Der Schock, der mich an diesem Tag durchfuhr, verankerte sich in meinen Knochen und liess mich eine ganz neue Form von Angst spüren. Zum ersten Mal, seit dem ich hier war, war Harold nicht derjenige, vor dem ich am meisten Angst hatte; ich hatte Angst vor dem Unbekannten. Vor dem Unsichtbaren Etwas, das mich von dem Moment an, in dem ich seine Anwesenheit erkannt hatte, zu verfolgen schien.
Ich schlief in der Nacht noch schlechter als sonst und hatte immer mit dem Gefühl, von jemandem beobachtet zu werden. Die Sache mit dem permanenten Beobachter nahm genauso viel Platz in meinen Gedanken ein wie die Sache mit Harold.
Seit dem Moment an, in dem ich erkannt hatte, dass ein Dämon sich in seinem Körper eingenistet hatte, hatte ich vorgehabt, ihn darauf anzusprechen, fand jedoch immer wieder eine Ausrede, es nicht zu tun. Seine Reaktion war etwas, das ich nicht vorhersehen konnte und das machte mir Angst.
Harold war unberechenbar weshalb ich beschloss, die folgenden Tage während meiner freien Zeit das Tagebuch zu durchblättern, um auf neue Informationen zu stossen.
Ich fand heraus, dass der Dämon anscheinend einen Namen trug.
Paxton.
Ein Wort, zwei Silben. Ein so kleines, unbedeutendes Wort und doch reichte es aus, um mich erschaudern zu lassen. Wenn ich aus dem, was ich gelesen hatte, richtig kombinierte, dann war er der Hauptauslöser zu all den Dingen, die mir passiert waren, seit ich dieses Haus betreten hatte. Auch wenn ich es gerne getan hätte, konnte ich jedoch nicht glauben, dass Harold ganz und gar unschuldig war. Es widerstrebte mir, Harold von einem Teufel in einen Engel zu transformieren weshalb ich beschloss, ihn zu fragen, sobald die Zeit reif war.
Ich musste zugeben, dass die persönlichen Gegenstände, die mir Harold gebracht hatte, mir die Zeit hier im Haus definitiv erleichterten.
Schon in der Lage zu sein, täglich die Zähne zu putzen, zu baden und saubere Klamotten zur Verfügung zu haben erleichterten mir das Leben dramatisch und ich konnte nicht bestreiten, dass ich Harold dankbar dafür war.
Ich bewegte mich frei im Haus, konnte alles tun, was ich wollte, ohne dass ich von ihm in irgendeiner Weise daran gehindert wurde. Wir begegneten uns nicht oft, da das Haus wirklich riesig war, doch wenn ich mal einen Blick auf Harold erhaschte, war er im nächsten Augenblick auch schon wieder verschwunden.
Doch je länger er meiner Gegenwart fernblieb, desto öfter tauchte er in meinen Gedanken auf, sogar in meinen Träumen.
Obwohl ich mich mit aller Kraft dagegen wehrte, konnte ich das prickelnde Gefühl seiner Lippen auf meinen und seinen kalten Händen auf meiner Haut nicht aus meinen Gedanken drängen.
Dass er gesagt hatte, dass er mich nicht zu dem Kuss gezwungen hatte, brachte mich beinahe zum Verzweifeln. Falls das wirklich stimmen sollte, dass ich ihn freiwillig geküsst hatte, dann war ich krank.
Niemand, der noch halbwegs bei Sinnen war, würde denjenigen küssen, den er am meisten hasste.
Aber hasste ich Harold wirklich?
Oder hasste ich bloss den Dämon?
Ich schnaufte frustriert auf und wandte mich auf die andere Seite, um mein Gesicht im Kissen zu vergraben. Schon wieder kreisten meine Gedanken um ihn, es war zum Verzweifeln. Gerade als ich die Augen erneut schliessen und einen weiteren Versuch unternehmen wollte um einzuschlafen, liess mich ein lautes Scharren aus dem Erdgeschoss hochfahren.
Bestimmt war es bloss Einbildung gewesen. Ich schüttelte den Kopf, legte mich wieder hin und schloss die Augen und begann leise zu zählen, was mir immer half, wenn ich nicht einschlafen konnte. Als ich bei hundertneununddreissig angelangt war, vernahm ich dasselbe Geräusch erneut, jedoch war es dieses Mal lauter.
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Phantom
Fanfiction[WARNUNG: Diese Geschichte enthält brutale und eventuell verstörende Szenen.] In der Styles Villa soll es spuken. Das erzählt man sich schon seit dem Jahre 1888, nachdem Mr und Mrs Styles Sohn, Harold, von einem Priester wegen seiner übernatürliche...