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Ich halte die Luft an und mein Blick schnellt wieder hoch zu seinen Augen. Sofort weiche ich zurück und stosse an die Kommode. Der Mann vor mir, der vorgibt Harry zu sein runzelt die Stirn und kommt auf mich zu. Fragend legt er den Kopf auf die Seite.

"Honey, was ist plötzlich mit dir?", will er wissen, aber ich lasse ihn gar nicht erst näher kommen.

Schnell stosse ich ihn bei Seite und renne die Treppen hinab. Zu dem Kind wird er jetzt hoffentlich nicht gehen. Dass er mir folgt will ich aber auch nicht.

Ausser Atem bleibe ich im Flur stehen und hole mein Handy raus, um Lydia eine Nachricht zu senden.

'Hilfe' schicke ich ab, ehe die langsamen Schritte die Treppe hinab kommen und ich mehr und mehr in Panik gerate.

Wer auch immer er ist ... er ist aufgeflogen. Ich habe es endlich bemerkt. Mir ist klar geworden, das kann niemals Harry sein. Ich hätte es so viel früher merken müssen. Aber es war zu absurd anzunehmen, dass er es nicht sei. Andererseits hätte ich schon lange mal mehr darüber nachdenken sollen.

Der Mann, der noch immer oberkörperfrei ist, kommt im dunklen Flur auf mich zu und kribbelt dabei an dem Schmetterlingstattoo. Als er es von der Brust zieht, dreht sich mein Magen um.

"Um ehrlich zu sein bin ich irgendwo verdammt froh, dass ich aufgeflogen bin.", knurrt er und entfernt die beiden Schwalben. "Ich dachte schon ich müsste wirklich mit dir schlafen."

"Wer ... bist ... du ...", frage ich angespannt und kleinlaut.

Kurz vor mir bleibt er stehen.

"Wie abwertend muss Harry dich in der Vergangenheit behandelt haben, dass du bis jetzt gedacht hast, ich wäre er? Da bekomme ich fast schon Mitleid."

"Wer bist Du?!", frage ich schroff.

"Marcel Styles. Bedauerlicherweise Harry's Zwillibgsbruder."

Verzweifelt sinke ich zu Boden und halte mir den Kopf. Ich will aus dieser Hölle raus.

"Es ist eine wirkliche Verschwendung dich umzubringen. Und was mache ich jetzt mit dem Kind? Meine Güte, zum vergewaltigen ist das Blag nicht mal gut."

Ruckartig hebe ich den Kopf.

"Du hast sie vergewaltigt?!", herrsche ich ihn an und rapple mich auf.

Marcel zieht eine Waffe und löst die Sicherung. Ich gefriere.

"Mir ist so verdammt langweilig hier. Und dich will ich nicht ficken. Dein Bruder hatte dich oft genug."

Tränen laufen mir über die Wange. Wieder bin ich in dieser Situation, in der ich mit meinem Leben abschließen muss. Aber eine Sache muss ich noch wissen.

"Wo ... ist er ..."

Meine Stimme zittert heftigst.

"Harry? Vorhin noch im Keller von der Kanzlei. Wo ich dich jetzt auch hinbringe. Ich glaube der Boss will dich persönlich umlegen."

Meine Atmung beschleunigt sich erneut.

"Boss? Welcher Boss? Warum zieht ihr das alles durch? Was hast du davon?", frage ich verständnislos und werfe die Arme verzweifelt in die Luft.

"Geld. Das ganze Leben dreht sich um Geld.", murmelt er und sieht an mir vorbei.

"Geld?! Das kannst du auch von Harry haben!"

"Oh nein, von dem Verräter nehme ich keinen Cent an. Er hat mein Leben zerstört. Ich hasse ihn."

Mit diesen Worten nimmt er meine Arme und rammt meinen Kopf an die Wand, sodass ich bewusstlos werde.

********

"Du hättest ihn nicht so übel zurichten müssen, Marcel. Sieh ihn dir an, wurde er vom Lastwagen überfahren?"

"Nein ... Er ist mir die Kellertreppe runter gefallen. War nicht mit Absicht."

Langsam öffne ich die Augen und werde von einer Lampe geblendet. Beide Stimmen kenne ich. Die eine ist definitiv von Marcel, der sich genau wie Harry anhört. Und die andere... Ich kenne sie. Aber woher kenne ich sie ...

"Okay, hol ihn rein. Ich will nach Hause."

Als ich den Kopf drehe, kann ich zwei Gestalten erahnen.

Marcel und ...

Nein, das kann nicht sein.

Elijah

"Setz ihn auf den Stuhl."

Ich sehe wie eine große, dritte Gestalt in den Kellerraum gebracht wird und auf einen Holzstuhl gesetzt wird. Dann wird es dunkler und ich werde auf die Beine gezogen.

"So mein Hübscher. Wir wären dann soweit. Zeit aufzuwachen."

Auch ich finde mich auf einem Stuhl wieder und sehe auf. Mein Kopf explodiert...

"Harry!", rufe ich aus, als ich ihn gegenüber auf dem Stuhl vorfinde.

Die Haare lang, etwas schmaler als sein Bruder. Er hebt den Kopf und blinzelt gegen das Licht. Als er mich sieht, schnellt sein Blick zu Elijah.

"Ich bringe dich um."

Der ältere lacht und legt mir die Hände auf die Schultern.

"Da kenne ich jemanden, der dich zuerst umbringen wird.", sagt er kurz und legt mir eine Waffe in den Schoß.

Verwirrt sehe ich zu ihm herum. Was soll ich mit der Waffe? Mein erster Reflex ist, alle hier zu erschiessen, die nicht Harry sind. Aber was er mir dann aufträgt, ist gegen jegliche Norm von Verstand.

Captured Pt. 2 || L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt