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"Es ist simpel. Du wirst ihn erschießen."

Elijah lehnt an der Betonwand im Schatten der Lampe und zieht an seiner Zigarette. Meine Augen brennen wie Feuer. Harry starrt mich mit leerem Blick an.

"Es tut mir so leid", flüstert er, "dass du in das alles mit reingezogen wirst. Das habe ich nie gewollt."

Ich schüttle langsam den Kopf und will ihm sagen, dass es nicht seine Schuld ist, aber Elijah kommt mir zuvor.

"Louis, wenn du es nicht tust, dann wird es jemand anderes tun. Und dieser jemand würde nur zugern diese Aufgabe übernehmen. Nur würde er es mit blossen Händen tun und das wäre um einiges schmerzhafter für unseren Goldjungen."

Seine Stimme reibt wie Schmiergelpapier an meinen Nerven.

"Wie bist du frei gekommen?!", knurre ich nur.

"Ich bin Anwalt. Ich komme über all wieder raus."

Da ist wohl was dran. Ich hätte es mir denken können.

"Elijah, lass ihn gehen. Mir ist egal, durch wen ich sterbe oder wie sehr es weh tut. Aber lass Louis daraus.", mischt Harry mit und reisst an den Fesseln.

Ich habe ihn so lange nicht mehr gesehen, ihn so lange nicht mehr angefasst, es war ein Fremder in unserem Haus. Ich will... Harry. Da es sowieso aussichtslos ist, treffe ich in meinem Kopf eine Entscheidung.

"Mach mich los, Elijah. Ich tue es. Ich will aber bei ihm sein, wenn ich abdrücke."

Überrascht sehen beide zu mir. Elijah beginnt zu grinsen und hebt beide Auhenbrauen.

"Da hast du es, Harry.", lacht er und macht meine Seile los.

Langsam stehe ich auf, nehme die Knarre und halte mir den Kopf. Mir tut alles weh. Harry lässt seine Augen nicht von mir. Ich will wissen was er denkt. Mit intensivem Augenkontakt will ich ihm klar machen, dass ich ihn natürlich nicht töten werde. Vor ihm falle ich auf die Knie und nehme seine Hand. Im Moment des Hautkontakts läuft ihm eine Träne über die Wange.

Es waren ein paar Monate des Friedens und des unkomplizierten Lebens. Aber seine Vergangenheit scheint uns zu verfolgen.

"Mach schon ... drück ab.", flüstert Harry mit zitternder Stimme und drückt meine Hand.

"Ich würde dich gerne küssen.", wispere ich zurück und hebe die Waffe.

"Ich hätte mein Leben mit dir verbracht, für immer. Es hätte niemals so enden sollen. Aber Louis, versprich mir, dass du hier nach weiter machst mit deinem Leben. Wenn ich nicht mehr da bin, bist du in Sicherheit."

Wieder wird mir bewusst, was ein Unmensch ich bin, dass ich nicht erkannt habe, dass es Marcel war, der sich so daneben und so anders benommen hat.

Ein Grund mehr für mich es jetzt zu tun.

"Harry ...", hauche ich, "Vergib mir."

Langsam und immer noch zitternd lege ich die Waffe an meinen Kopf und schliesse die Augen.

Harry schnappt nach Luft und reisst wieder an den Fesseln.

"Nein, Louis! Was tust du da?! Louis!", brüllt er mich an und will es verhindern. Aber er ist gefesselt.

"Sieh nicht hin, Harry.", flüstere ich.

Ich bin wirklich bereit abzudrücken. Aber soweit kommt es nicht.

"London Police Department!", kommt es von vor der Tür, gefolgt von Schüssen und dem Eintreten der Kellertür.

Elijah hebt sofort die Arme und lässt den Kopf sinken. Drei Polizisten stürmen hinein. Der eine wirft sich auf den Anwalt, die anderen kümmern sich um uns. Ich stehe so neben mir, dass ich die Waffe con selbst fallen lasse und vollständig zu Boden sinke. In der Tür sehe ich noch Lydia, die suchend durch den Raum blickt, beide Hände vor den Mund schlägt und beginnt zu weinen, als sie uns mehr oder weniger unversehrt erblickt.

Dank einer Blutung im Hirn verliere ich schon wieder das Bewusstsein und bekomme den Rest nicht mehr mit.

**********

Harry's PoV.

Ich lehne mich im Sessel zurück und sehe ihn an. Wie konnte mein Bruder ihn nur so täuschen? Entweder er war gut oder Louis blind.

Marcel.

Ich habe ihn seit 10 Jahren nicht mehr gesehen. Damals waren die Dinge noch viel komplizierter. Er fand heraus, dass unsere Eltern nur Adoptiveltern waren und hat die wahre Geschichte erfahren. Was mit unserer Mutter passiert ist. Zu den Zeiten hat er schon im Heim gelebt. Deshalb hat er es auch erst später erfahren. Seitdem hasst er mich. Und seitdem habe ich ihn auch nicht mehr gesehen. Dass er sich mit Elijah zusammen tut ... Das kam überraschend. Leider befürchte ich, dass auch Johnny bald raus kommen wird. Aber darum kümmere ich mich später.

Louis liegt auf der Couch, schläft, murmelt die ganze Zeit unverständliches und zusammenhangloses Zeug. Ich will nicht wissen wie er reagiert, wenn er erfährt, dass das Jugendamt die Kleine wieder mitgenommen hat. Es war vorauszusehen, das was Marcel ihr angetan hat ... Ich kann darüber gar nicht nachdenken.

In Gedanken versunken bekomme ich nicht mit, wie Louis zu sich kommt und den Kopf zu mir herum dreht. Erst, als er meinen Namen flüstert, komme ich hier her zurück.

Sofort stehe ich auf und knie mich neben die Couch. Mit einer Hand streiche ich ihm die Haare aus der Stirn und lege meine Lippen darauf.

"Du bist immer noch ganz schön heiss.", sage ich sanft und mustere die Überbleibsel der blauen Flecken in seinem Gesicht.

"Und du erst.", murmelt er und grinst, ehe er wieder die Augen schliesst.

Lächelnd lege ich meine Wange auf seine Brust und lausche seinem langsamen Herzschlag.

Captured Pt. 2 || L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt