einiges darüber gelesen, aber ich…“
Er unterbrach mich: „Phönixe wissen genau wer gut und wer böse ist und ich hab in meiner ganzen Zeit als Schulleiter noch nie erlebt, dass Fawkes sich von einer Slytherin hat streicheln lassen.“
Ich wusste nicht so recht worauf er hinaus wollte, also hörte ich ihm einfach weiter zu.
„und dennoch frage ich mich, wieso der sprechende Hut zugelassen hat, dass Sie nach Slytherin kommen, obwohl Sie alle Eigenschaften einer Gryffindor besitzen“, er sah mich nachdenklich an.
„Ich wollte es so“, antwortete ich, worauf er interessiert eine Augenbraue hochzog: „Hmm, das ist zwar nicht einmalig – aber selten. Nun…“
Er beugte sich vor und schien mich über seine Halbmondbrille mit seinen Augen zu durchleuchten.
„Was möchten Sie wirklich hier in Hogwarts, Miss Lewis?“
Ich schluckte, nun bekam ich doch etwas Angst, was ist, wenn er mir nicht helfen will und, schlimmer noch, mich von der Schule verweist?
„Professor Dumbledore, ich – mein Nachname ist nicht Lewis. Ich weiß nicht wie ich heiße und ich sollte eigentlich hierher kommen um – aus anderen Gründen. Ich hab herausgefunden, dass der Mann, der mich großgezogen hat nicht mein Vater sein kann und ich – ich möchte wissen wer meine richtigen Eltern sind und Sie sind der einzige Zauberer, der mir helfen könnte meine Eltern zu finden.“
Er schaute mich etwas erstaunt an ich hätte bislang nicht gedacht, dass man Professor Dumbledore überraschen könnte.
Er lehnte sich in seinen Stuhl zurück und legte seine Fingerkuppen aneinander: „Dann haben sich meine Befürchtungen also bewahrheitet. Voldemort hat eine Erbin großgezogen und Sie sollten hierher kommen um mich zu töten, ist dem so?“
Wie konnte er das nur wissen, ich schluckte schwer, „Ist dem so?“, fragte er noch mal eindringlich, ich nickte nur und er stand auf und ging zum Portrait einer schlanken, herrisch wirkenden Dame, „Madame Tiloue, berichten Sie schnellstmöglich dem Orden davon, sie sollen nachforschen ob Kinder zu Leonies Geburtsjahr vermisst gemeldet oder aus Erinnerungen gerissen wurden, wahrscheinlich Reinblütiger Abstammung.“
Er drehte sich wieder zu mir um, ich war total baff: „Das heißt, Sie helfen mir obwohl ich Sie töten sollte?“
Er kam auf mich zu: „Wenn Sie diese oder andere böse Absichten je ernsthaft vorgehabt hätten, hätte Fawkes sich nie von Ihnen streicheln lassen. Sie können wieder zum Unterricht gehen – und fürs erste bleiben Sie bei Ihrem bisherigen Nachnamen Miss Lewis, das stiftet sonst zu viel Verwirrung.“
Ich stand auf: „Ich danke Ihnen, Professor Dumbledore. Das bedeutet mir sehr viel“. Er lächelte nur und ich stellte mich auf die erste Stufe des Wasserspeiers, welcher sogleich begann sich nach unten zu drehen.
Wie aufs Stichwort hatte ich nun Pflege magischer Geschöpfe. Wir gingen in den verbotenen Wald zu der Einhorn Herde. Sie waren sehr scheu, daher war das meiste nur theoretischer Unterricht.
Als die Stunden vorbei waren und alle zurück zum Schloss gingen, um zu Mittag zu essen, ließen Draco und ich uns unauffällig zurückfallen um ungestört reden zu können.
„Ich war bei Dumbledore“, begann ich.
„Und?“, fragte Draco neugierig.
„Ich musste eigentlich kaum etwas erzählen, er wusste alles, auch warum ich hierhergeschickt wurde. Ich dachte erst er wird mich der Schule verweisen aber er hilft mir!“
Plötzlich schloss Draco mich in eine Umarmung, „ich bin so froh darüber. Über alles.“
Er schaute mir in die Augen: „Über dich“.
Meine Wangen wurden warm, ich errötete. Er küsste mich und ich ließ es zu.
Danach gingen wir hoch zum Mittagessen.
Schon morgen würde Draco nachhause fahren und dort seine Weihnachtsferien verbringen, so wie die meisten Schüler. Dann werde ich ihn zwei Wochen nicht sehen, zwei Wochen Ferien im so gut wie leergefegten Hogwarts. Vielleicht würde ich es ja schaffen selbst etwas über den Verbleib meiner Familie herauszufinden.
Aber wo sollte ich nur anfangen?
Der Tag der Abreise brach an, der erste Ferientag. Draco und ich saßen am See. Er hatte seine Sachen schon gepackt und trug eine dunkelblaue Hose zu einem hellblauen Hemd. Freizeitkleidung eben, trotzdem sah alles an ihm verdammt gut aus. Ich selbst hatte eine rosafarbene Bluse und eine hellblaue Röhrenjeans an. Er nimmt erst heute Abend den letzten Zug nach London.
„Ich würde am liebsten bei dir bleiben, aber mein Vater möchte, dass ich nach Hause komme.“
„Ist schon okay, Draco. Ich bin lieber hier als…“
Ich wusste nicht mal mehr wie ich ihn, oder das Haus in dem ich aufgewachsen bin nennen konnte. Doch Draco nahm meine Hand und schaute mich beruhigend an.
„Okay. Aber, dass du mir bloß nicht die ganzen Ferien in der Bibliothek verbringst. Du kannst ja auch mal die Gelegenheit nutzen und das Schloss erkunden.“
Ich lächelte: „Ja, mach ich. Aber wollen wir unsere verbleibende Zeit wirklich mit reden verschwenden?“
Ich legte eine Hand an seine Wange und küsste ihn fordernd.
Bis er los musste saßen wir da, wo wir uns zum ersten Mal geküsst hatten, da wo wir uns lieben gelernt haben.
Ich begleitete ihn noch zum Zug, blieb am Gleis, bis ich ihn nicht mehr sehen konnte und ging dann zurück zum Schloss.

Die Erbin Voldemorts (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt