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Die Stunden vergingen schleppend, bis endlich Pause war. Erleichterung machte sich in mir breit. Dem Lehrer weiter zuzuhören war ziemlich anstrengend, denn er war wie eine menschliche Schlaftablette. Seufzend nahm ich meine Tasche und verließ als einer der ersten die Klasse. Außerhalb der Klasse hielt ich sofort Ausschau nach Alex, doch konnte ich ihn nicht sehen. 

Plötzlich legte jemand seine Hand auf meine Schulter. Ich zuckte zusammen und drehte mich ruckartig um. Als ich in das Gesicht des Typen blickte, den ich auf dem Weg zur Klasse begegnet war, drehte sich mir der Magen um. Musste ich gerade auf ihn treffen?

»Na, Dicke« , lachte der Typ. Mir lief ein Schauer den Rücken runter und meine Gedanken drehten sich nur um das eine Wort - Dicke. Ein Teil in mir kämpfte gegen die Gedanken an, die mir sagten, dass das nicht wahr war, doch der Teil, der einsehen wollte, dass ich noch zu dick war, dass ich zu viel aß, war stärker. Alex hatte es doch gesagt, ich hatte zugenommen. Er meinte zwar, dass es ihm gefiele, da ich nur aus Haut und Knochen bestand. Doch gefiel nicht genau das der heutigen Zeit? Desto dünner, desto besser? Und jetzt, wo er mir Essen anbot und es mir nicht verboten wurde, hatte ich zugenommen - war dick geworden.

Wütend auf mich selbst und auf ihn, schüttelte ich seine Hand ab und lief einfach weg. Ließ meine Beine mich tragen. Es fehlten bestimmt nur noch ein paar Kilo und dann fand Alex mich auch nicht mehr schön. Verdammt, warum hatte ich nur zugestimmt, all das zu Essen, was er mir anbot? Und warum verdammt, hatte ich von mir aus gegessen? 

Ich rannte und rannte, hörte nicht auf. Genauso wenig, wie die Tränen, die meine Wangen hinab rannen. Plötzlich prallte mein Körper gegen etwas und ich knallte schmerzhaft auf den Boden. Im nächsten Moment, bekam ich Angst, dass die Situation sich von heute Morgen wiederholen könnte, weshalb ich ängstlich auf sah. Jedoch stand dort nur ein verdutzter Demir, der sich dann zu mir runter begab und seine Augenbrauen zusammen zog. 

»Hey, was ist denn los?« Er musterte mich besorgt, bemerkte die Tränen. Ohne, dass ich zu irgendwas fähig war, schlang ich meine Arme um ihn. Wenn auch zögernd, legte auch er seine Arme um mich und drückte mich an seinen Körper. Und dann brachen bei mir alle Dämme. Schluchzend drückte ich mich noch näher an ihn und krallte mich in sein Oberteil. Sanft strich er mit seiner Hand über meinen Rücken und schenkte mir damit ein Gefühl von Heimat. Zwar war es nicht sehr schlau, mich in die Arme von irgendeinem Typen zu werfen, den ich heute erst kennengelernt hatte und mit dem ich nur ein paar Worte gewechselt hatte, doch ich brauchte gerade eine Umarmung, so sehr ich solchen Kontakt auch verabscheute.

Plötzlich hallte ein bedrohliches Knurren durch den Gang und kurz darauf wurde Demir heftig von mir gerissen, so dass ich nach vorne fiel, mir ein leiser gequälter Schrei entwich und mich schluchzend vornübergebeugt zusammenkrümmte.  

»Bist du dumm, Alexander?! Ich will ihr nur helfen!« , hörte ich Demir schreien, doch ein bedrohliches Knurren unterbrach ihn. Durch das Knurren schoss ein Schmerz durch meinen Kopf, was nur bedeuten konnte, dass der Wolf einen höheren Rang besaß. Aber besaß das nicht sowieso jeder Wolf?

»Verschwinde!« , befahl er wütend. Ein Schnauben ertönte, ehe Schritte sich entfernten. Sanft wurde ich an den Schultern hochgedrückt und an eine Brust gedrückt. Gleichmäßig fuhr er mit seinen Fingern über meinen Rücken. »Hey, Prinzessin, was ist denn los?«

Ich hörte Mitleid aus seiner Stimme, doch genau das konnte ich gerade gar nicht gebrauchen. Ich wollte nicht bemitleidet werden oder gefragt werden, was denn los sei. Ich wollte einfach nur in den Arm genommen werden und spüren, dass jemand für mich da war. Aber es fühlte sich gerade einfach nicht an, als wäre Alex nur für mich da. Es fühlte sich in diesem Moment einfach nur falsch an. 

Die Klingel, die die nächste Stunde ankündigte, eröffnete mir eine Gelegenheit, aus dieser Situation fliehen zu können. Mit all meiner Kraft, drückte ich Alex von mir weg und begegnete für einen kurzen Augenblick seinem verletzten Ausdruck. »Ich muss zum Unterricht«, murmelte ich, stand auf, obwohl meine Beine zitterten und sich anfühlten, als würden sie jeden Moment einbrechen.

My broken Mate Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt