Nils
Ich ließ meinen Blick noch einmal über die verlassene Straße wandern, ehe ich mit schnellen Schritten durch den verdorrten Vorgarten ging. Ich zog eine kleine Nadel aus meiner Jackentasche und blickte mich noch einmal um bevor ich die Nadel in das Schloss steckte. Nach ein paar gezielten Handgriffen spürte ich wie die Tür nachgab, sodass ich schnell in das Haus huschte. Während ich die Tür hinter mir schloss, ließ ich meinen Blick über den Flur wandern in dem ich stand.
Der Holzboden sah so aus, als würde er knarren, wenn man über ihm lief und die alte Holztreppe sah aus, als wäre sie aus einem anderen Jahrhundert. Männerschuhe waren unordentlich in eine Ecke geworfen worden, dem gegenüber standen zierliche Frauenschuhe, die sortiert waren. Ansonsten war der Raum schlicht. Keine Bilder, keine Pflanzen nur eine Garderobe und ein Spiegel.
Und schon an der Tür, schlug mir der Alkoholgeruch entgegen, den ich nur zu gut aus meinem früheren Leben kannte, was mich leicht die Nase verziehen ließ. Möglichst leise ging ich Richtung Treppe und versuchte ihr Zimmer zu finden. Ein Blick durch die beiden Türen verriet mir, dass hier unten nur das Wohnzimmer und die Küche waren, welche sich beide in einem katastrophalen Zustand befanden. Also beschloss ich nach oben zu gehen und dort weiter zu suchen. Wenn ich Glück hatte, war sie schon Zuhause und am Schlafen oder am Hausaufgaben machen. Vielleicht würde sie auch gleich erst auflaufen. Ich freute mich riesig sie wieder zu sehen, doch ich hatte keine Ahnung wie ich mein Auftauchen erklären sollte.
Ich konnte mich schlecht hinstellen und sagen: „Hey du. Sorry, dass das alles so scheiße gelaufen ist und ich weiß, dass mein Auftauchen komisch ist, aber ich, der Schwerverbrecher, habe mich in dich verliebt." Hörte sich in meinen Ohren irgendwie nicht besonders romantisch oder individuell an.
Es klang einfach nur bescheuert.
Mit nun schweren Füßen stieg ich die Treppe hinauf und sah eine gepflegte weiße Holztür, die ebenfalls alt aussah. Vorsichtig drückte ich diese auf und blickte in ein gepflegtes Zimmer. Es war ebenfalls schlicht gehalten, hatte jedoch eindeutig ihre Ausstrahlung. Ich trat in das Zimmer und ein komisches Gefühl überkam mich, als ich in ihrem Zimmer, das ihr sonst immer Schutz bot, stand. Ich ließ mein Blick umherwandern und prägte mir jede Kleinigkeit ein.
In jedem Teil, das ich sah, erkannte ich sie und langsam wurde mir bewusst, dass dieses Zimmer ein Teil von ihr war. Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen und sie war plötzlich ganz nah, auch wenn sie nicht hier war. Was zwischen uns geschehen war, war auf einmal mehr als nur ein Traum. Es war etwas reales, dass ich nicht gehen lassen konnte.
Meine Aufmerksamkeit fiel dabei auf zwei Zettel und ein Buch, die auf ihrem Bett lagen. Langsam bewegte ich mich darauf zu. Stand dort etwas über mich? War das vielleicht ihr Tagebuch? Ich streckte meine Hand voller Erwartung aus.
„An deiner Stelle würde ich das lassen. Oder willst du, dass die Polizei deine Fingerabdrücke bekommt?"
Ich wirbelte geschockt herum und blickte eine junge Frau an, die groß und schlank war. Sie hatte seidiges, langes Haar und ihr Outfit war sehr Figurbetont. Strahlend blaue Augen durchbohrten mich kritisch. Ich konnte mich nicht bewegen. Zu geschockt war ich von dem plötzlichen Auftauchen des Mädchens. War ich etwa so in meine Erinnerungen vertieft gewesen, dass ich alles ausgeblendet hatte?
„Ähm. Wer bist du?", stotterte ich rum und ermahnte mich darauf selber, selbstsicherer zu klingen.
„Marie. Franziskas Freundin", stellte sie deutlich ihre Position klar.
„Ouh. Hi Marie", sagte ich, woraufhin wir beide uns einen Moment anstarrten.
„Du bist also Nils."
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Entführt - Gerettet aus der Hölle
RomansaKeine Regung ließ ich erkennen, obwohl meine innere Gefühlswelt sich langsam wieder öffnete und die Kälte die ich empfand nachließ. Nun bekam ich Angst, doch sie wurde von dem Hass auf meinen Vater und auf dem Blonden Typen mit den kalten braunen Au...