Kapitel 7.2

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... Fortsetzung

Blackgate - vor zwei Wochen

Ein paar wenige Tage nach dem unglücklichen Vorfall mit Wärter Roberts fand sich J im Besprechungsraum des Blackgates ein. Die Zeit in Isolationshaft hatte ihm "zu denken gegeben" und er wollte nun gerne jemanden anrufen, weil er sich dies wohl "verdient hätte", nachdem er so reumütig war. Allerdings machte ihm die Vertretung der Gefängnisleitung einen Strich durch die Rechnung. Seine Arbeitsstunden wurden verdoppelt und sein Ausgang halbiert. Anrufe durfte er bis auf weiteres nicht tätigen. Missmutig, in Begleitung zweier Wärter, die ihm pausenlos mit dem Finger in den Rücken pieksten, schlenderte er zurück in seine Zelle. Der Grießgram hatte keine Lust, sich zu den anderen Insassen zu gesellen, und so schmiss er sich einfach auf sein Bett, um weiter darüber zu grübeln, wie er wohl am besten Ariana aus seinem Kopf bekommen würde. Wahrscheinlich war die einzig vernünftige Lösung, einfach wieder mit dem Sport anzufangen. Zwar tat er das nicht oft, doch seit er damit aufgehört hatte, hat sich ein kleines Puddingbäuchlein gebildet. Es störte ihn zwar nicht weiter, weil er davon ausging, nie wieder für irgendjemanden oder irgendetwas in Form sein zu müssen - aber nun, da es darum ging, sie zu vergessen ... Ja, der Sport würde ihn gewiss auf andere Gedanken bringen.
Plötzlich klopfte jemand an seine Wand. Verdattert, weil bisher nie jemand etwas von ihm wollte, drehte er sich um und erblickte den Jungen, der von Roberts verprügelt worden war. Krumm und mehr blau als rosa im Gesicht stand er in der Zellentür.

"Was ähm ... willst du denn hier, Schlumpf?"

"I-ich wollte mich b-bedanken für... Also, dass du m-mir das Leben gerettet hast"

J blickte zu ihm hinunter, betrachtete ihn sorgfältig. Dann zuckte er gelangweilt mit den Schultern und drehte ihm wieder den Rücken zu.

"H-hör zu, ich b-bin unschuldig hier und -<<

>>-sind wir das nicht alle, hm?"

Der Junge wollte sich jedoch nicht abwimmeln lassen. J wusste, dass er ihn als seinen Verbündeten, seinen Beschützer betrachtete - aber er wollte so etwas einfach nicht sein. Für niemanden mehr. Jedes Mal bisher in seinem Leben, wenn er jemanden beschützen wollte, hat er es vermasselt. Also ließ er es sein, bis Ariana kam. Dann vermasselte er es auch bei ihr. Nein, das würde er vor allem sich selbst nicht mehr antun. Niemals wieder! Andererseits ... Er hätte mit dem Jungen jemanden, der ihm hier drinnen blind vertraute. Er könnte ihm alles befehlen, und der Knirps würde alles tun, weil er ja gar keine andere Wahl hätte. J könnte sich einen Fluchtplan hier raus überlegen und den Jungen als Kundschafter benutzen. Ja, das wäre ein perfider Plan, ganz nach seinem Geschmack. Und sobald ich draußen bin, dachte er, werde ich eine Bank überfallen wie damals und mir einen schicken, nagelneuen Anzug gönnen. Dann werde ich aah ein wenig mit der Mafia spielen und mir neue Freunde anlachen. Daaann ... könnte ich noch einen schicken Wagen klauen. Vielleicht einen Porsche. Oder das Batmobil ... Oder beides. Und dann würde ich zu Aria- Nein, hörst du wohl auf damit. Aus. Du machst dich lächerlich. Also schön, wie auch immer das ausgeht, der Plan ist gut.

Ein durchtriebenes Grinsen machte sich plötzlich auf seinen Lippen breit. "Wie heißt du denn, Schlumpf?"

"I-ich bin Nathan, u-und ich b-bin sechzehn"

"Aha, ja. Schlumpf gefällt mir aber besser. Ich nenn' dich Schlumpf, okay?" Ohne eine Antwort abzuwarten, sprang er von seinem Bett herunter und streckte ihm die Hand entgegen. Der Junge nickte, wohl nicht ganz einverstanden mit dem Spitznamen, aber so lief das nunmal im Knast. Letztendlich schlug er dann doch ein, froh darüber, erreicht zu haben, was er wollte.

*****
Eine Woche verging, und J nutzte die halbe Stunde Ausgang am Tag, die ihm noch blieb dafür, auf dem Hof ein paar Runden zu laufen. Anfangs fand er die Idee richtig gut, Nathan als seinen "Schützling" zu akzeptieren, jetzt aber hing er ihm permanent am Rockzipfel. Wenn er damals als Joker je solch einen Fan gehabt hätte, dann wäre er vor Freude in die Luft gesprungen und vermutlich nie wieder am Boden gelandet. Aber so? Der Schlumpf war noch immer verletzt, schwach und konnte scheinbar nichts, als doofe Sprüche zu reißen, so wie damals, als er ihn vor der Visite bewahrt hat. Wieso er das genau tat, war J schleierhaft. Fragen wollte er allerdings auch nicht. Kurz gesagt, er konnte rein gar nichts mit dem Knirps anfangen. Sollte er ihn loswerden? Und wenn ja, wie? Er könnte ihn töten ...
Nein. Er war vielleicht nicht gerade in der Norm, was das Töten anbelangte, aber kleine lästige Knirpse tötete er nicht. Nicht wegen so etwas. Das war seine goldene Regel. Irgendeine Möglichkeit musste es doch geben... In diesem Moment ertönte ein Ausruf durch den Hof.

"Besuch im Besucherraum vier für den Clown. Schon wieder. ... Is' mir unklar, wie so ein hässlicher Typ wie du sowas abgekriegt hat .... Lauf lieber, Clown, sonst schnapp ich sie mir"

Nathan rannte sofort zu J hinüber und grinste ihn über beide Ohren an. "D-du hast mir gar n-nicht gesagt, dass du eine F-freundin hast"

J war jedoch alles andere als gut gelaunt. Genervt deutete er ihm, dass er die Klappe halten sollte. Deliah würde ihm bestimmt keine guten Neuigkeiten bringen... Nathan schawänzelte hinter ihm her, immer noch lästig grinsend. 

"HAU AB!!"

So etwas dummes ... Und er hatte es sich auch noch selbst eingebrockt ... Fünf Minuten später stand er auch schon vorm Besucherraum vier. Diese doofe Deliah, dachte er sich. Kann nichts, außer Wärter um den Finger zu wickeln ... Genervt zu Boden blickend trat er ein. "Ich warne dich, wenn du meine Zeit vergeudest"

Doch als er aufsah, erblickte er nicht den Blondschopf. Auch nichts in Pink oder High-Heels. Er sah eine schwarzhaarige Frau, die sich langsam umdrehte, ihn anlächelte, seinen Atem stocken und sein Herz schneller schlagen ließ.

"Und ich dachte, du würdest dich freuen, mich zu sehen"

Unexpected - Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt