Kapitel 7

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Langsam zog ich von dannen und ging raus an den großen See.
Ich setzte mich unter eine Fichte und blickte auf das ruhige Gewässer. Was ist wenn Leonie nicht wieder aufwacht und ihr Herz stehen bleibt? Ich wollte eigentlich gar nicht über so etwas nachdenken doch die Gedanken schwirrten nun mal in meinem Kopf herum, auch zum Lebenstrank glitt ich kurz, nicht mal 2 Wochen, nein. Ich könnte ohne Leonie nicht mehr weiterleben, wie schön es doch – und wie einfach es wäre sich jetzt und hier in diesem See zu ertränken, ohne Wörter, ohne Schreie, ohne dass es jemand mitbekäme, die Schmerzen und diese grauenvolle Ungewissheit mit meiner Lebenskraft sinken zu lassen. Leonie hat jemand besseren als mich verdient, jemand der sie vor allen Gefahren und Leiden dieser grausamen Welt beschützen kann, jemand der genauso rein, genauso gutherzig ist wie sie. In meinen Kopf blitzte das Bild von ihr und Potter auf, als sie mit ihm und seinen Freunden aus dem Zug gestiegen ist, wie glücklich sie zwischen ihnen ausgesehen hat. Nein – ich werde nie zulassen, dass sie mit Potter zusammenkommen könnte. Sie ist eine Slytherin und sie gehört mir. Ich stand auf und begab mich auf dem Rückweg.
Im Schloss ging ich in das Badezimmer des 1. Stockwerks und wusch mir am Waschbecken das Gesicht. Doch mein Spiegelbild war unverändert, meine Augen waren glasig und durch die Tränen rot unterlaufen, mein Gesicht schien eingefallen und leblos.
Nochmal, in der Hoffnung auf Besserung rieb ich es mit dem klaren Wasser ab.
„Malfoy?“
Ich erschrak und fuhr herum, Dave Syvell stand vor mir. Sofort entspannte ich mich wieder: „Was willst du hier?“
„Ich hab dich gesucht, ich wollte mit dir reden – ehrlichgesagt soll ich mit dir reden, Angela hat mich darum gebeten.“
„Worum geht’s denn?“, meine Nerven lagen blank, ich wäre am liebsten sofort zurück zum Krankenflügel gegangen.
„Es geht um Leonie, was genau läuft da zwischen euch? Benutzt du sie nur?“
Ich konnte nichts dagegen tun, dass ich wütend und laut wurde: „Nein! Was geht dich das überhaupt an, da läuft garnichts zwischen uns!“
„Verarsch mich nicht, jeder kann doch sehen, dass da was ist!“, auch Daves Stimme erhob sich.
„Egal was da jeder zu sehen denkt, zwischen Leonie und mir läuft überhaupt nichts“. Ich drehte mich um, um meine wiederaufkommenden Tränen zu verstecken, „leider“, fügte ich leise mehr zu mir selbst hinzu.
Ich stützte meine Hände auf das Waschbecken und starrte mich im Spiegel an. Je mehr Dave über Leonie redete, desto schmerzhafter wurde mir bewusst, dass sie gerade in Lebensgefahr schwebte und ich, statt bei ihr sein zu können, mich hier sinnlos verteidigen musste.
Was kümmerte es mich überhaupt was Dave und Angela sich dachten. Als ob ich Leonie nur benutzen wollen würde, als ob ich ihr je wehtun könnte.
Aber es war klar, dass viele so etwas von mir dachten, ich bin die Brut eines überzeugten Todessers und Verehrer Voldemorts, der ultimative Erbe der blutsreinen Rasse, nie hat es in meinem Familienstammbaum verschmutztes Blut gegeben. Außerdem hab ich selbst in der Vergangenheit nicht gerade als gutes Vorbild geglänzt, ich Feigling hab mich immer hinter dem scheinbaren Glanz meines Vaters versteckt. Dabei wollte ich nie so sein wie er. Ich hatte Angst vor Voldemort und wollte keinesfalls zu seinen Anhängern gehören.
Doch mein Leben war schon vorbestimmt und durchgeplant bevor ich überhaupt laufen konnte.
Ich spürte Daves Hand auf meiner Schulter, ich war so sehr in Gedanken vertieft, dass ich gar nicht merkte, dass ich weinte.
Daves Stimme war ruhig und kontrolliert: „Draco, ich will dir nichts böses, Angela hatte nur die Befürchtung, dass du Leonie verarschen willst. Aber so wie du gerade vor mir stehst und so wie du auf sie reagierst bin ich mir sicher, dass du ehrlich für sie empfindest. Ich rate dir nur eins, behandle sie mit Vorsicht, Angela hat selbst noch nicht herausgefunden was es damit auf sich hat weil Leonie sich komplett verschließt sobald diese Thematiken auch nur erwähnt werden, aber das Mädchen birgt viele Narben in sich, die keinen natürlichen oder normalen Ursprung haben. Zudem wissen wir rein garnichts über ihre Familie, nicht mal die Lehrer, es ist so als würde sie nicht existieren  und so viele Reinblüterfamilien gibt es nun mal nicht, schon gar nicht welche, die sich scheinbar vor der Zaubererwelt versteckt halten.“
Obwohl mein Körper zitterte, musste ich ihm recht geben, mein Vater hatte auch nichts über sie herausgefunden und ihm sind eigentlich alle Reinblüterfamilien bekannt.
„Lass das mal meine Sorge sein, ich vertraue ihr, da kann kommen was wolle. Vielleicht ist es ja gerade das, was mich so an ihr fasziniert – sie ist anders.“
Mit immer noch feuchten Augen aber einem Lächeln auf den Lippen schritt ich an Dave vorbei, ich musste zu ihr, ich wollte ihr zeigen, dass sie mir vertrauen kann, so wie ich ihr bereits jetzt vertraue. Das Gespräch mit Dave war letztendlich doch sehr aufschlussreich, nun war mir bewusst, dass alles ohne sie für mich sinnlos wäre, dass ich sie, ohne es bewusst zu merken, lieben gelernt hab. Verdammt – ich war sogar, ohne mit der Wimper zu zucken, bereit dazu mich umzubringen, sollte sie nicht mehr aufwachen.

Die Erbin Voldemorts (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt