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»Amelie, bleib bei mir! Nein, bitte! Bleib hier!« Ich schrie sie an. Schrie aus vollem Halse. Sie durfte nicht gehen, sie durfte mich nicht verlassen. »Amelie!« Sie öffnete leicht ihre Augen. Es war nur ein Spalt, aber sie tat es. »Oh, bei der Göttin, Amelie.« Ich fiel ihr um den Hals. Tränen liefen aus meinen Augen.

»Lass mich los! Du...Du Arsch«, kreischte sie, schlug auf mich ein. »Nein, Amelie«, keuchte ich. »Ich liebe dich!«, versuchte ich ihr verzweifelt klar zu machen. Plötzlich fielen ihre Augen wieder zu und sie wisperte noch: »Mit sowas wie dir, will ich mich nicht abgeben. Ich hasse dich, Alexander.« Und dann hörte ihr Herz auf zu schlagen. Ihr Herz...schlug nicht mehr. »NEIN!«, brüllte ich. »Amelie, bitte komm zu mir zurück!« Ich rüttelte an ihrer kalten Leiche, merkte, wie sie unter meinen Fingern zu Staub zerfiel. Verzweifelt versuchte ich den Staub festzuhalten, aber er rann einfach durch meine Finger und blieb nicht bei mir. Und dann-

Ich riss ruckartig meine Augen, setzte mich auf und merkte wie mir der Schweiß von der Stirn rann. Zitternd atmete ich aus, bebte am ganzen Körper. Fuhr mir nervös durch die schweißnassen Haare und merkte nicht, wie Chloe ins Wohnzimmer kam. Unbemerkt ließ sie sich neben mir auf die Knie sinken und legte mir ihre Hand auf den Rücken, den ich ihr zugewandt hatte. Ich schreckte wegen der plötzlichen Berührung zusammen.

»Hey...Alex. Alles okay bei dir?« Meine Augen schossen zu ihr, mein Körper entspannte sich aber, als er ich registrierte, wer sie war. Sanft glitt ihre Hand auf und ab, meinen Rücken entlang. Es beruhigte mich nicht, aber es zeigte mir, dass sie da war - für mich da war.

»Ich hatte nur einen Albtraum.« Ich zog meine Knie an meinen Körper und legte meinen Kopf auf meine Knie. »Alex«, legte sie die Aufmerksamkeit auf sich. »Das letzte mal, als du einen Albtraum hattest, war ich noch nicht mal geboren.« Ich seufzte gequält.

»Es ging um Amelie, oder?«, fragte sie besorgt. Ich starrte stumm die Wand an und nickte schwach. »Was ist passiert?« Ich schluckte, wollte nicht erzählen, was ich geträumt hatte. »Bevor sie starb, sagte sie, dass sie mich hasst...« Zwar war ich ein Alpha und sollte nicht so schwach sein und die ganze Zeit Tränen vergießen. Aber es ging um meine Mate, meine zweite Hälfte. Der Teil meiner Seele, der mein Leben erst vollständig machte. 

Mir traten wieder die Tränen in die Augen und wischte sie mir weg. Chloes schuldbewussten Blick bemerkte ich auch, doch hatte ich dafür keinen Kopf. »Alex...Sie liebt dich, da bin ich mir ganz sicher und sie braucht dich jetzt.« Sollte ich jetzt bei ihr sein? Ja, sollte ich. Doch konnte ich sie nicht so sehen, ohne zusammen zu brechen. Ich sah sie an. »Woher willst du das wissen?«, murmelte ich erschöpft. Sie schluckte und sah weg. »Ich weiß es einfach", meinte sie. »So jetzt schlaf noch etwas, ich geh wieder nach oben und halte bei ihr Wache.« Ich nickte und legte mich wieder hin.

Trotz, dass ich schlafen sollte und wollte, lag ich schon seit ein paar Stunden wach. Ich musste sie einfach sehen. Ich hielt es einfach nicht mehr aus. Schnell rappelte ich mich auf und lief nach oben. Leise öffnete ich die Tür, als ich plötzlich Schluchzer hörte und Amelie noch bewusstlos im Bett liegen sah. Zwar war sie noch bewusstlos, doch weinte und jaulte sie. Das musste wohl das Gift sein, von dem der Arzt gesprochen hatte. Ich war in wenigen Schritten bei ihr und nahm ihre kleine Hand in meine großen Pranken. Vorsichtig strich ich ihr, mit zitternden Fingern über ihre blasse Wange.

»Shh...shh«, machte ich. »Ich bin ja da.« Sie zuckte immer wieder mit ihrem Kopf in alle Richtungen und manchmal bäumte sich ihr Körper auf. Es war schrecklich sie dabei zu beobachten. Aber ich hatte mich richtig entschieden. Hier bei ihr zu sein und darauf zu warten, dass sie aufwachte, war das, was ich tun sollte. Nicht versuchen zu verdrängen, was geschehen war. Ihr Körper kämpfte gegen das Gift und brauchte mich, damit es dagegen ankommen konnte. Und plötzlich riss sie ihre Augen auf, schrie laut am Spieß, ehe sie schon wieder in sich zusammenfiel und ihre Augen schloss.

Ich sprang alarmiert auf, drückte ihre Hand, um ihr zu zeigen, dass ich da war. Dann riss sie wieder ihre Augen auf, schrie ihren Schmerz heraus. Setzte sich Kerzengerade im Bett auf, verdrehte ihre Augen wieder und kippte nach hinten. Bevor sie aufschlagen konnte, auch wenn das Bett weich war, fing ich sie auf und legte sie langsam ab. 

»Du kannst das. Du bist stark«, redete ich ihr gut zu. Aus dem Bad, holte ich einen nassen Waschlappen, um ihr den Schweiß von der Stirn zu wischen. Gerade als ich ihn nass machte, fiel mir ein, dass ich dem Alpha aus dem anderen Rudel, noch nicht Bescheid gegeben hatte. Ich musste mich morgen erstmal darum kümmern, aber jetzt ging Amelie vor, die noch mit dem Gift zu kämpfen hatte.

Ich betrat wieder das Schlafzimmer und wischte Amelie den Schweiß von der Stirn. Seufzte, als ich ihren schmerzverzerrten Ausdruck sah. »Bitte, wach schnell wieder auf, Prinzessin«, flehte ich. Gab ihr einen Kuss auf die Stirn, als die Anfälle sich minderten und begab mich wieder nach unten. Die Tür ließ ich offen, falls sie nochmal solche Anfälle bekam. 

Gerade als ich unten ankam, merkte ich erst, dass die Sonne bereits aufgegangen war. Müde fuhr ich mir über mein Gesicht. Sonnenaufgang, dann musste ich doch wohl erst meinen Aufgaben nachgehen. »Dann kann ich ihn ja jetzt schon anrufen...« In mir sträubte sich alles, mit ihm zu reden. Aber wenn wir nicht kamen, aber angekündigt waren, würde das nur schlecht enden. Er könnte es als Provokation oder falsch Information ansehen und das auf unser Rudel schieben. Und wer wusste schon, was in seinem kranken Kopf noch so entstehen konnte. Nicht, dass er uns noch angriff. 

»Alpha Nathan vom Crystal-Hearth-Rudel?", kam es von ihm, als er abhob. Ich presste meine Zähne zusammen, unterdrückte meinen Hass auf ihn. »Hier ist Alpha Alexander vom Dark-Soul-Rudel«, stellte ich mich kurz vor, runzelte aber dann meine Stirn, als ich bemerkte, wie er sich vorgestellt hatte. »Wieso sagen Sie Ihren Rudel Namen, es könnten Menschen anrufen«, wies ich ihn auf dieses kleine, aber feine Detail hin. »Ah, Alpha Alexander! Ganz einfach, Sie rufen über mein, sagen wir es so, Werwolf Telefon an«, erklärte er, als würde er über eines seiner Spielzeuge reden. Dann wurde er ernster. »Aber wieso sind Sie nicht hier, wir haben uns schon Sorgen gemacht.« Als ob, knurrte ich innerlich. »Das ist der Grund, wieso ich anrufe. Meine Gefährtin wurde bei uns im Wald von einem Rouge angegriffen und trägt schwere Verletzungen davon, von denen sie sich erst erholen muss.«

Als ich an Amelie dachte, sackte meine Laune wieder in den Keller. Ich wollte jetzt lieber bei ihr sein oder mich ausruhen. »Ach wirklich?« Er klang so, als würde er es bereits wissen und gleichzeitig klang er so, als würde er mir nicht glauben. Als wollte ich unser Treffen hinauszögern. »Das ist ja unschön. Ich wünsche ihrer Gefährtin eine gute Besserung«, sagte er und das Gefährtin spuckte er abfällig aus. »Vielen Dank, ich rufe Sie dann wieder an. Auf wiedersehen.«

»Auf wiedersehen.« Ich legte auf und fuhr mir durch meine Haare. Seufzend lehnte ich mich in meinem Sessel zurück. Ich hoffte, ich konnte mich kontrollieren, wenn ich ihn sah oder Ciro konnte sich kontrollieren. Oder besser, wir beide.

Hey! Ich kann mich immer kontrollieren!, protestierte mein innerer Wolf. Ist klar, Ciro, antwortete ich brummend. Jetzt schmollte er irgendwo in meinem Kopf. Er kam meinen engsten Freunden, wie ein ein kleines Kind vor, doch wenn es um das Wohl des Rudels oder um Amelie ging, sah er rot. 

Auf jeden Fall hoffte ich, dass wir uns kontrollieren konnten, wenn wir diesen anderen Alpha sahen, der es gewagt hatte, die Unschuld unserer Gefährtin zu stehlen und sie allgemein zu berühren. Bei dem Gedanken entkam mir ein Knurren und bemerkte gar nicht, wie die Tür des Büros aufging. »Alex?«, machte sie auf sich aufmerksam. Ich verstummte, sah auf in ihr Gesicht. »Ja?«, fragte ich und erhob mich. 

»Amelie. Sie wälzt sich die ganze Zeit und nuschelt deinen Namen.« Es war wie ein Weckruf. Meine Beine trugen mich auf ihr Zimmer. Mein Herz schlug unruhig vor Aufregung.

Sie wälzte sich unruhig im Bett und nuschelte wirklich meinen Namen. Ich setzte mich sofort zu ihr und strich ihr über die Wange. »Ich bin hier«, hauchte ich, versuchte sie zu beruhigen. Ihre Augenlider fingen an zu zucken, flatterten. Meine Finger strichen weiter über ihre Wange. Sie sah so unglaublich schön aus, wenn sie versuchte ihre Augen zu öffnen. 

Es dauerte, bis mein Gehirn nach kam. Stockte, als ich es realisierte. Sie öffnete ihre Augen und diesmal richtig!


My broken Mate Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt