19. Kapitel

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Zufrieden kuschle ich mich in die Wolldecke, die Harry um uns gelegt hat und atme tief durch. Es ist wie ein perfekter Traum, an einem perfekten Ort, zu einer perfekten Zeit des Jahres. Jedoch wird dieses erfüllte Gefühl in mir von dem Riesen großen Sack Zweifel bei Seite gedrängt. Es ist ein regelrechter Kampf. Und ich habe Angst ihn zu verlieren. So wie immer bis jetzt. Jedes Mal, wenn es eine Weile keine Zwischenfälle gegeben hat, hat das böse im Schatten gewartet, nur um dann zu zuschlagen, wenn wir es am wenigsten erwarten. Ich weiß allerdings nichts, wie oft Harry und ich uns wieder zurück ins Licht kämpfen können. Wie oft wir das noch mitmachen.

Sanft streichen seine Finger über die Adern in meiner Armbeuge. Ich schließe die Augen und habe das Bedürfnis ihm zu sagen, dass alles gut wird. Aber wie kann ich das, wenn ich mir selbst nicht einmal sicher bin?

„Das hier ist es, was ich mir für uns immer gewünscht habe.", murmelt Harry und drückt seine Lippen für einen Moment auf meine Haare.

„Und das könnte unser Leben sein.", antworte ich wahrheitsgemäß.

Die Zweifel in mir gewinnen an überhand, als er nur tief durch atmet und seine Arme sich enger um mich schließen. Ich belasse es dabei und öffne die Augen wieder. Seit einigen Minuten schneit es auch wieder.

Unerwarteter Weise geht die Haustür auf und ein Haufen schneebedeckter Kinder stürmen herein. Lächelnd setze ich mich auf und schiebe die Decke von mir.

„Dann wollen wir mal.", sage ich an Harry gerichtet und klopfe zwei mal auf seinen Oberschenkel.

„Louis!", rufen die kleinen beinahe gleichzeitig aus, als sie mich entdecken.

Zusammen mit Lottie Bade ich die beiden jüngsten und tanke mein Herz mit dieser Liebe meiner Familie. Meine jüngere Schwester wickelt Ernest in ein Handtuch und bringt sie rüber in das Kinderzimmer. Derweilen hole ich Doris aus der großen Badewanne und ziehe den Stöpsel. Auch sie bekommt ein breites Handtuch und lächelnd trockne ich sie ab.

Plötzlich taucht Harry in der Tür auf und Doris zeigt stumm auf ihn.

„Das ist Harry, meine Süße. Er gehört auch zu unserer Familie.", erkläre ich dir Dreijährigen und rubble ihre roten Locken trocken.

Harry's Blick ändert sich. Sein Lächeln schwindet und die Emotionen werden von Ausdruckslosigkeit ersetzt. Fragend sehe ich zu ihm. Ist das eine Träne auf seiner Wange? Genau kann ich es von hier aus nicht erkennen. Ich zwinge mich es erstmal zu ignorieren.
Und dann geht er.

„Danke Lou, ich bekomme das schon hin.", flüstert Lottie, als die Zwillinge nebeneinander im Bettchen liegen und ich die Rolladen herunter gelassen habe.

„Wenn du mich brauchst, ich bin unten."

Und somit meine Suche nach meinem großen und komplizierten Lockenkopf. Hier oben ist er nicht, wie ich in den folgenden Minuten feststelle. Also gehe ich die breiten Treppen hinunter.

Jedoch halte ich inne, als ich ihn zusammen mit meiner Mutter im Flur stehen sehe. Schnell setze ich mich so, dass man mich nicht sofort sieht und lausche.

„Ich weiß, ich war ihm bis jetzt nicht der beste Ehemann. Und genau deshalb muss das jetzt sein. Nur so kann ich ihm beweisen, dass meine Gefühle für ihn immer noch genau so stark sind wie am Tag unserer Hochzeit. Ich habe das Gefühl, es ist etwas in Vergessenheit geraten."

Lächelnd Stütze ich mein Kinn in meine Hand und lege den Kopf an die Wand.

„Harry. Meine anfängliche Abneigung gegen dich mag verflogen sein. Aber das geht zu weit. Das kannst du nicht ernst meinen. Bist du dir sicher, dass du dabei nicht nur an dich denkst?"

Stirnrunzelnd hebe ich wieder den Kopf.

„Mrs. Tomlinson... Ich kann ihn nicht mitnehmen. Es ist viel zu gefährlich. Ich habe ihn schon oft genug in Gefahr gebracht. Verdammt, in Lebensgefahr. Verstehen Sie das nicht? Er ist Ihr Sohn. Wo ist da der Beschützerinstinkt?"

Mich nicht mitnehmen?!

„Oh ja, ich bin seine Mutter! Und mein Beschützerinstinkt ist dauerhaft eingeschaltet und deshalb sage ich dir, dass du ihn mitnehmen musst! Ich habe gesehen, was mit ihm passiert, wenn ihr getrennt seit. Und das ist schlimmer, als irgendein Risiko einzugehen. Ich weiß, dass du ihn beschützen kannst. Du würdest nicht zulassen, dass ihm etwas passiert."

Die Fragezeichen werden immer größer. Warum will er denn weg? Wohin will er? Warum will er mich nicht mehr?!

„Nein. Ausgeschlossen. Louis kann nicht mit mir kommen."

„Aber du liebst ihn doch, oder etwa nicht?"

Harry legt die Hände kurz vor sein Gesicht und schluchzt. Dann rauft er sich die Haare.

„Und genau deshalb kann er nicht bei mir bleiben."

Meine Mutter zieht ihn in eine Umarmung und streichelt zärtlich seinen Rücken, um ihn zu beruhigen. Harry beginnt nun wirklich an zu weinen.

„Es wäre besser für ihn, wenn ich mich niemals in ihn verliebt hätte."

Seine Worte, die tränenverzert klingen, stoßen mir eine Klinge in mein Herz. Augenblicklich zerfällt alles um mir herum. Meine komplette Fassung zerbricht. Wutentbrannt stehe ich auf, komme hinunter und beachte die beiden kein Stück, als ich die Haustür aufreiße und ohne Jacke und Schuhe hinaus in den verschneiten, eiskalten Abend stürme.

 Wutentbrannt stehe ich auf, komme hinunter und beachte die beiden kein Stück, als ich die Haustür aufreiße und ohne Jacke und Schuhe hinaus in den verschneiten, eiskalten Abend stürme

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Hinter mir höre ich Harry noch fluchen und die Haustür laut zufallen, seine Schritte im Schnee, doch ich blende es aus und laufe. Immer weiter und weiter.

Captured Pt. 2 || L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt